Lange

[102] Lange, 1) Rudolf, geb. in Westfalen, gebildet in Deventer u. in Italien, wurde Domherr in Münster, errichtete daselbst eine berühmte Schule u. st. 1519. Man hat von ihm Gedichte: De excidio Hierosolymae postremo; De apostolo Paulo; De Maria virgine; De tribus magis, u. Briefe. 2) Johann (gewöhnlich Joannes Langius), geb. 1500 zu Freistadt im Fürstenthum Teschen, lehrte die Rechte an mehreren Orten, wurde später Kanzler des Erzbischofs von Breslau, dann Rath des Kaisers Ferdinand I., welcher ihn zu mehreren Sendungen gebrauchte, u. st. 1564 in Schweidnitz. Er gab heraus die Kirchengeschichte des Nikephorus, einige Schriften Gregors von Nazianz u. Justins des Märtyrers. 3) Joachim, geb. 26. Octbr. 1670 zu Gardelegen in der Altmark, studirte seit 1689 Theologie in Leipzig, ging mit H. A. Francke 1690 nach Erfurt u. 1691 nach Halle, wurde 1696 Conrector in Köslin, 1697 Rector am Friedrichswerderschen Gymnasium in Berlin u. 1709 Professor der Theologie in Halle, wo er 7. Mai 1744 starb. Der Spenerschen Richtung zugethan, betheiligte er sich an dem pietistischen Streit gegen die Wittenberger Theologen u. führte den Streit wegen der Wertheimer Bibel gegen Chr. Wolff, zu dessen Vertreibung aus Halle er wesentlich beitrug. Er schr.: Antibarbarus orthodoxiae, 1709–11; Exegesis epistolarum Petri, Halle 1712; De vita et epistolis Pauli, 1718; Erläuterung der neuesten Historie der Evangelischen [102] Kirche von 1689–1719, Halle 1719; Caussa Dei adversus atheismum et pseudophilosophiam, 2. A. 1727; Oeconomia salutis evangel., 2. A. 1730 u. ö. (deutsch 1738); Erklärung aller Bücher des A. u. N. T., als Mosaisches Licht u. Recht etc., 1732 ff.; Biblia parenthetica, Lpz. 1743, 2 Bde., Fol.; auch ist er Verfasser der Halleschen Lateinischen Grammatik, welche von 1707 bis 1809 über 40 Auflagen erlebte u. in mehrere europäische Sprachen übersetzt wurde (wogegen die Griechische Hallesche Grammatik nicht von ihm ist). 4) Lorenz, aus Stockholm gebürtig, wurde Ingenieur in russischen Diensten, erhielt von Peter I. 1715 die Aufsicht über den Bau des Schlosses Peterhof, wurde als russischer Agent nach China gesendet, kehrte 1718 zurück, wurde russischer Resident in Peking u. starb als Statthalter in Irkutsk; er schr.: Relation de l'ambassade envoyée à l'empereur de la Chine en 1719, Lüb. 1727; Journal du Sieur L. contenant ses négociations à la cour de Chine en 1721 et 1722, Leyd. 1726; Journal du voyage d'une caravane de Kiakhta à Pekin, en 1727 et 1728, ebd. 1730. 5) Samuel Gotthold, geb. 1711 in Halle; er st. 1781 als Pastor zu Laublingen bei Magdeburg; suchte die Gottschedische Schule mit Pyra zu stürzen u. durch antike Versmaße den deutschen Reim zu verdrängen; er schr.: Thyrsis u. Damons freundschaftliche Lieder, 1745 von Bodmer herausgeg. (dabei einige Poesien seiner Gattin, Anna Dorothea); Metrische Übersetzung des Horaz, Halle 1752, über welche er mit Lessing in einen heftigen Streit gerieth; Die Psalmen Davids, ebd. 1746, 4 Thle.; Sammlung gelehrter u. freundschaftlicher Briefe, ebd. 1769, 2 Thle. 6) Johann, ein Schneidergesell, aus Bunzlau in Schlesien gebürtig, wanderte Ende des 17. Jahrh. nach Italien u. ließ nichts von sich hören u. galt für todt; später verbreitete sich das Gerücht, L. sei nicht todt, sondern lebe u. sei der Papst Clemens XIV. Das Gerücht ging wahrscheinlich von den Mitgliedern des Jesuitenordens aus, welche sich, nachdem Clemens XIV. ihren Orden aufgehoben hatte, nach Schlesien flüchteten u. dort ihrem Gegner die böse Nachrede machten. 7) Jos., geb. 1751 in Würzburg, ging 1767 nach Wien, um sich als Maler zu bilden, widmete sich aber dort mit seinem älteren Bruder der Bühne u. wurde Liebling des Publicums in Heldenrollen; er st. 1820. Seine Gattin, 8) Marie Antonie, geb. Weber, Mozarts Schwägerin u. Schülerin, zeichnete sich als Sängerin seit 1784 in Wien u. später in Frankfurt a. M. aus. 9) Adolf Gottlob, geb. zu Weißensee in Thüringen, wurde 1804 Tertius in Pforte, 1825 zweiter Professor u. 1831 Rector; er st. 1831 u. schr.: Anmerkungen zu der Übersetzung von Lanzis Schrift: Über die Sculptur der Alten, Lpz. 1816; Vindiciae tragoediae romanae, ebd. 1822, u.a.m.; Auswahl von seinen Schriften, besorgt von Jakob, ebd. 1832.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 102-103.
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