Hunt [2]

[659] Hunt (spr. hönnt), 1) James Henry Leigh, engl. Schriftsteller, geb. 19. Okt. 1784 in Southgate bei London, gest. 28. Aug. 1859 in Putney, ließ schon als Schüler der Christhospitalschule in London »Juvenilia, or a collection of poems« (1801) drucken, arbeitete hierauf längere Zeit bei seinem Bruder, einem Attorney, und erhielt sodann eine Anstellung im Kriegsministerium, die er aber wieder aufgab, um sich vorzugsweise der Theaterkritik zu widmen. In dieser Zeit schrieb er Essays über dramatische Kunst. gesammelt 1807 als »Critical essays on the performances of the London theatres«. Schonungslos in Besprechung kirchlicher und politischer Mißverhältnisse, z. B. im Pamphlet »The folly and danger of methodism« (1809), wußte er den Radikalismus in der Londoner Journalistik emporzubringen. Er begründete hierzu 1808 den »Examiner«. Wegen eines Angriffs auf den Prinz-Regenten wurde er 1813 zu zweijähriger Einkerkerung verurteilt, wofür er sich durch seinen »Report of an information, filed ex officio by the attorney general with observations«[659] rächte. Als Gefangener, der die Freiheit seiner Person durch keinen Verzicht auf die Freiheit seiner Feder erkaufen wollte, gewann er die Freundschaft von Byron, Shelley, Moore und Lamb. Später wandte er sich ausschließlich der Poesie zu und hatte Erfolg mit dem romantischen Epos »The story of Rimini« (1816); es ist Dante und Chaucer nachgeahmt, Byron gewidmet (ins Deutsche übersetzt von K. v. Meerheimb, Leipz. 1878). 1821 luden ihn Byron und Shelley nach Italien ein und ließen ihn die freidenkerische Zeitschrift »The Liberal« herausgeben (1822–23), die indessen kein Glück machte. Größeres Aufsehen erregte er später mit dem biographischen Buch »Lord Byron and some of his contemporaries« (1828). Nach Byrons Tod kehrte er nach London zurück, schrieb für fremde und eigne Reviews und fand daneben noch Zeit für einen historischen Roman: »Sir Ralph Esher, or memoirs of a gentleman of the court of Charles II.« (1832, 3. Aufl. 1836), für ein Bändchen Betrachtungen: »Christianism« (1832), das ihm die Freundschaft Carlyles eintrug, für ernste und komische Gedichte und für ein fünfaktiges Drama: »A legend of Florence«, das 1840 mit Erfolg gespielt wurde. Besonders erwähnenswert sind zwei seine Bändchen kunstkritischer Art: »Imagination and fancy« (1844) und »Wit and humour« (1846). Trotz dieser mannigfachen Tätigkeit war er mit seiner Familie in steter Geldverlegenheit, so daß Dickens 1847 für ihn zwei Liebhabervorstellungen von Ben Jonsons »Every man in his humour« veranstaltete. Seine »Autobiography« (1850, 3 Bde.; 3. Aufl. von seinem Sohne Thornton fortgesetzt, 1860; neu hrsg. von Ingpen 1903, 2 Bde.) hat Carlyle den besten Werken dieser Art gleichgestellt. Seinen letzten Jahren gehören an: »The poems of Chaucer modernised« (1841 u. 1859), »The fourth estate«, eine Geschichte der englischen Presse (1852), »Beaumont and Fletcher«, eine Blütenlese aus ihren Dramen (1855), und »Notices of Wycherley, Congreve, Vanbrugh and Farquhar« (1855). In »The religion of the heart« (1853) legte er seine Ansichten über natürliche Religion dar; 1855 sammelte er seine Epen u. d. T. »Stories in verse«. Die erste Sammelausgabe seiner »Poetical works« erschien noch bei seinen Lebzeiten in Amerika (Boston 1857, 2 Bde.); 1860 veranstaltete sein Sohn Thornton eine vollständigere Ausgabe (Lond., neugedruckt 1875), dann gab er die »Correspondence of L. H.« heraus (1862, 2 Bde.), wozu Cowden ClarkRecollections of writers«, 1878) noch viele Nachträge lieferte. Ausgewählte Gedichte und Essays gab Johnson heraus (1891, 2 Bde.). Sein Leben beschrieben C. Kent (Lond. 1891), C. Monkhouse (das. 1893) und R. B. Johnson (das. 1896).

