Arsenik

[125] Arsēnik, ein Metall, das in Verbindung mit Sauerstoff als schwarzes Pulver, Fliegenpulver, weißes Arsenikoxyd, weißes Arsenik, Giftmehl, Hüttenrauch, Arsenikblumen, Rattentod und Arseniksäure; mit Wasserstoff als Arsenikwasserstoff; mit Schwefel als Operment oder Rauschgelb und Realgar, auch in der Form arseniksaurer Salze eines der am heftigsten wirkenden Gifte des Mineralreichs ist, findet sich gediegen und dann mit andern gediegenen oder geschwefelten Metallen, z.B. Kobalt, Zinn, Silber oder Schwefeleisen u.s.w. verbunden in der Natur, und zwar in Sachsen, im Harz, in Böhmen, Ungarn, Sibirien, Norwegen, England u.s.w. Auch gewinnt man dasselbe durch Rösten der arsenikhaltigen Erze, besonders der Kobalt-Arsenikerze und durch Erhitzen eines Gemenges von weißem Arsenik und Kohlenpulver in verschlossenen Gefäßen. Das Arsenik ist von stahlgrauer Farbe; frisch dargestellt und so lange es mit der Luft nicht in Berührung kommt, glänzend, alt aber glanzlos, sehr spröde und leicht zu pulvern. In der atmosphärischen Luft verbindet es sich mit dem Sauerstoffgas und verflüchtigt sich in weißlichen Dämpfen mit Knoblauchgeruch. Der weiße Arsenik kommt im Handel als kreideähnliches Pulver oder in kleinen Stücken vor und wurde [125] häufig mit Zucker verwechselt. Er ist anfangs ganz geschmacklos und verursacht erst später einen säuerlichen, ätzenden Geschmack, löst sich im Wasser nicht ganz, sondern nur in kleine Körnchen auf und verflüchtigt sich in der Luft unter den angegebenen Erscheinungen.

Hat Jemand Arsenik in solcher Gabe genossen, daß Vergiftung erfolgen muß, so empfindet er zuerst große Trockenheit und heftiges Brennen im Schlunde mit unlöschbarem Durste, dann drückende, bald aber brennende und schneidende Schmerzen im Magen und Unterleibe bei einer entsetzlichen Angst; würgt und erbricht sich beständig, bekommt auch wol zwangvollen, ruhrartigen Durchfall mit aashaft riechenden Ausleerungen, Krampf im Schlunde und der Luftröhre, allgemeine Convulsionen, kalte Schweiße, Ohnmachten, Fieber und stirbt gewöhnlich nach drei bis vier, zuweilen aber auch erst nach 24 Stunden, nachdem er das Bewußtsein verloren, mit röchelndem Athem und unter leichten Zuckungen. Langsamer, erst nach Jahren und unter andern Zufällen erfolgt der Tod, wenn das Gift in geringerer Quantität entweder auf einmal oder allmälig in den Körper aufgenommen wird, wie dies bei der sogenannten Hüttenkatze der Fall ist, einer Krankheit, welcher gewöhnlich die Arbeiter in den Arsenikhütten unterliegen. Bei dieser beginnt das Leiden mit Störungen der Verdauung und Ausleerung, Durchfällen, Übelkeiten und Durst bei vermehrter Speichelabsonderung; Magen- und Leibschmerzen, krampfige Zusammenziehungen der Gedärme u.s.w. stellen sich nach und nach ein, das Athmen wird mühevoll und später folgen Druck und Schmerz in der Brust, Husten und Fieberbewegungen mit unregelmäßigem Pulsschlage. Der Kranke magert allmälig ab, seine Muskelkraft schwindet, er zittert beständig, empfindet besonders an Hand- und Fußgelenken gichtähnliche Schmerzen, leidet an Taubheit oder gänzlicher Gefühllosigkeit der Gliedmaßen, die ihm bald ganz gelähmt werden, verliert die Haare, bekommt Ausschläge und Schwären, überhaupt ein gespensterartiges Ansehn, bis endlich der Tod erfolgt. Die an Arsenikvergiftung Verstorbenen, wenn auch einige mumienartig vertrocknen, gehen meist schnell in Fäulniß über, verbreiten einen knoblauchartigen Geruch und bekommen sehr bald auf der Haut grünliche, violette und schwärzliche Flecken. Diese Merkmale, sowie die Beschaffenheit der innern Theile, von denen Magen, Gedärme u.s.w. gewöhnlich entzündet oder brandig gefunden werden, vorzugsweise aber chemische Hülfsmittel, durch welche selbst nach sehr langer Zeit der Arsenik in metallischer Gestalt dargestellt werden kann, machen es möglich, eine durch Arsenik stattgehabte Vergiftung mit der größten Bestimmtheit nachzuweisen.

Als Gegenmittel bei Arsenikvergiftung, welche von Jedermann angewandt werden können, sind zu empfehlen, wenn der Kranke sich von selbst erbricht, Reisschleim, Hafergrütze, Stärkmehl u.s.w., bricht er aber nicht, entweder Milch, fette Fleischbrühe, Öl, Auflösung von Seife in Wasser oder ein Brechmittel, dessen Verordnung jedoch, sowie jede fernere Behandlung am Besten dem schleunigst herbeizuholenden Arzte überlassen wird. Ungeachtet dessen nun, daß das Arsenik schon in kleinen Gaben giftige Wirkungen äußert, ist es doch seit langer Zeit von den Ärzten innerlich und äußerlich als Heilmittel angewendet worden und wird noch gegenwärtig innerlich besonders gegen Wechselfieber, äußerlich hauptsächlich bei Krebsschäden mit gutem Erfolge gebraucht. Auch die Thierärzte bedienen sich desselben, zumal da die Pflanzen fressenden Thiere, z.B. das Pferd, Rind u.s.w. es, selbst in großen Gaben, bei gehöriger Vorsicht ohne Schaden vertragen, was jedoch bei dem Hunde, der Katze und im Allgemeinen bei den Fleisch fressenden Thieren nicht der Fall ist. Roßkämme benutzen das Arsenik zuweilen zu betrügerischen Zwecken, da Pferde, denen es eine Zeit lang in kleinen Gaben im Futter gegeben wird, scheinbar fett und wohlbeleibt werden und eine gewisse Munterkeit bekommen, auf welche aber gewöhnlich Geschwulst der Beine, plötzliche Abmagerung, Verhärtung der Gekrösdrüsen, Haut- und allgemeine Wassersucht und Ausfallen der Haare folgen. In Künsten und Gewerben findet das Arsenik ebenfalls vielfache Anwendung, indem es, mit andern Metallen zusammengeschmolzen, zur Darstellung von Farben u. dergl. benutzt wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 125-126.
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