Meißner [2]

[559] Meißner, 1) August Gottlieb, Schriftsteller, geb. 3. Nov. 1753 in Bautzen, gest. 18. Febr. 1807 in Fulda, studierte in Leipzig und Wittenberg und wirkte sodann seit 1785 als Professor der schönen Wissenschaften in Prag und seit 1805 als Konsistorialrat und Direktor der höhern Lehranstalten in Fulda. Meißners Schriften waren Nachklänge der gräzisierenden und halb frivolen Unterhaltungsliteratur, die Wielands [559] Beispiel ins Leben gerufen hatte. Wir erwähnen davon die historischen Romane: »Alcibiades« (Leipz. 1781–88), »Bianca Capello« (das. 1785), »Epaminondas« (das. 1798) etc. und seine einst sehr beliebten »Skizzen« (das. 1778–96, 14 Sammlungen), novellenartige Schilderungen und Aufsätze (in Auswahl, Lindau 1876; einzelne Proben in den »Deutschen Erzählern des 18. Jahrhunderts«, hrsg. von Fürst, Leipz. 1897). Meißners sämtliche Werke wurden von Kuffner (Wien 1813–14, 36 Bde.) herausgegeben. Vgl. Fürst, August Gottlieb M. (Stuttg. 1894).

2) Alfred, Dichter, Enkel des vorigen, geb. 15. Okt. 1822 in Teplitz, gest. 29. Mai 1885 in Bregenz, studierte in Prag Medizin, widmete sich aber schon in jugendlichem Alter ausschließlich der Literatur. Nach wechselndem Aufenthalt in Leipzig, Paris und Frankfurt a. M. kehrte M. 1850 nach Prag zurück, unternahm zahlreiche Reisen und ließ sich endlich (1869), nach erfolgter Verheiratung, dauernd in Bregenz nieder. Meißners erstes Auftreten fiel in die Zeit der höchsten politischen Gärung; neben der spezifisch politischen Poesie hatten Lenau, Byron und die neuern französischen Dichter einen bedeutenden Einfluß auf ihn. Mit dem Epos »Ziska« (Leipz. 1846, 12. Aufl. 1881) errang er einen raschen Erfolg; die lebendige, farbenreiche Schilderung einzelner Gesänge halfen über den Mangel künstlerischer Einheit und tieferer Charakteristik hinüber. In seinen »Gedichten« (Leipz. 1845, 12. Aufl. 1881) herrscht neben echt lyrischen Stimmungen oft auch hohle Rhetorik und unklare Zerrissenheit. In dem gegen Venedey gerichteten komischen Epos »Der Sohn des Atta Troll« (Leipz. 1850) lehnt er sich an Heines Vorbild an; nicht uninteressant sind die »Revolutionären Studien aus Paris« (Frankf. 1849, 2 Bde.). Mit den Tragödien: »Das Weib des Urias« (Leipz. 1850), »Reginald Armstrong, oder die Welt des Geldes« (das. 1853) und »Der Prätendent von York« (das. 1857) gewann M. zwar keine entscheidenden Bühnenerfolge, erwies aber doch eine gewisse herbe Gestaltungskraft. In seinen Romanen machte er dem Unterhaltungsbedürfnis des Publikums allzu große Konzessionen. Fehlte den ersten: »Die Sansara« (Leipz. 1858, 4 Bde.; 3. Aufl. 1861), »Der Pfarrer von Grafenried« (Hamb. 1855; 2. Aufl. u. d. T.: »Zwischen Fürst und Volk«, Leipz. 1861, 3 Bde.), eine tiefere poetische Idee und manche glänzende Einzelausführung nicht, und erhoben sich auch die spätern: »Zur Ehre Gottes«, eine Jesuitengeschichte (das. 1860, 2 Bde.), »Neuer Adel« (das. 1861, 3 Bde.), »Schwarzgelb«, eine Darstellung der österreichischen Reaktionsepoche nach 1850 (Berl. 1862–64, 8 Bde.), »Lemberger und Sohn« (das. 1865), »Babel« (das. 1867, 4 Bde.), »Sacro Catino« (das. 1868), »Die Kinder Roms« (das. 1870, 4 Bde.), »Oriola« (das. 1874), »Feindliche Pole« (das. 1878), »Auf und nieder« (das. 1879, 3 Bde.), »Norbert Norson. Leben und Lieben in Rom« (Zür. 1883) u. a., über die geist- und inhaltlose Tagesbelletristik, so ließen sie doch die eigentliche dichterische Vollendung vermissen. Höher standen einzelne Stücke der »Charaktermasken« (Leipz. 1862, 3 Bde.), der »Novellen« (das. 1865, 2 Bde.), der »Rokokobilder« (Gumbinnen 1871) sowie das Gedicht »Werinherus« (Leipz. 1872) und »Der Bildhauer von Worms« (Berl. 1874, 2 Bde.). Außerdem erschienen von M. noch: »Heinrich Heine; Erinnerungen« (Hamb. 1856); »Durch Sardinien« (Leipz. 1859); »Unterwegs«, Reisebilder (das. 1867); »Kleine Memoiren« (das. 1868); »Zeitklänge«, Gedichte (Berl. 1870); »Historien«, geschichtliche und literargeschichtliche Skizzen (das. 1875) und »Schattentanz« (Zürich 1881, 2 Bde.), einzelne Lebenserinnerungen enthaltend. Seine »Gesammelten Schriften« (Leipz. 1871–73, 18 Bde.) vereinigen den größern Teil der poetischen Schöpfungen Meißners. Eine Nachlese dazu erschien u. d. T.: »Mosaik« (Berl. 1886, 2 Bde.), eine Sammlung seiner »Dichtungen« in 4 Bänden (das. 1884). Sein Leben (bis 1856) beschrieb er selbst in der »Geschichte meines Lebens« (Teschen 1884, 2 Bde.). Gegen die nach seinem Tode von Franz Hedrich erfolgten Angriffe auf die Autorschaft seiner Romane hat ihn R. v. Bayer (Rob. Byr) mit der Broschüre: »Die Antwort A. Meißners« (Münch. 1889) verteidigt. Vgl. Wehl, Alfred M., Erinnerungen (Leipz. 1892).

