Charpentier

[891] Charpentier (spr. scharpangtjē), 1) Marc Antoine, franz. Komponist, geb. 1634 in Paris, gest. 24. Febr. 1704 daselbst, machte seine Studien unter Carissimi in Rom und war dann Kapellmeister am Jesuitenkolleg zu Paris, zuletzt an der Ste. – Chapelle daselbst. C. schrieb zwei Opern und einige Musiken (Ouvertüren, Ballette, Chöre) zu Dramen Corneilles, Molières u. a., ist aber viel bedeutender als Kirchenkomponist. Die Pariser Nationalbibliothek verwahrt von ihm 18 Oratorien (»Die Verleugnung Petri« wurde neuerdings von der Schola cantorum de St.-Gervais ausgeführt), ferner 8 Messen, mehr als 30 Psalmen mit Orchester u. a.

2) François Philippe, Mechaniker, geb. 3. Okt. 1734 in Blois, gest. daselbst 22. Juli 1817, erlernte in Paris die Kupferstecherkunst und erfand die getuschte Manier im Kupferätzen, verkaufte aber sein Geheimnis dem Grafen Caylus. Die ältesten Stiche in Tuschmanier von ihm sind: Perseus und Andromeda, nach Vanloo; Enthauptung des Johannes, nach Guercino; eine alte Spinnerin, ein Schäfer, das italienische Konzert, das Kinderbacchanal, nach Jan de Witt, u. a. Er konstruierte auch kräftige Brennspiegel, vervollkommte die Laternen der Leuchttürme und Kriegsschiffe, erfand Feuerspritzen, Maschinen zum Kanonenbohren, zum Gravieren von Zeichnungen für Spitzenfabriken, zum gleichzeitigen Schneiden mehrerer Platten auf einmal und zum gleichzeitigen Bohren von sechs Flintenrohren. Für letztere erhielt er das Direktorium des Atelier de perfectionnement.

3) Johann Friedrich Wilhelm Toussaint von, Geognost und Bergbaukundiger, geb. 24. Juni 1738 in Dresden, gest. 27. Juli 1805 in Freiberg, studierte in Leipzig, wurde 1766 Lehrer der Mathematik an der Bergakademie zu Freiberg und widmete sich nun dem Studium der Bergwerkswissenschaften. 1773 wurde er Bergkommissionsrat und Oberbergamtsassessor und 1784 Direktor des Alaunwerkes zu Schwemsal. Er legte das Amalgamierwerk in Freiberg an, erwarb sich um den wissenschaftlichen Betrieb des Bergbaues große Verdienste und förderte die geognostische Untersuchung des Landes. Er schrieb: »Mineralogische Geographie der kursächsischen Lande« (Leipz. 1778); »Beobachtungen über die Lagerstätten der Erze, hauptsächlich aus den sächsischen Gebirgen« (das. 1799); »Beiträge zur geognostischen Kenntnis des Riesengebirges schlesischen Anteils« (das. 1804).

4) Toussaint von, Sohn des vorigen, Bergmann und Entomolog, geb. 22. Nov. 1779 in Freiberg, gest. 4. März 1847 in Brieg, studierte in Freiberg, seit 1797 in Leipzig Rechtswissenschaft, trat 1802 als Bergsekretär in preußische Dienste und wurde 1810 Oberbergrat zu Breslau, 1828 Vizeberghauptmann von Schlesien, 1830 Direktor des westfälischen Bergamts in Dortmund und 1835 Berghauptmann in Schlesien. Neben mineralogischen und das Bergwesen betreffenden Studien beschäftigte er sich auch mit entomologischen Untersuchungen, die er durch seine »Horae entomologicae« (Bresl. 1825, mit 9 Tafeln Abbild.), »Libellulinae europaeae« (Leipz. 1840) und »Orthoptera« (das. 1841–43,10 Hefte) sowie durch die Veranstaltung einer neuen Ausgabe von Espers Werken: »Die europäischen Schmetterlinge« (Erlang. 1829–39, 6 Bde. nebst Supplement) und »Die ausländischen Schmetterlinge« (das. 1830,16 Hefte) förderte.

5) Johann G. F., Geognost, Bruder des vorigen, geb. 7. Dez. 1786 in Freiberg, gest. 2. Sept. 1855 in Bex im Waadtland, war Direktor der Saline daselbst und Professor der Geologie in Lausanne. Er schrieb: »Essai sur la constitution géognostique des Pyrénées« (Par. 1823); »Sur la cause probable du transport des blocs erratiques de la Suisse« (das. 1835); »Essai sur les glaciers et sur le terrain erratique du bassin du Rhône« (Lausanne 1841).

6) Gervais, Pariser Buchhändler, geb. 2. Juli 1805, gest. 14. Juli 1871, besonders bekannt durch die von ihm seit 1838 herausgegebene »Bibliothèque C.«, enthaltend französische und (in guten Übersetzungen) ausländische Klassiker. Nach diesen rasch zu großer Verbreitung gelangten Büchern wurde die Bezeichnung »Format C.« für ein bequemes Buchformat (in 18°, zwischen Oktav und Duodez) allgemein. C. begründete und redigierte auch das »Magasin de librairie«, aus dem später die »Revue nationale« hervorging. – Sein Sohn Georges C., geb. 1846, welcher der »Bibliothèque C.« noch größere Verbreitung gab, indem er moderne Romane (Zola etc.) sowie populärwissenschaftliche Werke in dieselbe aufnahm und ihr eine »I'etite Bibliothèque C.« (in 32stel-Format), eine »Nouvelle Collection« mit moralischer Tendenz u. a. an die Seite stellte, nahm 1890 Eugène Fasquelle als Teilhaber in die Firma auf, deren alleiniger Besitzer der letztgenannte seit 1896 ist.

7) Gustave, franz. Komponist, geb. 25. Juni 1860 in Dieuze (Lothringen), erhielt seine Ausbildung an den Konservatorien zu Lille und Paris (Massont, Massenet) und errang 1887 den großen Kompositionspreis. C. wandelte als Dichter und Komponist modernste Bahnen und ist sogen. Impressionist. Von seinen Werken (Orchestersuiten, Chorsymphonie »La vie du poète« etc.) wurde das Musikdrama »Luise« (1898) auch in Deutschland bekannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 891.
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