York [3]

[472] York, 1) Hans David Ludwig Graf Y. von Wartenburg, stammte aus einer englischen Familie, welche sich in Hinterpommern ansässig gemacht hatte, geb. 26. Sept. 1759, wahrscheinlich auf dem väterlichen Gute Gustkow in Hinterpommern, trat 1772 als Junker in preußische Dienste, wurde 1775 Fähnrich u. 1777 Lieutenant, wohnte dem Feldzuge von 1778 bei u. wurde 1780 wegen eines Subordinationsvergehens cassirt u. auf die Festung in Königsberg gesetzt; 1781 trat er als Capitän in holländische Dienste, stand 1783 u. 1784 in Ostindien u. auf dem Cap der guten Hoffnung, ging aber 1785 nach Preußen zurück, trat 1786 als Capitän in das neu errichtete Füsilierbataillon Plüskow, befehligte 1794 ein Füsilierbataillon gegen die Polen u. wurde dann Major. 1797 errichtete Y. zu Johannisburg in Preußen ein eigenes Fußjägerregiment u. wurde 1799 Commandeur desselben, 1800 Oberstlieutenant, 1803 Oberst u. 1805 Regimentschef u. Brigadier. 1806 stand er bei dem Corps des Herzogs von Weimar, deckte bei Sandau den Übergang desselben über die Elbe u. wurde in Lübeck schwer verwundet u. gefangen. Mit Blücher zugleich ausgewechselt, kam er im Frühjahr 1807 zur Armee nach Preußen, wurde zum Generalmajor befördert u. nach dem Frieden erst Commandeur der Reserve u. 1808 der westpreußischen Brigade. 1810 erhielt er die Generalinspection über die leichte Infanterie, in welcher Stellung er die taktischen Körper so ausbildete u. belebte, wie sie demnächst der Krieg bewähren sollte, u. wurde 1811 Generalgouverneur von Preußen. 1812 zog er als Generallieutenant mit dem preußischen Hülfscorps unter Grawert, welches zu dem Macdonaldschen Corps gehörte, gegen Rußland u. übernahm, nachdem General Grawert im August 1812 wegen Kränklichkeit das Corps verlassen hatte, das Commando über dasselbe. Y. stand Anfangs in gutem Vernehmen mit dem Marschall Macdonald, bald aber traten Mißverhältnisse ein, aber dennoch focht Y. mit seinem Corps tapfer gegen die Russen, wie bes. bei Bauske u. bei der Abwehr des Angriffs auf den zur Belagerung Rigas bestimmten französischen Artilleriepark. Als am 18. December 1812 die französische Armee auf dem Rückzug vernichtet war u. das Macdonaldsche Armeecorps auch den Rückzug antrat, erhielt Y. die Führung der Nachhut, welche aus 14 Bataillonen u. 8 Escadronen Preußen bestand, schloß aber, ohne von seinem König dazu autorisirt zu sein, jedoch in dem Bewußtsein, daß die Stunde zur Befreiung Preußens u. Deutschlands von dem französischen Joche geschlagen habe, am 30. Dec. 1812 in der Mühle von Poscherau eine Convention mit dem russischen General Diebitsch, vermöge welcher seine Truppen neutral blieben u. zwischen Tilsit u. Memel Cantonirungsquartiere bezogen (s. Russisch-deutscher Krieg S. 569). Der König von Preußen tadelte zwar zum Schein Y-s Benehmen, ließ aber Y. den Befehl über sein Corps, u. nachdem dasselbe in Preußen complettirt worden war, führte er es an die Elbe, focht am 5. April 1813 siegreich bei Dannigkow gegen den Vicekönig von Italien u. am 19. Mai bei Weißig gegen Lauriston (s. ebd. S. 574) u. nahm an der Schlacht bei Bautzen Antheil. Nach dem Waffenstillstand befehligte Y. das erste preußische Corps, welches bei der Schlesischen Armee stand, entschied mit ihm die Schlacht an der Katzbach (26. August) u. erzwang am 3. October bei Wartenburg den Übergang über die Elbe. Am 16. October schlug Y. den Marschall Marmont bei Möckern u. lieferte den Franzosen am 20. October das Gefecht bei Freiburg an der Unstrut. Zum General der Infanterie ernannt, zog er mit nach Frankreich, rettete am 11. Februar 1814 bei Montmirail das Sackensche Corps vom[472] Untergange, entschied am 9. März bei Laon u. kämpfte in der Schlacht von Paris am 30. März. Nach dem Frieden von Paris wurde Y. am 3. Juni 1814 zum Grafen von Wartenburg erhoben, begleitete die Monarchen nach London u. wurde Generalgouverneur von Schlesien, wo er Klein-Öls als Dotation erhielt. Nach der Rückkehr Napoleons erhielt er das 5. Armeecorps. Nach dem zweiten Pariser Frieden nahm er seinen Abschied u. zog sich auf sein Schloß in Klein-Öls in Schlesien zurück. Er wurde 5. Mai 1821 vom König zum Feldmarschall ernannt u. st. 4. October 1830 in Klein-Öls. Vgl. Seydlitz, Tagebuch des preußischen Armeecorps im Feldzuge 1812, Berl. 1823; Droysen, Das Leben des Feldmarschalls Grafen Y. von Wartenburg, ebd. 1851, 3 Bde., ohne Beilagen 2 Bde., ebd. 1854, 4. A. Lpz. 1863, 4 Bde. Jetziger Chef ist: 2) Graf Ludwig, Sohn des Vor., geb. 31. Mai. 1805; er ist Majoratsherr der Herrschaften Klein-Öls u. Bischwitz u. der Rittergüter Gaulau, Krausenau, Kauern u. Weigwitz u. Erbherr der Fideicommißgüter Schleibitz, Durndorf u. Püchlau, sämmtlich in Schlesien, erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses u. seit 1849 in zweiter Ehe vermählt mit Nina von Olfers; sein ältester Sohn aus erster Ehe (mit der 1845 verstorbenen Bertha geb. von Brause) ist Paul, geb. 1835.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 472-473.
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