Philipp II.

[486] Philipp II., König von Spanien 1556–98, war ein Sohn Kaiser Karl V. und Isabellens von Portugal und 1527 zu Valladolid geboren. Sein Vater trat ihm noch bei Lebzeiten die Regierung aller ihm gehorchenden Länder ab. Diese waren: Spanien, die Niederlande, Neapel und Sicilien, Sardinien, Mailand, Tunis, die canarischen und die Inseln des grünen Vorgebirgs, S.-Domingo, Jamaica, Margarita, Portorico, Cuba, Merico, Peru und Chile, die Nachfolge auf dem deutschen Kaiserthrone konnte er ihm jedoch nicht zuwenden, weil P. bei persönlicher Anwesenheit durch sein hochmüthiges und kaltes Benehmen die Deutschen gegen sich gestimmt hatte. Er fand übrigens Spanien im Genusse des höchsten Ansehens in Europa, und von ungeheuren Einkünften aus den Colonien unterstützt, würde sich diese Stellung nicht blos haben leicht behaupten, sondern für lange sichern lassen. Allein P.'s durchdringender Verstand und Neigung zur Thätigkeit waren von den mit seiner Erziehung beauftragt gewesenen Geistlichen in die Fesseln des Aberglaubens gelegt, sein natürlicher Ernst zu finsterm Despotismus verbildet worden. Wie über die Handlungen seiner Unterthanen, wollte er auch über ihren Glauben unumschränkt gebieten und zu Erreichung seiner Absichten benutzte er jedes Gewaltmittel und selbst Gift. Bald nach seinem Regierungsantritt gerieth er mit dem Papst Paul IV. und mit Frankreich in Streit und ließ den Herzog Alba von Neapel aus in den Kirchenstaat einrücken, wodurch der Papst bald zu einem Waffenstillstand gebracht wurde. Gegen die Franzosen, welche ihn in den Niederlanden angegriffen hatten, gewann er 1557 die Schlacht bei St.-Quentin, wofür er dem h. Laurentius zu Ehren das Escurial (s.d.) erbaute. P. selbst hatte während der Schlacht gebetet, denn kriegerischer Muth ging ihm ab, auch verstand er nicht den gewonnenen Vortheil zu benutzen, und nachdem er vorher schon mit dem Papste aus abergläubiger Besorgniß sich versöhnt hatte, ward 1559 auch der Krieg mit Frankreich durch den für Spanien jedoch vortheilhaften Frieden zu Chateau Cambresis beigelegt, bei welcher Gelegenheit[486] auch die Vermählung P.'s, der schon von Maria von Portugal und zum zweiten Mal seit 1558 von Maria, Königin von England, Witwer war, mit der Prinzessin Elisabeth, Tochter König Heinrich II., beschlossen wurde, die vorher seinem Sohne Don Carlos aus der ersten Ehe zugedacht war. Im folgenden Jahre kehrte P. nach Spanien zurück, wo bei seiner Ankunft in Valladolid auf seinen ausdrücklichen Wunsch ein Auto da Fé von der Inquisition gehalten und 40 angebliche Ketzer verbrannt wurden. Religiöser Fanatismus und Herrschsucht bewogen ihn bald nachher, die Inquisition in den Niederlanden einzuführen und zu gleich die Freiheiten dieser Provinzen anzugreifen, was endlich den niederländ. Befreiungskrieg und den Verlust dieser Provinzen für Spanien herbeiführte (s. Niederlande), nachdem P. vergebens die Schätze seiner Reiche darum verschwendet und Ströme von Blut hatte vergießen lassen. P. II. wurde durch diesen Kampf auch mit andern Mächten, namentlich mit England in Krieg verwickelt, dessen Königin Elisabeth sküher seine Hand abgelehnt hatte und die Niederlande unterstützte. Eine mächtige Flotte lief daher 1588 gegen England aus, wo sie auch das Papstthum wiederherstellen sollte, ging aber durch die Engländer und durch Stürme größtentheils zu Grunde. (S. Armada.) Im folgenden Jahre überfielen dagegen die Engländer Cadix, vernichteten dort die span. Schiffe und plünderten die Stadt. Derselbe Fanatismus, welcher P. II. um die Niederlande brachte, veranlaßte ihn auch zu den härtesten Bedrückungen der zahlreich noch in Spanien lebenden, zum Theil sogar christlichen Mauren, die Tracht, Sprache und Sitte ihrer Vorfahren noch beibehalten hatten und nun dies Alles plötzlich ablegen sollten. Ein Aufruhr war die Folge, der erst nach einem zweijährigen Kampfe, in welchem 200,000 Menschen umkamen, 1570 gedämpft wurde. P. II. behauptete aber bei allen diesen, sowie bei ihm persönlich nahegehenden Ereignissen, wie der 1568 im Gefängniß erfolgte Tod seines des Hochverraths beschuldigten Sohnes Don Carlos (s.d.) und das Ableben seiner dritten Gemahlin bald darauf waren, seinen kalten Gleichmuth, ohne darum sinnlichen Neigungen unzugänglich zu sein, wie denn grade zu jener Zeit die schöne Gemahlin seines um ihretwillen zum ersten Minister erhobenen Günstlings Ruy Gomez de Silva seine Maitresse war. Zum vierten Male vermählte er sich 1570 mit Anna von Östreich. Nachdem ihm 1571 der Papst den Zehnten von allen geistlichen Gütern zu Bekriegung der Türken bewilligt hatte, erfocht zwar die span. Flotte unter Anführung von P.'s natürlichem Bruder Don Juan von Östreich, den berühmten Sieg bei Lepanto und eroberte 1573 Tunis, zu größern Erfolgen versagten aber dem Bruder P.'s Eifersucht und kleinliches Mistrauen die Mittel, das ihn sogar verleitete, dessen Secretair meuchelmorden zu lassen. Als die männliche Linie des burgund. Regentenhauses in Portugal erlosch, nahm P. II., wenn auch nicht als nächster doch mächtigster Erbe, dieses Reich mit seinen Colonien in Besitz, allein statt den ausgebreiteten Handel und die blühende Industrie desselben zu begünstigen, richtete er durch Verbote und Bedrückungen beide zu Grunde und ward Veranlassung, daß die besten portug. Colonien in Ostindien in die Gewalt der Niederländer kamen. In Aragonien brach 1591 ebenfalls wegen Eingriffe in die Rechte des Landes ein Aufstand aus, die Feindseligkeiten gegen Heinrich IV. von Frankreich aber, den P. II. erst an der Thronbesteigung zu hindern und noch nach dessen Übertritt zur katholischen Kirche die Lossprechung desselben vom Kirchenbanne zu verzögern suchte, wurden erst 1597 im Frieden von Vervins ausgeglichen. Bald darauf starb P. II. im Sept. 1598, nachdem er lange an Gicht, Wassersucht, verzehrenden Fiebern und an Geschwüren gelitten hatte, aus deren Eiter Scharen von Läusen entstanden, was er Alles mit unveränderlichem Gleichmuth ertrug, im Escurial eines schmerzenvollen Todes. Er hinterließ seine Reiche erschöpft und verarmt, mit Schulden beladen und um werthvolle Provinzen vermindert und hatte den ihm von seinen Zeitgenossen gegebenen Beinamen des »südlichen Teufels« verdient. Span. Schriftsteller nennen ihn zwar den Klugen, seine Regierung war aber darum nicht minder der Anfang von Spaniens Verfall. P. war von mittler Größe, gut gewachsen, hatte blaue Augen und eine breite Stirn, der Ausdruck seiner Züge aber war unveränderlich kalt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 486-487.
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