2) George Ward, brit. Staatsmann, geb. 30. Juli 1825, gest. 29. Juli 1877, studierte in Oxford, ward 1851 Rechtsanwalt und 1857 Mitglied des Unterhauses. Er schloß sich der konservativen Partei an und machte sich namentlich durch die Energie bemerklich, mit der er die agrarischen Interessen vertrat. Er war 1866 Sekretär des Schatzes und vom Februar bis zum Dezember 1868 Kanzler des Schatzamtes unter Lord Derby. Im Kabinett Disraeli übernahm er im Februar 1874 das Marineministerium, machte sich aber durch einen die energische Verfolgung des Sklavenhandels verhindernden Erlaß sehr unpopulär.

3) William Holman, engl. Maler, geb. 1827 in London, erhielt seine Ausbildung in der dortigen königlichen Akademie und trat mit seinen Bildern zuerst 1846 auf. Er gehört zu den sogen. Präraffaeliten der englischen Schule, die den strengen Stil der italienischen Maler des 15. Jahrh. zu beleben suchten. Sein Hauptbild in dieser Richtung ist: Christus als Licht der Welt, das bei seinem Erscheinen (1855) großes Aufsehen erregte und für 5000 Pfd. Sterl. verkauft wurde. Ihm folgte Christus im Tempel lehrend. Von geistig geringerer Bedeutung, aber z. T. technisch vollendeter sind sein (schon 1851 entstandener) Valentin, der die Sylvia aus den Händen des Proteus befreit (nach Shakespeares »Zwei Edelleute von Verona«), das Erwachen des Gewissens (1855), der Sündenbock, der Schatten des Todes (1873, im Museum zu Manchester), die Flucht nach Ägypten (im Museum zu Liverpool) und das Wunder des heiligen Feuers (in der Grabeskirche zu Jerusalem). Er hat auch durch Lichteffekte hervorragende Ansichten aus dem südlichen Europa und aus dem Orient in Aquarell gemalt.

4) John, engl. Geistlicher und Schriftsteller, geb. 1827 zu Perth in Schottland, absolvierte auf der dortigen Universität seine Studien, ging dann von der presbyterianischen Kirche zur englischen Staatskirche über und lebt jetzt als Pfarrer zu Otford bei Seven Oaks. Er veröffentlichte einen Band Übersetzungen von Luthers geistlichen Liedern (1847), Gedichte von Goethe, Schiller, Bürger (1861), einen »Essay on pantheism« (1866, neue Ausg. 1893) sowie eine Reihe von theologischen Schriften: »Religious thought in England from the Reformation till the close of the last century« (1870–73, 3 Bde.; 2. Aufl. 1884), dazu als Fortsetzung: »Religious thought in England in the nineteenth century« (1896); »Contemporary essays« (1873); »Pantheism and christianity« (1884). H. beteiligte sich eifrig an der altkatholischen Bewegung und übertrug die Arbeiten von Döllinger, Reinkens und v. Schulte ins Englische. – Seine Gattin Eliza Meadows Sheppard, geb. 1845, nahm an diesen Bestrebungen tätigen Anteil und machte sich auch als Schriftstellerin einen Namen, so besonders durch den historischen Roman aus dem 3. Jahrh.: »The wards of Plotinus« (1881, 3 Bde.).

5) Alfred William, engl. Maler, geb. 1830 in Liverpool als Sohn eines Landschaftsmalers, von dem er den ersten Unterricht empfing, gest. 3. Mai 1896 in London, machte sich besonders durch Landschaften und Marinen von den Küstengegenden Englands und Schottlands bekannt, die sich durch tiefes poetisches Gefühl bei durchaus realistischer Auffassung und meisterhafter Luftperspektive auszeichnen. Zu seinen besten Ölbildern gehören: Flut und Wind, der streitige Grund und Boden, Morgennebel am Loch Maree, Goring Lock an der Themse, Mondaufgang über Bamborough, an der Küste von Yorkshire; zu seinen besten Aquarellen: die Hochöfen von Durham, Loch Torridon, Streatley an der Themse, Bamborough von der Südseite und das Getreidefeld in Northumberland.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 659-660.
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