Kiefer [2]

[468] Kiefer, Unterabtheilung der Pflanzengattung Pinus, Nadelholz; hat 2–5 Nadeln aus Einer Scheide, keulförmige Zapfenschuppen, die Zapfen reisen erst im Herbst des zweiten Jahres; Arten: a) Gemeine K. (P. sylvestris), mit zwei (selten drei) Nadeln aus Einer Scheide u. meist zu zwei beisammenstehenden, hängenden Zapfen; wird gegen 80 Fuß hoch, 3–4 Fuß dick, 180 Jahre alt; Stamm: schießt in geschlossenem Stande gerade in die Höhe; einzeln stehend ist ihr Wuchs unregelmäßiger, die Aste breiten sich mehr aus u. die K. wird mehr walzen-, als kegelförmig; solche Kiefern, auf sehr gutem Boden gewachsen, nennt man Graskiefern; die Pfahlwurzel geht 3–4 Fuß tief; Rinde: graubraun od. rothgrau, sehr stark aufgerissen u. blätterig; Holz: rostgelb u. braun gestreift, sehr harzig, fest, zäh u. spaltig; Nadeln: 11–2 Zoll lang, zugespitzt, schmutziggrün dauern drei Jahre u. fallen im Frühjahr ab. Die K. blüht von Mitte Mai bis Mitte Juni; die männlichen Blüthen kommen mit den jungen Trieben aus den Knospen u. streuen eine solche Menge Blumenstaub aus, daß sein Fortführen durch Wind u. sein Herabfallen mit dem Regen die Sage von dem Schwefelregen veranlaßt hat. Die weiblichen Kätzchen sitzen zu 2–4 an den Spitzen der Zweige als hochrothe Zäpfchen in der Höhe. Nach geschehener Befruchtung senken sich die Zäpfchen, werden grün u. wachsen bis Mitte Juli zu der Größe einer Erbse, erst im folgenden Jahre wird der Wuchs kräftiger, im October des zweiten Jahres reisen sie (Kieferzapfen, Kieferapfel), u. der Samen bleibt noch in ihnen u. fliegt erst im dritten Frühjahre aus. Die Zapfen werden dann braun. Man gewinnt den Kiefersamen durch, im zweiten Winter gesammelte Zapfen u. säet diesen entweder einzeln, od. die Zapfen selbst im Frühjahr od. Herbst aus. Der Samen wird 1/81/4 Zoll hoch mit lockerer Erde bedeckt. Die jungen Pflanzen kommen bei der Frühlingssaat nach einigen Wochen, bei der Herbstsaat im nächsten Frühjahr in 4–5 Nadeln, von der Samenhülle umschlossen, zum Vorschein, wachsen im nächsten Jahre einige Zoll hoch, dann aber so rasch, daß nach 8–10 Jahren sich schon Hochwild in den Kiefersaaten verstecken kann. Die K. geräth auf jedem Boden, außer dem nassen u. brüchigen, bes. aber in, mit Dammerde u. Lehm-, auch in Sandboden. Die K. darf nicht im Schatten stehen, sondern muß auf Blößen erzogen werden; auf sehr trockenem Boden muß man die Saaten einige Jahre lang mit Kieferzweigen bedeckt halten. Mit 100–120 Jahren wird sie haubar. Vaterland: Mittel- u. Nordeuropa bis zum 67°; Stand: besser auf Ebenen u. Anhöhen, als auf Bergen, wo bes. der Anhang u. Schnee oft ihre Äste bricht. Feinde: viele Insecten, bes. die Kiefer- u. Fichtenraupen (s.d.), auch manche Käfer. Jungen Kiefern schadet das Abfallen der Nadeln (Schütten). Vom Kieferholz wiegt der Kubikfuß frisch 601 Pfund, halbtrocken 48 Pfund, ganz dürr 361 Pfund. Die Hitzkraft desselben erreicht fast die des Buchenholzes (1595: 1600) u. übertrifft sie noch verkohlt (1724: 1600), also auch die des Eichenholzes. Das sehr von Harz durchdrungene Kiefernholz nennt man Kien; derselbe dient zu Theer-, Pech- u. Kienrußschwelen (s.d. a.), so wie zum Anmachen des Feuers; den besten Kien (Stockkien) liefern die Wurzelstöcke (Kienstöcke); der Kien aus dem fetten Kerne alter Kiefern heißt Baumkien. Die im Mai an den Enden der Kieferzweige hervorkommenden, walzenförmigen, außen mit dünnen, braunen Schuppen besetzten jungen Triebe (Kiefersprossen, Turiones pini), sind von balsamischem Geruch u. von säuerlich bitterem, harzigem Geschmack, dienen als urin- u. schweißtreibendes, blutreinigendes Mittel, gegen Scorbut, Wassersucht, Gicht etc., meist bei Frühlingskuren, im Aufguß mit Wasser, Wein od. Bier (auch bei diesem als Zusatz zu dem Hopfen); sie haben an der Raupe des Kieferwicklers (Tinea resinana) einen zerstörenden Feind. b) Bergkiefer (Krummholzkiefer, Krummholz, Zwergkiefer, P. montana, od. P. pumilio, od. P. mughus Scop.), legt sich mit armdicken Ästen 20–30 Fuß in mancherlei Biegungen auf der Erde hin, schlägt zuweilen wieder Wurzel u. steigt am Ende 4–6 Fuß in die Höhe; wächst 60–70 Jahre, wird 100–200 Jahre alt. Das Krumholzöl ist arzneikräftig. Das Holz ist ein gutes Brennholz, u. die zähen, schlanken Zweige dienen zu Faßbändern, Floßwieden u. allerlei Schnitzwerk für Kinder, sie ist fest u. voll balsamischen Harzes; Vaterland: der Moor- u. Torfgrund der hohen Alpengegenden in Ungarn, Corsica, der Schweiz, Schlesien, Salzburg u. Krain. Auch gibt es noch eine verkümmerte Varietät mit ähnlichem Wuchs, aber weniger stumpfen Zapfen; die Schuppen weniger stachelspitz. c) Meerkiefer (Strandkiefer, P. maritima), wächst auf Bergen von Italien u. dem südlichen Frankreich, auch in Taurien wild, leidet in nördlichen Gegenden aber leicht vom Frost; auch steht sie wegen geringeren Harzgehaltes der Gemeinen K. sehr nach; in Frankreich benutzt man sie zu Weinrebenstöcken. Weymouthskiefer (P. strobus), häufig in deutschen Holzanlagen cultivirter, in Nordamerika heimischer, daselbst in den Besitzungen des Lords Weymouth zuerst genauer beobachteter Baum, mit geradem, an 100 Fuß hoch werdendem, glattem, weißlich-aschgrauem Stamm,[468] hellgrünen, dünnen, 21–3 Zoll langen, zu fünf aus Einer Scheide kommenden Nadelblättern, hellrother weiblicher Blüthe, walzenförmigen, herabhängenden, an der Spitze gekrümmten, im zweiten Jahre im September reisenden Zapfen, die sogleich den Samen fliegen lassen; wird wie die Gemeine K. angebaut, doch geht der Samen, wenn er nicht ganz frisch ist, zuweilen erst das Jahr nach dem Säen auf. Diese K. wächst Anfangs sehr schnell, später langsam, hat ein weiches, aber zähes, weißes, nutzbares Holz u. aus der Rinde dringt im Frühjahr ein seines, wasserhelles, wohlriechendes Harz. e) Weihrauchskiefer (P. taeda), in Virginien u. Canada heimischer, auch bei uns im Freien ausdauernder, in Gartenanlagen cultivirter Baum, mit spannenlangen, hellgrünen Nadeln, länglichlanzettförmigen, gehäuft stehenden Zapfen, ein angenehm riechendes Harz ausschwitzend. f) Sumpfkiefer (Pinus palustris Willd.), sehr starker, ansehnlicher Baum an sandigen Orten, von Virginien bis zu dem Mexicanischen Busen, mit gedreiten, gegen das Ende der Zweige büschelförmig zusammenstehenden, fast fußlangen glänzend grünen Nadeln u. großgeflügelten eßbaren Samen; g) Schwarzkiefer (Pinus nigra Link), hoher Baum in Unterösterreich, Kroatien, Ungarn etc., unterscheidet sich von der Gemeinen Kiefer, die sie an Harzgehalt weit übertrifft, durch schwärzliche Farbe des oberen Theils des Stammes u. der Aste, dickere, schwärzlich grüne, nie weißlich bestäubte Nadeln, 2–3 Zoll u. darüber lange, an der Basis abgerundete u. zuletzt flache, an dem Ende der Hauptschuppe oft mit einem Stachel versehenen Zapfen, größere Flügelfrüchte. Außerdem hat man noch andere Arten, wie die Italienische K. (P. pinaster), Starre K. (P. rigida), die zum Theil vielleicht Variationen der Gemeinen K. sind.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 468-469.
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