3) Georg, Physiolog, geb. 19. Nov. 1829 in Hannover, gest. 30. März 1905 in Göttingen, studierte seit 1849 daselbst, in Berlin und München, wurde 1855 Professor der Anatomie und Physiologie in Basel, 1858 Professor der Physiologie und Zoologie in Freiburg und 1860 Professor der Physiologie in Göttingen. 1901 trat er in den Ruhestand. Er machte Untersuchungen über die Endigungsweise der Nerven in der menschlichen Haut und entdeckte (mit Wagner) 1852 die Tastkörperchen. In seinem auf diese Entdeckung bezüglichen Werk erörterte er, welche Schlüsse sich aus der neuen Erkenntnis für die Auffassung des Allgemeingefühls ergeben. Er arbeitete weiter über physiologische Optik, über die Physiologie der Muskeln und Nerven, über die Folgen der Durchschneidung des dreigeteilten Nerven auf das Auge, über die Nerven der Darmwand, die nervöse Beeinflussung des Gefäßsystems, über das elektrische Verhalten des Muskels, den Stoffumsatz im Muskel, ferner über die Umsetzung der Eiweißkörper im Organismus, die Spaltung des Kaseins durch den Magensaft, die Entstehung der Bernsteinsäure und Hippursäure im Stoffwechsel, die biologische Bedeutung des Sauerstoffs, besonders des Ozons. Er machte auch Studien über die Bandwürmer und Filaria medinensis, über die Befruchtungsvorgänge etc. Er schrieb: »Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Haut« (Leipz. 1853); »Beiträge zur Physiologie des Sehorgans« (das. 1854); »Untersuchungen über den Sauerstoff« (Hannov. 1863); »Untersuchungen über das Entstehen der Hippursäure im tierischen Organismus« (mit Shepard, das. 1866); »Neue Untersuchungen über den elektrisierten Sauerstoff« (Götting. 1869); »Untersuchungen über die elektrische Ozonerzeugung etc.« (das. 1871). Vgl. Boruttau, Zum Andenken an G. M. (Bonn 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 559-560.
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