Schwedische Sprache und Literatur.

[667] Schwedische Sprache und Literatur. Die schwed. Sprache, eine der wohlklingendsten Europas, gehört zum nordgerman. Sprachzweige und hat neben dem Isländischen allein noch volle Endungen bewahrt. Das Altschwedische (älteste Denkmäler die zahlreichen Runeninschriften vom 10. bis 14. Jahrh.) bestand aus einer Reihe von Dialekten, die sich bald mit dem Norwegischen, bald mit dem Dänischen berührten. Vom 15. Jahrh. Verwilderung der Sprache durch fremde, bes. deutsche und dän. Einflüsse, nachdem sich seit der Mitte des 14. Jahrh. die Reichssprache zu entwickeln begonnen hatte. Die Bibelübersetzung der Brüder Olaus und Laurentius Petri (1541) ist die Grundlage des Neuschwedischen, das im 18. (unter Dalin, Kellgren) und 19. Jahrh. (Tegnér, Wallin) zur Blüte gelangt. – Geschichte der schwed. Sprache von Noreen (2. Aufl. 1897); »Svenska Språkets-Lagar« von Rydquist und Södervall (6 Bde., 1850-83); Grammatiken von Schwartz und Noreen (1881), Sundén (8. Aufl. 1885), Linders (1886), Poestion (2. Aufl. 1896), Walter (1899), für Altschwedisch Noreen (1901 fg.); Wörterbücher von Helms (1878), Hoppe (1886-92), Wörterbuch der schwed. Akademie (1893), Rietz (»Dialektlexikon«, 1867). Die ältesten Denkmäler der schwed. Literatur sind die Provinzialgesetze (Ausg. von Schlyter, 1825-77), denen sich Chroniken, Übersetzungen geistl. Werke, ausländischer romantischer Epen, Legenden etc. anreihen. Auch die Folkevisor (Volkslieder) gehören der vorreformatorischen Zeit an (Sammlung von Geijer und Afzelius, 2. Aufl. 1880; Arwidsson, 1834-42, u.a.). Von Einfluß war die Reformation: die Übersetzer der Bibel Olaus und Laurentius Petri, zugleich Chronikschreiber und Dichter; Erblühen der theol. Literatur und der Schulkomödie. Von Einfluß auf die Literatur wurde die Universität Upsala zur Zeit des Messenius, des Vaters des histor. Schauspiels (1579-1637), und des ältern Rudbeck (1630-1702; »Atlantica«), der neben dem Polyhistor Stjernhelm seine Zeit beherrschte. Im 17. Jahrh. die Dichter Wirsallius, Lagerlöf, Dahlstjerna, Lucidor, Frese, Triewald, der Kirchenliederdichter Spegel u.a.; als Geschichtsschreiber Verellius, Pufendorf, Peringskiöld, die Philologen Tjällman, Svedberg, der Mediziner Hjärne, die Rechtsgelehrten Stjernhöök, Abrahamson, der Philosoph Rydelius, der Mathematiker Swedenborg, der Physiker Celsius, der Mechaniker Polhem (Schwedens Archimedes). Um die Mitte des 18. Jahrh. steht Dalin im Mittelpunkt der schwed. Literatur: die sog. klassische, nach franz. Muster gebildete Schule wurde herrschend; die bedeutendsten Vertreter dieser: die Liederdichterin Nordenflycht, die Grafen Creutz und Gyllenborg; Mörk, Schwedens erster Romandichter. Damals lebten der Botaniker Linné (1707-78), der Geschichtsschreiber Lagebring, der Sprachforscher Ihre. Höhepunkt der schwed. Dichtkunst unter Gustav IV. (1778-1809); Gründung der schwed. Akademie (1786), die trefflichen Satiriker und Lyriker Kellgren und Leopold; ferner Oxenstjerna, Frau Lenngren, Adlerbeth; eigene Wege gingen der geniale Bellman und seine Nachahmer Kexél und Hallman, Lidner, Ehrensvärd, der schwed. Winckelmann. Rousseaus Ideen vertrat in Schweden zuerst Thorild, mit ihm, Franzén und Wallin beginnt eine neue Zeit: Aufblühen der Romantik, Beginn der eigentlichen schwed. Nationalliteratur.Den Kampf gegen die alte klassische Schule und für eine freiere Richtung führten Anfang des 19. Jahrh. zwei sich parallel entwickelnde Schulen: 1) die Phosphoristen (Romantiker nach deutschem Vorbilde, benannt nach der von Hammarskiöld herausgegebenen Zeitschrift »Phosphoros«, 1810-14), vertreten durch Atterbom, Dahlgren, Elgström, Hedborn als Dichter, Hammarskiöld, Palmblad, Graf Schwerin als Prosaiker; und 2) die Goten (die vaterländischen Romantiker, die auf die altnordische Zeit zurückgreifen); ihr Hauptführer Geijer, Stifter des Gotischen Bundes (Zeitschrift »Iduna«), vertreten durch Afzelius, Ling, von Beskow, vor allem aber durch E. Tegnér und seinen Nachahmer Lindeblad. Mehr Selbständigkeit zeigen Stagnelius, Sjöberg (Pseudonym Vitalis), Nicander, der vielseitige Fahlcrantz und der originelle Almqvist. Auch der Roman erblüht seit Anfang des 19. Jahrh.: Hauptvertreter Friederika Bremer, Margareta von Knorring, Emilie Flygare-Carlén, Wetterbergh, Blanche, Sparre, Crusenstolpe, Ridderstad, der Finne Topelius. Nach Verfall des got. Bundes treten bes. Rydberg und der Finne Runeberg als ausgezeichnete Dichter hervor, daneben Böttiger, Nybom, Malmström, Strandberg, Braun, Sturzenbecker, Wennerberg, Wetterbergh, der Lustspieldichter Hedberg, der Lyriker Graf Snoilsky; in jüngster Zeit der Lyriker Bååth, der Dramatiker und Romanschriftsteller Strindberg, Charlotte Leffler-Edgreu, die wichtigste Vertreterin des Realismus, Frau Agrell, Ahlgren, af Geijerstam, Wranér, Hedberg, der Novellist Hedenstjerna, Ola Hansson, Per Hallström, die Lyriker Fröding und Karlfeldt, die Romanschriftstellerin Selma Lagerlöf. In der Wissenschaft zeichneten sich aus: als Philosophen Bolström, Sahlin, Nybläus, als Theologen der Kirchenhistoriker Reuterdahl, der Bischof Thomander, die Geschichtsschreiber Geijer, Strinnholm, Fryxell, H. Hildebrand, der Archäolog Montelius, die Philologen Rydqvist, Säve, Rietz, die Literarhistoriker Klemming, Ljunggren, Schück, die Rechtshistoriker Schlyter, Järta, Agardh, die Mediziner Huß, Retzius (Vater und Sohn), Holmgren; die Botaniker Agardh (Vater und Sohn), Wikström, Fries; der Chemiker Berzelius, die Physiker Hållström, Adlund, [667] der Geologe Torell, der Astronom Gyldén, als Polarforscher von Nordenskiöld. – Literaturgeschichten von Wieselgren (1846-49), von Ljunggren (1873-96), Winkel-Horn (1880), Schweitzer (3 Bde., 1886-89), Warburg (4. Aufl. 1896), Schück (Bd. 1, 1890), Schück und Warburg (1896-97).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 667-668.
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