Baumbach

[475] Baumbach, 1) Moritz von, kurhess. Staatsmann, geb. 23. Febr. 1789 in Maastricht aus einer althessischen Adelsfamilie, gest. 15. Juni 1871 in Kassel, trat 1809 unter westfälischer Herrschaft in den Justizdienst, machte 1813–14 den Befreiungskrieg mit und wurde 1825 Mitglied des Oberappellationsgerichts. 1831 wurde er Abgeordneter der Ritterschaft zum ersten verfassungsmäßigen Landtag und Landtagspräsident. Nach der Auflösung des Landtags 1832 verblieb B. in dem ständischen Ausschuß, der die Anklage gegen Hassenpflug einleitete. Abermals zum Landtagsabgeordneten gewählt, erhielt er von dem Ministerium keinen Urlaub und wurde 1834 als Obergerichtsdirektor nach Rinteln versetzt. Erst 1839 durfte er wieder in den Landtag eintreten, der ihn wiederholt zum Präsidenten wählte. Im März 1848 ward B. Justizminister, bis 23. Febr. 1850 Hassenpflug abermals die oberste Leitung bekam. B. ward nun Obergerichtspräsident zu Marburg, nahm aber, da er durch sein Verbleiben im Amte den Verfassungsbruch nicht anerkennen wollte, ohne Pension seinen Abschied und siedelte 1863 nach Kassel über.

2) Louis von, Bruder des vorigen, geb. 22. April 1799, gest. 26. Jan. 1883, früher Hauptmann in hessischen Diensten, trat 1833 in die kurhessische Ständeversammlung, in der er die ständischen Rechte verteidigte. Im März 1848 als Bevollmächtigter des Landgrafen von Philippsthal-Barchfeld wieder in der Ständeversammlung, wurde er deren Präsident. Im Frankfurter Parlament, dem er vom 23. Nov. 1848 bis 16. Febr. 1849 angehörte, schloß er sich dem Zentrum (»Augsburger Hof«) an. Nach der Hassenpflugschen Reaktion veräußerte er seine Güter in Hessen und siedelte mit seiner Familie nach Milwaukee in Nordamerika über, wo er als Konsul tätig war. Er schrieb: »Briefe aus den Vereinigten Staaten in die Heimat« (Kassel 1851) und »Neue Briefe« (das. 1856).

3) Rudolf, Dichter, geb. 28. Sept. 1840 zu Kranichfeld in Thüringen, studierte Naturwissenschaften in Würzburg, Freiburg, Leipzig und Heidelberg und lebt, nach längerm Aufenthalt in Triest, seit 1885 als Hofrat in Meiningen. Baumbachs Talent wurde von den Gedichten Scheffels geweckt, aber es wurzelt nicht im Studentenleben, sondern in der Wanderlust. Seinen ersten Erfolg hatte er mit der poetischen Erzählung: »Zlatorog, eine slowenische Alpensage« (Leipz. 1877), die mit romantischem Sinn das vielverbreitete Motiv der saligen Frauen, der Schützerinnen der Gemsen, darstellt und ein frisches, farbiges Bild südlichen Volkslebens gibt. Baumbachs Ruhm vermehrte sich nach Erscheinen der »Lieder eines fahrenden Gesellen« (Leipz. 1878) und »Neuen Lieder eines fahrenden Gesellen« (das. 1880), denen später folgten: »Spielmannslieder« (das. 1881); »Mein Frühjahr« und »Von der Landstraße« (das. 1882); »Wanderlieder aus den Alpen« (das. 1883); »Krug und Tintenfaß« (das. 1887); »Thüringer Lieder« (das. 1891); »Aus der Jugendzeit« (das. 1896); »Bunte Blätter« (1897). Baumbachs Lyrik ist der Ausdruck einer zwar nicht großen, aber sehr liebenswürdigen, gefunden, tüchtigen, wahrhaften Persönlichkeit. Mit keinem geringern Erfolg hat B. die poetische Erzählung gepflegt, in der er alte, volkstümliche Stoffe darstellt: »Horand und Hilde« (Leipz. 1878); »Frau Holde« (das. 1881); »Abenteuer und Schwänke« (das. 1883); »Der Pate des Todes« (das. 1884); »Kaiser Max und seine Jäger« (das. 1888). Auch im Märchen hat er sich selbständig bewährt, so in den »Sommermärchen« (Leipz. 1881); »Erzählungen und Märchen« (das. 1885); »Es war einmal« (das. 1889); »Neue Märchen« (das. 1896). Sämtliche Bücher Baumbachs sind seit ihrem ersten Erscheinen vielfach neu aufgelegt. Aus seiner Studentenzeit stammt die historische Erzählung: »Truggold« (Berl. 1885).

4) Karl Adolf, deutscher Politiker, Bruder des vorigen, geb. 9. Febr. 1844 in Meiningen, gest. 21. Jan. 1896 in Danzig, wurde Kreisrichter in Saalfeld und 1878 Landrat in Sonneberg. Mit Lasker befreundet, schloß er sich der nationalliberalen Partei an und ward 1889 in den Reichstag gewählt. Mit den »Sezessionisten« schied er im August 1880 aus der nationalliberalen Partei aus, trat der Fusion mit der Fortschrittspartei bei und wurde 1884 und 1890 zum Reichstagsabgeordneten gewählt. Als Vertreter der deutschfreisinnigen Partei trat er 7. Mai 1890 als zweiter Vizepräsident in den Vorstand des Reichstages. Ende 1890 wurde er Oberbürgermeister von Danzig und im Januar 1891 für diese Stadt Mitglied des Herrenhauses. Bei der Spaltung der deutschfreisinnigen Partei schloß er sich 1893 der freisinnigen Volkspartei an, ohne wieder gewählt zu werden. Außer kleinern Schriften über Normalarbeitstag, Frauenarbeit und Frauenschutz schrieb er das populäre »Staats-Lexikon« (Leipz. 1882); »Der deutsche Reichstag« (Bresl. 1890).

5) Max, Bildhauer, geb. 28. Nov. 1859 in Wurzen, bildete sich anfangs in der Unterrichtsanstalt des [475] Kunstgewerbemuseums und dann auf der Kunstakademie in Berlin, wo er sich besonders an Schaper und R. Begas anschloß. Nachdem er sich 1884 durch die humorvolle, ganz malerisch aufgefaßte Halbfigur eines »Trinkers« in Renaissancetracht bekannt gemacht, folgten mehrere dekorative Arbeiten, Porträtbüsten und kleine Figuren und 1887 die Figur eines Meleager. Größere Vertiefung und ein Streben nach dem Ausdruck starker Empfindung zeigte eine 1891 ausgestellte Gruppe »Gebet«: eine für ihr todkrankes Kind betende Mutter (s. Tafel »Bildhauerkunst XIX«, Fig. 1). Nachdem B. in der Konkurrenz um ein dem Kaiser Friedrich auf dem Schlachtfelde von Wörth zu errichtendes Denkmal den ersten Preis errungen, wurde er mit der Ausführung des Denkmals betraut, das 18. Okt. 1895 enthüllt wurde. Es zeigt das kolossale Reiterstandbild des damaligen Kronprinzen auf einem Unterbau von Felsen und an dessen Vorderseite die Verbrüderung von Nord- und Süddeutschland durch zwei altgermanische Kriegergestalten. Für die Siegesallee schuf B. das Doppelstandbild der Markgrafen Johann I. und Otto III. und für Dresden das Reiterstandbild des Königs Albert von Sachsen (1903 enthüllt). Er ist königlicher Professor und Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 475-476.
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