Stahl [2]

[670] Stahl, 1) Georg Ernst, geb. in Ansbach 21. Octbr. 1660, studirte Medicin in Jena u. fing an 1684 daselbst Vorlesungen zu halten; 1687 wurde er Hofmedicus beim Herzog von Weimar u. 1694 Professor der Medicin in Halle, 1716 königlicher Leibarzt in Berlin, wo er 14. Mai 1734 st.; s. Stahlsches System. Als Pietist verachtete er alle Gelehrsamkeit, aber Ruhm hat er sich in der Chemie erworben; er entwickelte zuerst die Lehre von dem Phlogiston (s.d.) u. entdeckte viele Eigenschaften der Alkalien, Metallkalke, Säuren etc.; die hauptsächlichsten Grundsätze hat er in einer großen Zahl von Dissertationen u. Programmen niedergelegt, von letzteren gab er selbst 2 Sammlungen: Disputationes medicae collectae, Halle 1707 u. 1712, von seinen Chemisch-physikalisch-medicinischen Dissertationen, Halle 1715, heraus; auch erschien eine Sammlung von Alberti: Disput. med., Halle 1707; sonst sind die wichtigsten seiner Schriften: De autocratia naturae, ebd. 1696; Zymotechnia fundamentalis, ebd. 1697 (deutsch 1734, Stettin 1748); De vena portae porta malorum, ebd. 1751; Observationes chymicophysico-medico-curiosae, ebd. 1698 u. 171 5; De vera diversitate corporis mixti et vivi, ebd. 1707; Theoria medica vera, ebd. 1707 u. 1737, herausg. von Choulant, Lpz. 1831–33, 3 Thle.; Observationes physico-chemiae curiosae, ebd. 1709; Opusculum chymico-physico-medicum, ebd. 1715 u. 40; Fundamenta chymico-pharmaceutica generalia ad encheireses artis pharmaceuticae speciales, Helmst. 1721; Fundamenta chymiae dogmaticae et experimentalis, Nürnb, 1723 u. 1749; Collegium practicum, Lpz. 1728 u. 1745; Opera physico-medica derelicta, herausgeg. von P. I. Hartmann, Berl. 1829, 1 Thl.; Materia medica, Dresd. 1728. 2) Johann Friedrich, geb. 1718 in Heinsheim, studirte in Tübingen Theologie, wurde Vicarius in Rudersberg u. Haushofmeister bei dem Freiherrn von Göllnitz in Mezingen, wo er sich dem Forstwesen widmete, u. dann Haushofmeister bei dem Geheimen Kammerrath Korn; nachher wurde er von dem Herzog von Württemberg auf Reisen geschickt, 1755 Bergrath u. 1758 Rentkammerexpeditionsrath u. Mitglied der Kammerdeputation, 1761 Residenzbaudeputirter u. 1766 Mitglied der Sanitätsdeputation, 1768 Hofrath, 1773 Lehrer an der Karlsakademie u. 1777 Senior des Rentkammercollegiums; er st. 1790 u. schr.: Der vorsichtige u. wohlerfahrene Schütze u. Jäger, Tüb. 1752; Der wehrgerechte Jäger, Stuttg. 1762; Allgemeines ökonomisches Forstmagazin, Frankf. 1763–69, 12 Bde., 1. u. 2. Bd. 2. Aufl. 1753; Ökonomisches-praktisches Wald-, Forst- u. Holzlexikon, Stuttg. 1786. 3) Karoline, geb. Dumpf, geb. 1782 zu Ohlenhof in Livland; lebte später in Nürnberg, dann in Wien u. endlich als Wittwe in Dorpat; sie schr.: Erzählungen, Fabeln u. Märchen für Kinder, Nürnb. 1818; Die Familie Müller, ebd. 1821; Scherz u. Ernst, Riga 1823; Kleine Romane, Lpz. 1818, 2 Bde.; Woldemar, Nürnb. 1830. 4) Friedrich Julius, geb. 16. Januar 1802 in München, wo sein Vater, ein streng gläubiger Jude, Viehhändler war. Er erhielt seine wissenschaftliche Vorbildung auf dem Gymnasium, dem Lyceum u. dem Philologischen Institut daselbst; trat 1819 zur Lutherischen Kirche über, studirte dann in Würzburg, Heidelberg u. Erlangen (wo er ein hervorragendes Mitglied der Burschenschaft war) Philosophie u. Jurisprudenz, habilitirte sich 1827 als Privatdocent der Rechte in München, wurde 1832 Professor der Rechte in Erlangen u. 1833 in Würzburg, kehrte aber 1835 nach Erlangen zurück u. wurde seit 1838 in seiner landständischen Wirksamkeit bedeutend; 1840 folgte er einem Ruf nach Berlin, wo er den Lehrstuhl der Rechtsphilosophie, des Staatsrechts u. des Kirchenrechts erhielt. In wissenschaftlicher Beziehung trat er zuerst als Gegner Hegels auf, neigte sich dann einige Zeit dem Standpunkte Schellings zu, erkannte aber, nachdem er diesen verlassen, in seinem Hauptwerke (Philosophie des Rechts) die unbedingte Autorität der christlichen Offenbarung für Kirche u. Staat an u. erklärte in einem späteren Werke (Kirchenverfassung nach Lehre u. Recht etc.) das Episkopalsystem für das allein berechtigte. In politischer Beziehung nahm er einen streng conservativen Standpunkt ein u. erlangte seit 1848 sowohl in, als außerhalb der Kammer einen so bedeutenden Einfluß, daß er bis an seinen Tod als der Führer der streng conservativen Partei galt. 1849 trat er in die Preußische Erste Kammer u. 1850 als Abgeordneter für Prenzlau in das Volkshaus des Erfurter Reichstags; 1852 wurde er in den neugebildeten Oberkirchenrath berufen, Geheimer Justizrath, Mitglied des Herrenhauses auf Lebenslang u. Kronsyndikus u. st. 10./11. August 1861 im Bade Brückenau. Er schr.: Über das ältere u. neuere römische Klagenrecht, Münch. 1827; Philosophie des Rechts, Heidelb. 1830–37, 2 Bde., 3. A. ebd. 1854 ff.; Die Kirchenverfassung nach Lehre u. Recht der Protestanten, Erlang. 1840; Das monarchische [670] Princip, Heidelb. 1845; Über Kirchenzucht, Berl. 1845, 2. A. ebd. 1858; Der christliche Staat u. sein Verhältniß zu Deismus u. Judenthum, ebd. 1847; Die Deutsche Reichsverfassung etc. beleuchtet, ebd. 1849; Die Revolution u. die constitutionelle Monarchie, ebb. 1849; Der Protestantismus als politisches Princip, ebd. 1853; Wider Bunsen (gegen Bunsen's Zeichen der Zeit), ebd. 1856; Die Lutherische Kirche u. die Union, ebd. 1859, 2. A. (mit dem Anhang: Entgegnung auf die Einwürfe), ebd. 1860. Nach seinem Tode erschienen noch: Siebzehn parlamentarische Reden u. drei Vorträge, ebd. 1862.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 670-671.
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