Platen [2]

[188] Platen, altes Geschlecht in Pommern, bes. auf Rügen begütert u. in Schweden reichssässig: I. Ältere Linie: aus ihr: 1) Hans Friedrich von P., geb. in Sagard auf Rügen, trat 1685 in das brandenburgische Heer, focht 1686 in Ungarn u. erhielt 1697 bei der Reduction der Armee den Abschied; bald darauf wohnte er dem Spanischen Erbfolgekriege bei, wo er von 1702 an Generaladjutant des Feldmarschall Natzmer war; er wurde 1707 Major, 1717 Oberst, 1728 Generalmajor, 1739 Generallieutenant u. 1743 General der Cavallerie, starb aber wenige Tage nach diesem Avancement am 17. Mai 1743 zu Mohrungen in Ostpreußen. 2) Dubislaw Friedrich von P., Sohn des Vorigen, geb. 1714, wurde 1729 Lieutenant, erhielt 1736 eine Compagnie u. focht bei Chotusitz, Hohenfriedberg u. Sorr. 1753 wurde er zum Oberst u. 1757 zum Generalmajor ernannt u. wohnte der Schlacht von Großjägerndorf bei, marschirte nach Pommern gegen die Schweden u. blokirte Stralsund, focht bei Zorndorf, operirte gegen die zurückweichenden Russen, half am 17. Jan. 1759 Demmin erobern, wurde 1759 Generallieutenant u. kämpfte bei Kunersdorf u. Torgau. Aus dem Lager von Bunzelwitz marschirte er mit 7000 Mann den Russen in den Rücken, verfolgte dieselben über die Warthe u. kam am 30. Sept. bei Köslin an, wo er die Schanze an der Persante eroberte, jedoch den Fall Kolbergs nicht verhindern konnte. 1778 commandirte er in Böhmen ein Corps, mit welchem er Prag allarmirte. 1786 wurde er Gouverneur von Königsberg, 1787 General der Cavallerie u. starb am 7. Juni 1787. 3) Graf Balzer Bogislaw, geb. 1766 auf Rügen, wurde 1779 Seecadet, 1782 Obersteuermann, begleitete 1786 eine Gesandtschaft nach Marokko u. wurde 1788 in der Seeschlacht bei Hoglaes verwundet u. von den Russen gefangen; befreit wurde er 1790 Capitän, machte mehre Expeditionen mit u. nahm 1799 den Abschied; 1801 trat er in die Direction des Trollhättakanals u. legte 1809 den Reichsständen den Plan zur Verbindung der Ostsee mit der Nordsee durch den Wenersee vor. 1810 wurde P. Staatsrath u. Contreadmiral u. leitete allein den Bau des Götakanals (s.d.). 1827 wurde er zum Statthalter von Norwegen ernannt, nachdem er schon 1817 in den Grafenstand erhoben worden war; er starb 1828 u. wurde zu Motala am Ende des von ihm begründeten Kanals begraben. Auch der Vorschlag zur allgemeinen Nationalbewaffnung rührt von ihm her.

II. Jüngere Linie, Platen zu Hallermund, stammt zunächst aus dem Hause Granskowitz auf Rügen, wurde 1630 in den Freiherrn- u. 1670 in den Pannerherrnstand erhoben u. erhielt 1682 das Generalerbpostamt in Hannover; diese Linie P. wurde 1689 Reichsgrafen, 1704 Grafen zu Hallermund, 1708 in das westfälische Reichsgrafencollegium u. 1840 als erbliches Mitglied der ersten hannöverschen Kammer aufgenommen u. führt seit 1829 das Prädicat Erlaucht. Daraus: 4) Graf Franz Ernst, geb. 1631, trat sehr jung in hannöversche Dienste, wurde 1670 Kammerherr u. Geheimerath, 1674 Premierminister, 1689 deutscher Reichsrath u. Erblandpostmeister in Hannover, 1704 Graf zu Hallermund u. st. 1709. Gegenwärtiger Chef der Familie ist: 5) Graf Georg, Sohn des 1818 verstorbenen Grafen Ernst Franz, geb. 7. Nov. 1785, hannöverscher General-Erblandpostmeister; war vermählt mit Julie geb. Gräfin von Hardenberg (st. 1833). 6) Graf Karl, ältester Sohn des Vorigen, geb. 1810. 7) Graf Adolf, Bruder des Vor., geb. 10. Dec. 1814, war bis 1852 hannöverscher Geschäftsträger in Wien u. ist seit 1855 Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Hannover. 8) Graf August, Cousin des Grafen Georg, Sohn des Grafen August, geb. 24. Oct. 1796 in Ansbach, wurde erst im Cadettenhaus, dann im Pageninstitut zu München für das Militär gebildet, 1814 baierscher Lieutenant u. nahm am zweiten Feldzuge gegen Frankreich Theil, studirte aber nach dem Frieden seit 1818 in Erlangen u. Würzburg Philologie u. Philosophie; bald zeichnete er sich als Dichter, namentlich durch die Vollendung der poetischen Formen, aus u. trat durch seine satyrischen Lustspiele. Die verhängnißvolle Gabel u. Der romantische Ödipus, gegen die norddeutsche Bildung heftig auf u. gerieth dadurch mit Müllner, Immermann u. Heine in Streit. Seit 1827 war er in Italien, kehrte nur 1832 u. 1834 nach Deutschland zurück u. st. am 5. Dec. 1835 in Syracus. Ihm wurde 1858 in Ansbach ein Monument errichtet. Das letzte, was er schrieb, waren die zehn Hymnen aus Italien; er schr. außerdem: Ghaselen, Erlangen 1821; Lyrische Blätter, ebd. 1821; Vermischte Schriften, ebd. 1822; Der gläserne Pantoffel, ebd. 1822; Schauspiele, Stuttg. 1828; Die verhängnißvolle Gabel, 1826; Der romantische Ödipus, 1827; Gedichte, 1828; Die Abassiden, 1830; Die Liga von Cambray, 1833; Geschichte des Königreichs Neapel, Frankf. 1833 u. m. a. Sämmtliche Werke: Stuttg. u. Tübing. 1838–43, 5 Bde., u. A., ebd. 1847. Eine Anzahl von Gedichten, welche in Deutschland die Censur zurückwies, erschien in Strasburg, 2. A. 1841. Vgl. Briefwechsel zwischen P. u. Minckwitz, Lpz. 1836; Minckwitz, Graf P. als Mensch u. Dichter, ebd. 1838; P-s Tagebuch, herausgegeben von Pfeufer, Stuttg. 1860.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 188.
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