Rudolf I. von Habsburg

Rudolf I. von Habsburg

[763] Rudolf I. von Habsburg, deutscher Kaiser, 1273–91, der Stammvater des östr. Hauses und vieler Kaiser von Deutschland, geb. 1. Mai 1218, war der älteste Sohn Graf Albrecht IV. von Habsburg und Hedwig's von Kyburg. Frühzeitig schon legte er im Heere seines Pathen, Kaiser Friedrich II., Proben seines Muths und überhaupt seiner wackern Gesinnung ab, und erwarb sich einen so vortheilhaften Ruf, daß ihn mehre Schweizerlandschaften zu ihrem Schirmvogt wählten.

Ihre Streiter halfen die Schar der Reisigen verstärken, welche ihm seine eignen Besitzungen (s. Habsburg) zu stellen erlaubten, die in Folge seiner Vermählung mit Gertrud, Tochter des Grafen von Homburg oder Homberg in der Schweiz, durch das Weilerthal und Schloß Ortenberg im Elsaß, sowie durch die von seiner Mutter ererbten Grafschaften Kyburg und Lenzburg vermehrt wurden. R.'s Macht war daher ansehnlich genug, um ihm im Verein mit seinem tapfern und biedern Charakter ringsum ein nicht gewöhnliches Ansehen zu sichern. Er belagerte grade Basel, als sein Vetter, Burggraf Friedrich von Nürnberg, in Begleitung des Marschalls Pappenheim, ihm die Nachricht von seiner Wahl zum deutschen Kaiser überbrachte, die am 29. Sept. 1273 in Frankfurt am Main erfolgt war. Der Bischof von Mainz, Werner von Eppenstein, welchem R. früher vortheilhaft bekannt geworden. hatte die Wahl mit Friedrich von Nürnberg auf R. geleitet, [763] der unter Anderm auch die schönen Töchter desselben den damals unvermählten weltlichen Kurfürsten als geeignete Gemahlinnen empfahl, wenn sie R. zum Kaiser wählten. Basel öffnete sogleich dem Gewählten seine Thore, und schon am 28. Oct. 1273 wurde derselbe zu Aachen gekrönt. Als bei dieser Feierlichkeit, zufällig oder mit Absicht, unerwartet der Scepter mangelte, mit welchem R. die Belehnungen ertheilen sollte, ergriff er statt desselben ein Crucifix, indem er aussprach, daß ein Zeichen wol des Scepters Stelle vertreten könne, durch das die Welt erlöst worden sei. Nachdem er sich durch Vermählung von dreien seiner Töchter an Pfalzgraf Ludwig den Strengen, Herzog Albrecht II. von Sachsen-Wittenberg und Markgraf Otto von Brandenburg, den Beistand dieser mächtigen Reichsfürsten gesichert hatte und vom Papste Gregor X. anerkannt worden war, fühlte er sich stark genug, mit Nachdruck für die Herstellung des in Folge des großen Zwischenreichs tief gesunkenen Ansehens von Kaiser und Reich zu wirken. Der gefährlichste seiner Gegner, König Ottokar von Böhmen (s.d.), verlor gegen R. in der Schlacht auf dem Marchfelde das Leben, und der Letztere konnte nun seine Söhne Albrecht und Rudolf 1282 mit den östr. Ländern belehnen, welche Ottokar aus dem babenbergischen Erbe sich zugeeignet und deren Zurückgabe ans Reich er verweigert hatte. R. ward dadurch Gründer des östr. Staats (s. Kaiserthum Östreich) und vermehrte Macht und Ansehen seines Hauses in solchem Grade, daß nicht leicht mehr Jemand wagte, sich wider ihn oder die Reichsgesetze aufzulehnen. Auch durch Herstellung und Aufrechthaltung des Landfriedens und Zerstörung vieler Raubburgen machte sich R. hochverdient, und so unparteiisch war seine Gerechtigkeitspflege, daß sie noch lange Zeit den Fürsten als Muster aufgestellt wurde. Er zog deshalb selbst im Reiche umher, schlichtete die Streitsachen Vornehmer und Geringer und ward davon auch das lebendige Gesetz genannt. Dabei war er einfach und mäßig in seinen Gewohnheiten, gütig und gesprächig und für Jedermann zugänglich. Indem er die kais. Gerechtsame in Italien durchaus nur auf dem Wege der Unterhandlung zu behaupten und herzustellen suchte, ersparte er Deutschland große Summen und das Leben vieler Krieger, welche das Opfer der Römerzüge und eines von R. gelobten Kreuzzugs geworden wären, von dem er durch Aufopferung gewisser unsicherer und oft angefochtener Hoheitsrechte die päpstliche Lossprechung erhielt. Dagegen zwang er den Grafen von Savoyen 1283 zur Rückgabe mehrer Lehen des Reichs und unterwarf den Grafen von Burgund, welcher sich demselben entziehen wollte. Die von dem Betrüger Thile Kolup, welcher sich für den Kaiser Friedrich II. ausgab, in den Rheingegenden angezettelten Unruhen hörten mit dessen Verhaftung und Hinrichtung auf, allein die Streitigkeiten des Markgrafen von Thüringen, Albrecht des Unartigen, mit seinen Söhnen, denen er zu Gunsten des Bastard Apitz ihr Erbe entziehen wollte, überdauerten R.'s I. Regierung. Ohne seinen Wunsch erfüllt und seinen Sohn Albrecht zum Nachfolger im Reiche gewählt zu sehen, starb R. am 15. Jul. 1291 auf der Reise nach Speier zu Germersheim und ward im Dom zu Speier begraben, wo sich sein hier abgebildeter Grabstein erhalten hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 763-764.
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