Amerika [2]

[412] Amerika (Geogr.), ein den Alten wahrscheinlich unbekannter, seit längerer Zeit in der Nordwestküste befahrener, aber seit 1492 durch Columbus Entdeckung schnell bekannt gewordener, nach Amerigo Vespucci (s. Amerika [gesch. Geogr.]) benannter Erdtheil, begreift das Festland der westlichen Halbkugel, mit den darum liegenden Inseln, grenzt südlich an das Südliche Eismeer, östlich an das Atlantische, westlich an das Stille Meer, nördlich an das Nördliche Eismeer, u. reicht mit Cap Forward bis nahe 54° südl. Br., u. mit der äußersten Spitze von Boothialand bis nahe an 72° nördl. Br. Die Ausdehnung des Landes von N. nach S. beträgt fast 2000, die größte Breite südlich vom Äquator, nahe an 700 Ml., während unter 45° nördl. Br. die größte Ausdehnung 680 Ml. von O. nach W. beträgt; die geringste Breite beträgt an der Landenge von Panama nur 6 Ml. Der Flächengehalt wird zu 663,000 (von Anderen zu 730,000) QM. angegeben, so daß, da die Küstenlänge am Großen Ocean 3530 Ml., am Atlantischen Ocean 5120 Ml. u. am Eismeer 750 Ml. beträgt, auf je 70 QM. Bodenfläche 1 Ml. Küstenlänge kommt. Eingetheilt wird A. in Nord- u. Süd-A., welche durch die Landenge von Panama verbunden sind u. von denen ersteres 341,600, letzteres 321,400 QM. umfaßt. Nord-A., mehr gegliedert als Süd-A hat 6000 Ml. Küste u. daher auf 57 QM. 1 Ml. Küste, während in Süd-A. erst auf 94 QM. 1 Ml. kommt. Gebirge: die Cordilleren (Cordilleras de los Andes) ziehen sich am Westrande A-s von der südlichsten Spitze bis nach dem Nördlichen Eismeere unter verschiedenen Namen hin u. haben bei einer Ausdehnung von mehr als 2000 Ml. ihre höchsten Spitzen in Süd-A. (Aconcagua 21,767 Fuß, Sorata, Illimani, Chimborasso), haben viele Vulkane, namentlich in Mexico, sind metallreich u. werden auf der Ostseite fast ununterbrochen von einem großen Tieflande begleitet. Diese unermeßliche Ebene, welche nur um die Mitte des Erdtheils durch ein Küstengebirge u. einen Meerbusen unterbrochen wird, so wie die Cordilleren sind es, welche der Oberflächengestalt A-s ihren eigenthümlichen Charakter ertheilen u. durch deren entschiedenes Vorherrschen die Einfachheit in den Bau von A. bedingt wird, welche dieser Welttheil der Alten Welt gegenüber darbietet. Außerdem sind noch einzelne Gebirgsglieder: Sierra Nevada de Santa Marta, die Küstenkette von Venezuela, Sierra Parime, Brasilianisches Gebirge in Süd-A., u. in Nord-A., die Alleghany. Vorgebirge: Cap Forward (östlich), Cap Blanco, Lucas, Mendocino, Prinz Wales (westlich), Eiscap, Franklin, Bathurst, Turnagain, Cap Alexander (nördlich), Farewell, Roche, Frio (westlich). A. hat eine Menge Flüsse, davon die größten Amazonenstrom (Marañon), Orinoco, La Plata (in Süd-A.), Mississippi, St. Lorenz, Mackenzie (in Nord-A.), alle mit zahlreichen Nebenflüssen. Seen: Titicaca u. Xarayes im S., die Canadischen Seen, der Utahsee, der Bären-, Sklavensee u. a. im N. Meerbusen: der Mexicanische, der St. Lorenz, Hudson, Bassin, Californische etc. Die Ausdehnung des Landes vom NPol bis 54° südl. Br. vereinigt hier alle Klimate der Welt. Die Hitze wird durch hohe Berge mit Schneespitzen u. Hochebenen (bis zu 13,000 Fuß über dem Meere), durch die