Newton [2]

[861] Newton (spr. Njut'n), 1) Isaac, geb. 25. Dec. 1642 zu Woolstropê in Lincolnshire; studirte zu Cambridge, wurde 1669 Professor der Mathematik, 1696 Münzwardein, 1699 Münzmeister u. Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Paris, u. zwar als der erste Ausländer; 1701 wurde er bei Zusammenberufung des Parlaments zum Repräsentanten der Universität Cambridge gewählt u. 1708 Präsident der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu London. Die Königin Anna, welcher er Unterricht ertheilt hatte, erhob ihn 1705 zum Ritter. N. starb 20. März 1727 in London u. wurde in der Westminsterabtei beigesetzt; ihm wurde 1858 zu Grantham in Lincolnshire eine Erzstatue errichtet. In der Mathematik begründete er bes. dadurch eine neue Epoche, daß er zuerst solche Verhältnisse, welche man nicht völlig genau angeben kann, durch Näherung so genau zu bestimmen lehrte, als man dies zu irgend einem Zwecke bedarf. Bereits 1666 war er zur Einsicht der mathematischen Eigenheiten unendlicher Reihen[861] gelangt, welcher er später den Namen Fluxionen gab, u. ist also Erfinder aller damit in nächster Verbindung stehenden Gegenstände der höheren Mathematik, ungeachtet Leibnitz, unbekannt mit N-s Aufschlüssen, später ebenfalls jene Verhältnisse entdeckte, N-s Fluxionen aber Differentiale nannte u. sie früher als N. bekannt machte. Als naturforschender Philosoph ist sein Hauptverdienst, daß er sich in den Grundsätzen, welche er für die Naturwissenschaft aufstellte, von metaphysischen Bestimmungen frei hielt, u. wo etwa metaphysische Sätze ihm sich auch nahe legten, er diese doch, als bloße Reflexionen, von der Naturwissenschaft, wie er solche begründete, ausschloß. Für diese Begründung aber stellte er folgende drei Regeln auf, deren Beweis selbst er den Metaphysikern überließ, deren Anwendbarkeit aber auf dem Wege der Erfahrung er durchaus nachwies: a) man muß nie mehr Ursachen annehmen, als man erweisen kann, u. als zur Erklärung der Erscheinungen nöthig sind; b) gleiche Wirkungen setzen gleiche Arten der Ursachen voraus; c) Eigenschaften, welche an sich weder vermehrt, noch vermindert werden können, u. welche alle Körper besitzen, die Gegenstände unserer Erfahrung sind, müssen als allgemeine Eigenschaften der Körper angenommen werden. Die erste Wahrheit, zu der er durch diese Regeln geleitet wurde, war die Lehre von der Allgemeinheit der Schwere, welche er daher als eine Wirkung einer der Materie eigenthümlichen Anziehungskraft betrachtete (vgl. Gravitation). Eben so einfach, wie die Regeln seines Philosophirens, wurden auch die Gesetze der Bewegung von ihm angegeben. Seine Grundgesetze dafür waren folgende: Der ruhende Körper beharrt in dem Zustande der Ruhe, u. der bewegte in dem Zustande einer geradlinigen u. gleichförmigen Bewegung, bis eine bewegende Kraft seinen Zustand abändert (vgl. Trägheit); ferner die bewegende Kraft wird gemessen durch das Product der Masse des bewegten Körpers u. der Geschwindigkeit desselben, u. wir legen der Kraft die Richtung bei, in welcher die Wirkung erfolgt od. erfolgen soll (vgl. Bewegung 1) D); endlich: wenn eine körperliche Masse bewegend auf eine andere wirkt, so ist die Einwirkung gegenseitig; Wirkung u. Gegenwirkung sind gleich, aber entgegengesetzt (s. ebd. 1) E) a). Aus diesen einfachen Gesetzen leitete er die Gesetze der Bewegung der Körper in zusammengesetzten Fällen ab, bes. um für die Astronomie die Gesetze zu erforschen, nach welchen sich Körper bewegen, die von andern angezogen werden, u. auf welche sie selbst durch Anziehen wirken, od. auch von Körpern, welche mit einer Flüssigkeit umgeben sind. Raum u. Zeit nahm N. für das, was sie in den Erscheinungen sind, ohne sie ihrer Möglichkeit nach erklären zu wollen, aber auch ohne sie selbst u. die Verhältnisse in ihnen zu verwechseln. Die Erkenntniß der Substanzen erklärt er für unmöglich. Die Freiheit des Menschen setzt er darein, daß er durch bloße Willkür sich bewegen könne, u. erkennt sie als Thatsache des Bewußtseins an. Über Gott äußerte er sich nirgends dogmatisch-metaphysisch, aber immer erhaben; den Beweis der Existenz Gottes suchte er in den Gesetzen der Natur, bes. in so fern, als wegen der Zähigkeit