Sauer [4]

[630] Sauer, 1) Christoph, ein deutscher Buchdrucker, gründete 1735 (1738) in Germantown bei Philadelphia eine Buchdruckerei und gab zuerst in Amerika ein deutsches Blatt heraus. 1739 legte er die erste Schriftgießerei in Amerika an und begann 1740 den Druck der Bibel nach Luthers Übersetzung. Er starb 1758, sein Geschäft seinem Sohn überlassend, der seinen Namen in Sower umwandelte. Das Geschäft besteht noch als Verlagsbuchhandlung unter der Firma Christopher Sower Co. in Philadelphia.

2) Wilhelm, Orgelbauer, geb. 23. März 1831 in Friedland (Mecklenburg), erlernte nach absolviertem Gymnasialkursus bei seinem Vater den praktischen Orgelbau, bildete sich sodann weiter aus auf Reisen nach England, der Schweiz und Frankreich (hier arbeitete er bei dem berühmtesten französischen Orgelbauer, Cavaillé-Coll in Paris) sowie durch den Besuch der angesehnsten deutschen Orgelbauanstalten, namentlich Walckers in Ludwigsburg, und etablierte sich 1857 in Frankfurt a. O. Er hat seitdem über 400 größere und kleinere Orgelwerke für das In- und Ausland hergestellt, die sehr geschätzt werden.[630]

3) Karl Theodor von, Militär, geb. 20. Dez. 1831 in Innsbruck, trat 1844 in das bayrische Kadettenkorps in München und 1852 in das 1. Artillerieregiment. 1859 wurde er Lehrer an der Kriegsschule in München, 1863 Ordonnanzoffizier des Königs Maximilian II. und 1864 Flügeladjutant des Königs Ludwig II.; in dieser Stellung nahm er am Kriege 1870/71 als Kurier des Königs teil. 1873 in den Truppendienst zurückgetreten, wurde er 1882 als Generalmajor Kommandant der Festung Germersheim und war 1887–92 als Generalleutnant Gouverneur der Festung Ingolstadt. Er lebt als General der Artillerie z. D. in München. Seit 1882 trat S. literarisch mit Anschauungen über den Festungskrieg hervor, die großes Aufsehen erregten, im weitern Verfolge anregend und nutzbringend wirkten und zum Teil auch Eingang in die deutschen Vorschriften fanden. Als einer der ersten vertrat er die Verwendung von in Gruppen zusammengefaßten gepanzerten Geschützen außerhalb der Forts, die ausgedehnte Anwendung des Wurffeuers und insbes. ein abgekürztes, in seinen Grundzügen dem Feldkrieg entnommenes Angriffsverfahren im Festungskrieg an Stelle des bis dahin herrschenden methodischen (Baubanschen) Festungsangriffs (vgl. Festungskrieg). S. war neben Brialmont (s. d.) lange Zeit die erste europäische Autorität auf dem Gebiete des Festungskriegs. Er schrieb: »Grundriß der Waffenlehre« (Münch. 1866–69, 2. Aufl. 1876; nebst Supplement: »Neue Kriegswaffen«, 1878); »Beiträge zur Taktik des Festungskriegs« (Berl. 1882); »Über Angriff und Verteidigung fester Plätze« (das. 1885); »Taktische Untersuchungen über neue Formen der Befestigungskunst« (das. 1885, auch französisch); »Über den abgekürzten Angriff gegen feste Plätze und seine Abwehr«, Vorträge (das. 1889); »Gefechtslehre und Wurffeuer« (Beiheft zum »Militär-Wochenblatt«, das. 1890).

4) August, Literarhistoriker, geb. 12. Okt. 1855 in Wiener-Neustadt, studierte in Wien, wo er 1877 promovierte, dann 1877–78 in Berlin, habilitierte sich 1879 in Wien als Privatdozent für neuere Literaturgeschichte, wurde im selben Jahre supplierender Professor für deutsche Sprache und Literatur in Lemberg, 1883 außerordentlicher Professor in Graz, 1886 in Prag, wo er 1891 zum Ordinarius seines Faches ernannt wurde. In seiner wissenschaftlichen Richtung gehört er zur Schule Wilhelm Scherers. Von seinen Schriften erwähnen wir: »J. W. von Brawe, der Schüler Lessings« (Straßb. 1878); »Über den fünffüßigen Jambus vor Lessings, Nathan'« (Wien 1878); »Studien zur Goethephilologie« (gemeinsam mit J. Minor, das. 1880); »Frauenbilder aus der Blütezeit der deutschen Literatur« (Leipz. 1885); »Gesammelte Reden und Aufsätze zur Geschichte der Literatur in Österreich und Deutschland« (Wien 1903). Namentlich aber entwickelte er eine sehr rege Tätigkeit als Herausgeber. So veröffentlichte er Ferd. Raimunds Werke (mit K. Glossy, 2. Aufl., Wien 1891), Ewald v. Kleists Werke (Berl. 1881–83, 3 Bde.), Grillparzers sämtliche Werke (4. Aufl., Stuttg. 1887, 6 Bde.; 5. Aufl., das. 1892, 20 Bde.), die Jubiläumsausgabe von Grillparzers Gedichten (das. 1891), Uz' »Sämtliche poetische Schriften« (Heilbr. 1890), »Die deutschen Säkulardichtungen an der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts« (Berl. 1901), den »Briefwechsel zwischen Goethe und Kaspar Graf Sternberg« (Prag 1902), »Goethe und Österreich. Briefe mit Erläuterungen« (Weim. 1902–04, 2 Bde.), »Grillparzers Gespräche« (Wien 1904–06, 3 Bde.). Für Kürschners »Deutsche Nationalliteratur« besorgte er die Ausgaben der »Stürmer und Dränger« (3 Bde.) und von »Bürgers Gedichten«, für die Weimarsche Goethe-Ausgabe den »Götz von Berlichingen«. Auch lieferte er Beiträge zur 2. Auflage von Goedekes »Grundriß«, redigierte 1894–1904 die von Seuffert begründeten »Literaturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts« und ist noch jetzt Leiter der literarhistorischen Zeitschrift »Euphorion« (Bamb. 1894 ff., jetzt Wien) und der deutsch-böhmischen Monatsschrift »Deutsche Arbeit« (Prag 1901 ff.).

5) Emil, Klavierspieler, geb. 8. Okt. 1862 in Hamburg, erhielt auf Empfehlung Anton Rubinsteins seine Ausbildung durch Nikolaus Rubinstein am Moskauer Konservatorium, machte sich seit 1882 durch Konzertreisen bekannt, studierte aber noch 1884 bei Liszt. 1901 bis 1907 war er Meisterschullehrer für Klavierspiel am Wiener Konservatorium. S. trat auch als Klavierkomponist auf (Konzert E-moll) und schrieb: »Meine Welt, Bilder aus dem Geheimsache meiner Kunst und meines Lebens« (Stuttg. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 630-631.
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