Nähe der See, durch viele u. große Flüsse u. heftige Stürme gemäßigt, die gemäßigten Länder sind kälter, als die in gleicher Breite liegenden Europas. A. ist ein üppiges Land; unermeßliche Urwälder mit Riesenstämmen ziehen sich durch seine großen Ebenen u. dienen Schaaren von Affen, Kolibris u. Papageien, so wie vielen Tigern u. anderen Raubthieren zum Aufenthalt; andere Ebenen sind mit Manglebäumen überzogen od. bilden unermeßliche Grasflächen, auf welchen Rinder u. Pferde in großen Heerden weiden; s. Savannen, Pampas, Llanos; in den großen Flüssen gibt es Schlangen u. Alligators. Producte: Gold, Eisen, Kupfer, mehr noch Silber, Diamanten u. a. Mineralien; das Meer ist reich an Thieren aller Art: Wale, Kabeljau, Eisbäre, Seehunde u. dgl. Die Waldungen geben Färbe-, Bau- u. Tischlerhölzer (Mahagony, Campesche, Eichen, Fernambuk), wie auch Gewürze (Vanille) u. Arzneien (China, Ipekakuanha, Sassaparille). Das Klima macht den Anbau des Zuckers, Kaffees u. vieler Gewürze leicht; eigenthümlich sind Kartoffeln, Tabak, Vanille u. a., von Thieren Meerkatzen, Tapirs, Faulthiere, Ameisenbären, Llama, Kuguare, Bison, Kondors, Truthühner Kolibris, Klapperschlangen, Truthühner u. m. Durch Europäer sind von Thieren einheimisch geworden: Pferde, Schafe, Rinder, Schweine. Einwohner: 48–50 Mill., darunter etwa 20 Mill. kaukasischer Race, 8 Mill. Neger, 10 Mill. Mischlinge mit äthiopischem Blute, 12 Mill. Ureinwohner u. Mischlinge mit diesen (Indianer u. Eskimos). Die Indianer haben rothe Haut, schwarze steife Haare, breites Gesicht, vorragende Backenknochen, stumpfe Nase mit vorstehendem Rücken, tiefe Augen, dicke Lippen, wenig Bart; hatten schon viel Cultur, sind aber von den Europäern in die Wildniß getrieben worden, nähren sich jetzt meist von Jagd, u. nur der gebildetere Theil hat europäische Verfassungen angenommen. Eingewandert sind Europäer (Spanier, Deutsche, Briten, Portugiesen, Russen) zusammen gegen 15 Mill.; Afrikaner (Neger) gegen 6 Mill.; hierher sind die Mischlinge (Kreolen, Mulatten, Mestizen, Zambos u. A.) zu rechnen. Die Sprachen, die hier geredet werden, sind meist die europäischen, am ausgebreitetsten ist die englische Sprache (171/2 Mill.), spanisch reden etwa 131/2 Mill., portugiesisch 4 Mill., 121/2 Mill. reden die einheimischen Sprachen, französisch 1 Mill., deutsch, dänisch, schwedisch, holländisch, russisch etwa[412] 11 Mill. Einwohner; die Ureinwohner reden verschiedene, s. Amerikanische Sprachen. Die Beschäftigung ist bei den cultivirten Einwohnern die der Europäer, vorzüglich Handel, dann Plantagenbau, Viehzucht (große Heerden verwilderter Hausthiere auf den weiten Ebenen), Bergbau etc.; beiden uncultivirten Jagd u. Fischerei. Die herrschende Religion ist die christliche, es werden alle Parteien geduldet, die Indianer sind meist Fetischanbeter, zum Theil Menschenfresser. Auch Juden sind einheimisch geworden. Die Regierungsformen sind verschieden; die Indianer werden größtentheils von Oberhäuptern regiert. Weiteres s. bei Nord- u. Südamerika, Westindien u. bei den Namen der einzelnen Länder.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 412-413.
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