u. des Widerstandes der flüssigen Körper, u. der Anziehung u. Schwäche der Elasticität der festen, mehr Bewegung in der Natur verloren geht, als nach anerkannten Grundsätzen der Bewegung ergänzt wird, woraus die Nothwendigkeit hervorgeht, daß es ein thätiges Princip gebe, welches sie erhält u. den Verlust ersetzt. Gott regiert aber nach ihm die Welt nicht als Weltseele, sondern als Herr. Den Raum betrachtete er als die unmittelbare Wirkung der Unermeßlichkeit Gottes u. brachte damit die Vorstellung der Allgegenwart Gottes in Verbindung. Unter den besonderen Gegenständen der Naturlehre ist es vornehmlich die Lehre von dem Licht, welche durch ihn eine für alle Zeiten unerschütterte wissenschaftliche Grundlage erhielt, bes. in so fern er die Entstehung der Farben aus Brechung der Lichtstrahlen ableitete, worauf er schon 1666 durch Versuche mit dem Prisma geleitet wurde. Auch um die Einführung der Spiegelteleskope, ihre Vervollkommnung u. Benutzung für die astronomischen Beobachtungen hat N. sich ein Hauptverdienst erworben. Er schr.: Philosophiae naturalis principia mathematica, London 1687, 3. Aufl. von F. H. Pembenton, ebd. 1726, mit Commentar von Th. le Seur u. Fr. Jaquier, 4 Thle., 3 Bde., Genf 1739–43, auch 1760, mit Tommentar von I. Tessaneck, Prag 1781.; Optics, Lond. 1704, 4. Aufl. (Theory of light and colours), ebd. 1742, 2 Bde. (latein. von S. Clarke, ebd. 1706, u. Aufl. Lauf. u. Genf 1740); Analysis per quantitatum series, fluxiones ac differentias, cum enumeratione linearum tertii ordinis, Lond. 1711; Arithmetica univers., Cambr. 1707, Lond. 1722, von s'Gravesande, Leyd. 1732, mit Commentar von I. Castilione, Amsterd. 1761, 2 Thle.; Abrégé de la chronologie de M. Newton; Anmerkungen über die Weissagung Daniels, herausgeg. von B. Smith, engl. 1733, lateinisch von W. Suder, Amsterd. 1733, u. deutsch, Liegnitz 1765; Opuscula mathematica, philosophica et philologica, übersetzt u. herausgegeben von Joh. Castilione, Lauf. 1744, 4 Bde.; die Schriften N-s gab S. Horsley mit Commentarien, Lond. 1779–1785, 5 Bde. heraus; Lebensbeschreibung N-s von D. Brewster, Edinb. 1832, 2. A. ebd. 1855 (deutsch von Goldberg, mit Anmerkungen von Brandes, Lpz. 1833). 2) Thomas, geb. 1704 in Litchfield, studirte im Trinitycollege zu Cambridge, wurde erst Prediger u. Erzieher in der Familie Carpenter in London, 1744 Rector von Marylebow, 1751 Kaplan bei der Prinzessin von Wales, 1761 Lord Bischof in Bristol u. st. 1782; als Theolog gehörte er zu den Supernaturalisten seiner Zeit; bes. bekannt ist er durch seine Ausgabe von Miltons verlornem Paradiese, 1749, u. übrigen Gedichten Miltons; er schr.: Dissertations on the prophecies, Lond. 1754–55, 3 Bde., deutsch, Lpz-1757; Life (Selbstbiographie) and Works, Lond. 1782, 3 Bde., u. ebd. 1787, 6 Bde. 3) John, geb. 1724 in London, diente Anfangs zur See, bes. auf Sklavenschiffen, u. war ein roher, freidenkerischer Mensch; 1747 kehrte er nach London zurück u. wurde religiös; dann machte et von Neuem Seefahrten mit Sklavenschiffen, u. jetzt kamen ihm Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sklavenhandels bei; Krankheitshalber verließ er den Seedienst u. wurde Hafenaufseher in Liverpool; hier studirte er die alten Sprachen u. bereitete sich für ein geistliches Amt vor; 1764 wurde er Hülfsprediger in Olney, 1779 Pfarrer zu St. Mary's Woolnoth in London u. st. 21. Dec. 1807. Er bahnte die evangelische Richtung in der Anglikanischen Kirche mit an u. ermunterte Wilberforce zur Bekämpfung des Sklavenhandels. Er[862] schr.: Predigten (1760 u. 1767); Omicron's letters, 1762; Rewiew of Ecclesiastic history, 1779; Olney hymnus, 1779; Cardiphonia (Auswahl aus seiner Correspondenz), 1781; Letters to a wife, 1793; Letters to Ball, herausgeg. 1847; Narrative (Selbstbiographie), 1764; Memoirs of J. N ewton, 1843. 4) C. T., war bei der gelehrten britischen Expedition nach Kleinasien 1856 u. schr.: Geschichte der antiquarischen Entdeckungen in Halikarnaß, Knidos u. Branchidä, 1860.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 861-863.
Lizenz:
Faksimiles:
861 | 862 | 863
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.

70 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon