Campagne [3]

[853] Campagne (spr. Schangpannj', Gesch.). Die Ch. war ein Theil von Gallien u. bes. von den Remi u. Tricassern bewohnt. Cäsar unterwarf sie, wie ganz Gallien, der Gewalt der Römer. Später kam sie an das Fränkische Reich; als Chlodwigs Söhne dies theilten, wurde sie zu Austrasien geschlagen u. von königlichen Statthaltern verwaltet. Im 10. Jahrh. finden sich Grafen von Ch., welche das Land eigenthümlich besaßen u. damals oft Grafen von Troyes hießen, weil sie in Troyes residirten. Herbert, Graf von Vermandois, bekannt durch seine Händel mit Karl dem Einfältigen, war der erste Erbgraf von Ch. u. Troyes; er st. 943; von seinen 5 Söhnen erhielt Robert die Ch.; dieser erwarb die Grafschaft Soissons u. machte als Schwiegersohn des Herzogs Giselbert von Burgund nach dessen Tode Ansprüche auf einen Theil von Burgund. Mit seinem jüngeren Bruder Herbert eroberte er 963 Chalons-sur-Marne auf kurze Zeit, vertrieb 965 den Bischof von Troyes, kriegte deshalb mit Kaiser Otto I., welcher Troyes vergeblich belagern ließ u. von dem Erzbischof Archimbald von Sens, dem Sohn Roberts, bei Sens geschlagen wurde. Robert st. 968, gleich darauf sein Sohn Archimbald, u. so folgte sein Bruder Herbert II. u. diesem 993 sein Sohn Stephan I., welcher 1019 kinderlos st. Ihm folgte der Neffe Roberts II. mütterlicher Seits Odo (Eudo), seit 1004 Graf von Blois. Dieser kämpfte 1026 gegen die Grafen von Anjou u. Maine; später gegen den deutschen Kaiser Konrad wegen seiner Ansprüche auf die erledigte Krone Hochburgunds (s. Burgund [Gesch.]), war Anfangs glücklich, blieb aber 1037, bei einem Versuch sich Lothringens zu bemächtigen, unweit Aachen. Ihm folgte sein Sohn Stephan II. als Graf von Ch. u. Thibaut III. als Graf von Blois. Beide weigerten dem König Heinrich von Frankreich die Huldigung; Stephan st. um 1047; seinen Sohn Odo ließ aber dessen Oheim Thibaut, Graf von Blois, nicht zur Regierung, sondern vereinte die Ch. wieder mit Blois; indeß nach seinem Tode 1089 wurden beide Länder wieder zwischen seinen Söhnen getheilt, indem Hugo I. die Ch. u. dessen Bruder Stephan Blois erhielt. Hugo stand 1102 dem Kaiser Heinrich IV. auf seinem Zuge gegen Flandern bei u. wallfahrtete 1113, 1121 u. 1123 nach Palästina. Bei letzter Wallfahrt übergab er, da er keinen Erben hatte, die Ch. seinem Neffen Thibaut; doch kurz nach seiner Abreise gebar seine Gemahlin einen Sohn Odo. Da aber Hugo diesen nicht anerkannte, so folgte nach Hugos Tode Thibaut II., zugleich Graf von Blois u. Brie, in der Ch. u. bemächtigte sich um 1136 auf kurze Zeit der Normandie, welche er aber seinem Bruder Stephan wieder abtrat, der sich[853] des Thrones von England 1135 bemächtigt hatte. 1142 kriegte er kurze Zeit mit König Ludwig dem Jüngeren von Frankreich u. starb. 1152. Ihm folgte sein ältester Sohn Heinrich I. als Graf von Ch. u. Brie (während der zweite Thibaut Blois erhielt), der 1179 Petern von Courtenai nach Palästina begleitete; er fiel 1180 in Gefangenschaft der Sarazenen, aus der er bald befreit wurde, u. kehrte 1181 nach Frankreich zurück; er st. aber kurz darauf. Sein Sohn Heinrich II. stand erfolglos 1183 mit dem Grafen Philipp von Flandern gegen König Philipp August von Frankreich, ging 1190 mit Jakob von Avesnes nach Palästina, wurde 1192 durch Vermittelung des Königs Richard von England, König von Jerusalem u. st., aus dem Fenster seines