Scherer

[139] Scherer, 1) Barthélemy Louis Josephe, geb. 1750 (1755) in Delle bei Belfort, Sohn eines Fleischers, entlief seinen Eltern, nahm österreichische Kriegsdienste, desertirte aber aus Mantua u. ging nach Paris zu seinem Bruder, welcher Maître de l'Hôtel beim Herzog von Richelieu war, u. trat in das Freicorps Maillebois, welches für Holland bestimmt war. 1792 wurde er Adjutant des Generals Desprez, dann der Generale Eikmeier u. Beauharnois, machte den ganzen Feldzug 1793 mit, wurde aber zweimal als Royalist vom. Heere entfernt, kehrte jedoch bald zurück, wurde Brigade- u. 1794 Divisionsgeneral bei der Sambre- u. Maasarmee u. leitete die Belagerungen von Landrecy, Quesnoy, Condé u. Valenciennes u. commandirte dann bei Aldenhoven den französischen rechten Flügel unter Jourdan. Im Mai 1795 erhielt er den Oberbefehl der Pyrenäenarmee, wo er wegen der Desorganisation der Truppen sich meist in der Defensive halten mußte; dann an die Spitze der Armee in Italien gestellt, besiegte er 21. Novbr. die Österreicher u. Piemontesen bei Loano, wurde aber[139] im Februar 1796 dort abgerufen, da er die erlangten Vortheile nicht gehörig benutzte. Er lebte vom Staatsdienste entfernt bis 1797, wo er Kriegsminister wurde, aber so schlecht für die Armee sorgte u. solche Unterschleife zugab, daß Rewbell ihm 1799 sein Portefeuille abnahm u. den Oberbefehl über die Armee von Italien übertrug. Er griff zwischen dem Gardasee u. Verona an, wurde aber zurückgeschlagen u. mußte sich hinter den Mincio u. Oglio zurückziehen. Noch mehr verschlimmerte sich S-s Lage, als Suworow sich mit den Österreichern vereinigte, u. er mußte sich in Unordnung zurückziehen. Er legte daher sein Commando nieder u. übertrug den Oberbefehl provisorisch an Moreau (s. Französischer Revolutionskrieg III. F). Er lebte nun in Unthätigkeit u. st. 19. Aug. 1804 auf seinem Gute Chauny im Aisnedepartement. Er schr.: Précis des opérations militaires de l'armée d'Italie depuis le 21 Ventose jusqu'au 7 Floréal de l'an VII., Par. 1799. 2) Alexander Nicolas von S., geb. 1771 in Petersburg, wurde in Riga erzogen, studirte in Jena erst Theologie, dann Naturwissenschaften, hielt nachher Vorlesungen in Weimar über Chemie, wurde 1800 Professor der Chemie in Halle, Vorsteher einer Papierfabrik bei Potsdam, 1803 Professor in Dorpat u. dann russischer Staatsrath in Petersburg; er st. in Ungnade gefallen 1824 u. schr.: Tabellarische Übersetzung der Zeichen der neuesten Chemie, Jena 1796; Grundriß der Chemie, Tüb. 1800, u. gab mehre Journale über seine Wissenschaft, u.a. Allgemeines Journal der Chemie, Frankf. 1802–5, Nordische Blätter für Chemie u. Chemisches Journal heraus. 3) Joh. Andreas von S., geb. in Prag, war früher Professor der Chemie in Wien u. seit 1804 am Polytechnischen Institut in Prag, wurde 1806 Professor der Naturgeschichte an der Universität zu Wien, 1811 geadelt, 1834 emeritirt u. st. 1844; er sehr: Geschichte der Luftgüteprüfungslehre, Wien 1785, 2 Bde., u.a.m. 4) Joseph von S; geb. in Prag, war erst Stabsfeldarzt, wurde 1806 Professor der Physiologie u. Pathologischen Anatomie an der Medicinisch-chirurgischen Josephs-Akademie zu Wien, auch Vicedirector derselben u. st. 10. Octbr. 1844 in Wien; er gab heraus: Tabulae anatomicae quae exhibent musei anat. Acad. Josephinae praeparata cerea, Wien 1817–21, 5 Bde. (Beschreibung der unter Masorguis Leitung verfertigten Wachspräparaten-Sammlung der Josephs-Akademie). 5) Theodor, geb. den 13. Mai 1816 zu Dornach in der Schweiz, gründete 1836 in Solothurn eine conservative Zeitung, Die Schildwache am Jura, trat in den Großen Rath von Solothurn u. in den Stadtrath, wurde 1841, wo es sich um eine Verfassungsrevision handelte, als einer der Führer der conservativen Partei verhaftet u. hielt sich nun bis zu den Zeiten des Sonderbundskrieges meist in Luzern auf; 1846 wurde er Secretär der Borromeischen Akademie, deren Annalen er redigirte, u. lebt seit 1848 mit wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt in Solothurn. Er schr.: Revolution u. Restauration der Staatswissenschaft, Luzern 1842; Guendoline, Fürstin Borghese-Talbot, Einsiedeln 1843; Papst Leo XII., Schaffh. 1844; Morgenstunden im Staatsgefängnisse, Einsiedeln 1844; Das Verhältniß zwischen Kirche u. Staat, nach den Lehrsätzen eines Jesuiten, Regensb. 1846; Die Reformbewegung unserer Zeit u. das Christenthum, Augsb. 1848; Der heilige Vater, München 1850; Lebensbilder aus der Gesellschaft Jesu, Schaffh. 1854.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 139-140.
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