Mans, Le

[244] Mans, Le (spr. lö mang), Hauptstadt des franz. Depart. Sarthe, an der Sarthe, oberhalb der Mündung der Huisne, Knotenpunkt der Westbahn und Orléansbahn, besteht aus der hochgelegenen Stadt auf dem linken Ufer und zwei Vorstädten auf dem rechten Ufer, hat eine Kathedrale St.-Julien (12.–15. Jahrh.), die aus einem romanischen Langhaus, frühgotischem Chor und spätgotischem Querschiff besteht, mit schönen Glasmalereien, eine Kirche Notre-Dame de la Couture (12.–14. Jahrh.) mit ehemaligem Benediktinerkloster (jetzt Präfektur und Museum), ein Theater, Reste eines gallorömischen Amphitheaters, hübsche Anlagen, Denkmäler des Generals Chanzy (1885 auf der Place de la République errichtet) und des Zoologen Belon, eine Filiale der Bank von Frankreich, ein Irrenhaus etc. und (1901) 59,472 (als Gemeinde 63,272) Einw., die Fabrikation von Leinwand, Glocken- und Metallgießerei, Maschinenwerkstätten, eine Tabakmanufaktur, Glasmalerei, Gerberei etc. und lebhaften Handel mit Vieh, Geflügel, Eiern, Wein etc. betreiben. M. hat ein theologisches Seminar, ein Lyzeum, eine Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Handelsschule, Bibliothek (60,000 Bände), ein Museum (Gemälde- und Naturaliensammlung), ein historisches Museum, mehrere gelehrte Gesellschaften und ist Sitz des Kommandos des 4. Armeekorps, eines Bischofs, eines Gerichts- und Assisenhofs, eines Handelsgerichts und einer Handelskammer. Ein Denkmal zur Erinnerung an die Schlacht von 1871 ist auf dem Plateau von Aubours, östlich von M., 1874 errichtet worden.

Karte zur Schlacht bei Le Mans (6.–12. Jan. 1871).
Karte zur Schlacht bei Le Mans (6.–12. Jan. 1871).

M. hieß im Altertum Vindinum und war die Hauptstadt der Cenomanen. Schon im 4. Jahrh. Bischofssitz und eine der ansehnlichsten Städte des fränkischen Reiches, kam es im 9. Jahrh. durch die Einfälle der Normannen und später durch unaufhörliche Fehden der Grafen von Anjou und der Herzoge von der Normandie herab. Als Hauptstadt von Maine gehörte es lange den englischen Königen aus dem Hause Plantagenet und wurde erst 1481 definitiv französisch. Bei M. siegte 12. Dez. 1793 das republikanische Heer unter Marceau über die Vendéer. Im deutsch-französischen Kriege 1870/71 spielte M. bei seiner Lage im Mittelpunkt des nordwestlichen Frankreich sowie als Knotenpunkt zahlreicher Straßen und Eisenbahnen eine bedeutende Rolle. Bereits im Oktober 1870 Hauptquartier der Armee der Région de l'Ouest, erhielt es größere Wichtigkeit, als nach den Kämpfen bei Orléans und Beaugency die französische zweite Loirearmee unter Chanzy Mitte Dezember nach M. zurückging, sich hier reorganisierte und zum Vormarsch auf Paris vorbereitete. Chanzy vereinigte deshalb Ende Dezember das 16., 17. und 21. Korps, mit Abteilungen andrer Korps zusammen 150,000 Mann, um M. und sammelte bedeutende Vorräte. Noch ehe er indes seine Bewegung zum Entsatz von Paris begann, griff Prinz Friedrich Karl mit der deutschen zweiten Armee Anfang Januar 1871 an. Er hatte 31/2 Armeekorps (das 3., 10. und 13. und die 18. Division vom 9. Korps) und 4 Kavalleriedivisionen (1., 2., 4 und 6.) zur Verfügung, zusammen 58,000 Mann Infanterie, 15,000 Mann Reiterei und 318 Geschütze. Gelände und Jahreszeit gestatteten den Vormarsch auf einer Linie nicht, deshalb ging bloß das 3. Korps und die 18. Division auf der Hauptstraße von Vendôme nach M. vor, während die Flügel, rechts das 13. Korps unter dem Großherzog von Mecklenburg von Bonneval, links das 10. Korps von St.-Amand, auf Seitenstraßen konzentrisch auf M. marschierten und immer weiter um den Feind herumgriffen. Wegen der großen Ausdehnung der deutschen Schlachtlinie (100 km) zerfiel der Kampf, der am 6. Jan. begann, in eine Menge einzelner Gefechte; die Gesamtleitung war dadurch im höchsten Grad erschwert, die Verbindung des Hauptquartiers mit den Flügelkorps zeitraubend und weitläufig. Da den Truppen die neuen Dispositionen erst am Morgen zugingen, kamen sie erst um Mittag an den Feind, und die rasch hereinbrechende Dunkelheit verhinderte dann die Ausbeutung der errungenen Vorteile. Überdies rückten die Flügel nur langsam vor, so daß entgegen dem ursprünglichen Plan das Zentrum, das 3. Korps, das am 6. Jan. Azay, am 7. Sargé, am 9. Ardenay nahm, die bedeutendsten Kämpfe zu bestehen hatte. Erst am Huisnebach, wenige Stunden östlich von M., stieß das 3. Korps auf die feindliche Hauptmacht, und es entwickelten sich nun am 10. und 11. Jan. hartnäckige, schwierige und verlustreiche Gefechte bei Parigné, Changé und am Plateau d'Aubours, das die 18. Division erstürmte. Indes wurde endlich der Feind über die Huisne zurückgeworfen, und der Sieger drang bis in die nächste Nähe von M. vor. Am 12. Jan. sammelte sich das Zentrum, um zum Angriff auf die feindliche Position bei Yare l'Evêque zu schreiten. Inzwischen war aber bereits die Entscheidung gefallen. Der linke Flügel, das 10. Korps, hatte am 11. die Straße von Château-du-Loir nach M. erreicht, und seine Avantgarde, die 20. Division unter General Kraatz, hatte noch am Abend das wichtige La Tuilerie in der Nähe von M. genommen. Die hierdurch unter den Franzosen entstehende Panik machte weitern Widerstand unmöglich. Schon in der Nacht befahl Chanzy den Rückzug des rechten Flügels und des Zentrums auf das rechte Sartheuser, den des linken Flügels auf Alençon. Erst gegen Mittag des 12. wurde dieser Rückzug von deutscher Seite bemerkt.[244] Die 19. und 5. Division drangen nun gegen M. selbst vor, das noch am Abend nach kurzem Straßengefecht mit zahlreichen Vorräten und Kriegsmaterial in ihre Hände fiel. Die feindliche Armee wurde bis Laval und Alençon verfolgt und das Lager von Conlie besetzt. In den sieben Tagen vom 6.–12. Jan. verloren die Franzosen 22,000 Gefangene, 20 Geschütze und 2 Fahnen. Der deutsche Verlust betrug 158 Offiziere, 3260 Mann, davon allein das 3. Korps 107 Offiziere, 1730 Mann. Der Plan, von Westen aus Paris zu entsetzen, war hiermit für immer vereitelt. Vgl. Chanzy, Die zweite Loirearmee (deutsch von Busse, Hannov. 1873); v. Twardowski, Die Gefechte des 3. Armeekorps bei Le M. (Berl. 1873); v. d. Goltz, Die sieben Tage von Le M. (das. 1873); v. Kleist, Die Gefechtstage von Le M. (Hannov. 1880); Hublin, L'ancien M. illustrée (Le Mans 1886).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 244-245.
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