Palastes stürzend, 1197 in St. Jean d'Acre. Sein Bruder Thibaut III., dem er nach seinem Kreuzzug die Regierung übergeben hatte, verband sich mit König Richard von England gegen den König von Frankreich. Der schnelle Tod Richards (1199) löste aber dieses Bündniß, u. Thibaut st. 1200, als er eben im Begriff war das Kreuz zu nehmen. Seine Gemahlin, Blanca v. Navarra, gebar nach seinem Tode einen Sohn Thibaut IV. Postumus, für den seine Mutter die Regierung führte. Auch Philippine, Tante Thibauts, Gemahlin Erhards von Brienne, machte Ansprüche auf die Ch., aber der 1215–1221 deshalb geführte Erbfolgekrieg endete zu Gunsten Thibauts, der bereits 1220 selbst die Regierung angetreten hatte. Er unterstützte den König Philipp August gegen die Albigenser u. Ludwig VIII. 1224 gegen die Engländer u. begleitete 1225 diesen zur Belagerung von Avignon. Die Ansprüche, welche Erhard von Brienne nochmals auf die Ch. erhob, wurden wieder zurückgewiesen (1227), aber bald darauf erschien die Tochter des Grafen Heinrich II., die Königin Alix von Cypern, in Frankreich, um die Ch. für sich in Anspruch zu nehmen. Viele Große des Reiches erklärten sich. für sie, aber mit Hülfe Ludwigs IX., so wie des Herzogs von Lothringen u. Grafen von Flandern besiegte Thibaut 1234 die Königin Alix. In demselben Jahr st. Sancho VII., König von Navarra, ohne Kinder, u. Thibaut erbte, als Neffe mütterlicher Seits, Navarra u. wurde in Pampeluna als König anerkannt (s. Spanien [Gesch.]); 1235 verband er sich mit dem Herzog von Bretagne u. dem Grafen von der Mark gegen. Ludwig, um sich die Oberherrschaft über einige Grafschaften zu verschaffen; aber Ludwig IX. zwang ihn schnell, diesem Bündniß zu entsagen. 1239 ging Thibaut IV. nach Palästina, von wo er 1240 zurückkam; er st. 1253 in Pampeluna; sein älterer 13jähriger Sohn, Thibaut V., folgte ihm als Graf von Ch. u. König von Navarra unter der Vormundschaft seiner Mutter, der Gräfin Margarethe von Bourbon. 1258 trat er die Regierung selbst an, begleitete Ludwig IX. auf seinem zweiten Kreuzzuge 1270 u. st. in demselben Jahre zu Trapani in Sicilien. Nun folgte Thibauts IV. zweiter Sohn, Heinrich III., der bei seinem Tode 1274 nur eine zweijährige Tochter Johanna hinterließ, die unter der Vormundschaft ihrer Mutter, Blanca von Artois, die Regierung antrat. Diese besiegte die Rebellen in Navarra, die ihre Tochter nicht als Königin anerkennen wollten, u. vermählte sich 1275 mit Edmund, Prinzen von England, zweitem Sohn König Heinrichs III., welcher den Titel Graf von Ch. u. Brie annahm u. bis zur Volljährigkeit Johannas die Regentschaft führte. Johanna vermählte sich 1284 mit Philipp dem Schönen, welcher 1285 König von Frankreich wurde, doch blieben ihr das Königreich Navarra, die Ch. u. Brie als freies Eigenthum. Johanna I. st. schon 1305, u. ihr ältester Sohn, nachmals Ludwig X., König von Frankreich, folgte ihr als Graf von Ch. u. Brie, u. als auch dieser schon 1316 st., seine 5jährige Tochter Johanna II. unter der Vormundschaft ihres Oheims, als Gräfin von Ch. Diese vermählte sich später mit dem Grafen Philipp von Evreux u. trat 1339 ihre Rechte auf die Ch. an den König von Frankreich ab u. begnügte sich mit Navarra. 1361 wurde hierauf die Ch. für immer mit Frankreich vereinigt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 853-854.
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