Reis

Reis

[664] Reis (der) oder Reiß gehört zu den wichtigsten Getreidearten, liefert namentlich in China, Japan, Ostindien und andern asiat. Ländern für einen großen Theil der Bevölkerung das vornehmste Nahrungsmittel, wird aber auch in Afrika, auf den Inseln und Festlande von Amerika und besonders umfänglich in Südcarolina, wo er 1693 aus Madagaskar eingeführt wurde, sowie im südl. Europa (Spanien, Italien, osman. Reich) angebaut.

Er treibt 3–4 F. hohe, etwas stärkere Halme als der Weizen, mit schilfähnlichen Blättern und denen des Hafers ähnlichen Ähren, die aber viel dichter und büschelförmiger sind. Die beiden Hauptarten desselben sind der Bergreis und der Sumpfreis, von denen es aber eine Menge Abarten gibt. Vom Sumpfreis gibt es welchen mit langen Grannen an den Ähren, der zur Zeit der Reise sehr bleich gefärbt ist, aber 6–8 Monat zur Zeitigung braucht, und andern ohne Grannen, welcher binnen 4 Monaten reist und daher auch Frühreis heißt. Beide kommen aber blos in sehr feuchtem und sumpfigem Boden fort und zum Gedeihen des letztern ist außerdem erfoderlich, daß das Land einen Fuß tief unter Wasser gesetzt werden kann. Diese Gattung wird am häufigsten angebaut, das dazu bestimmte Land durch Dämme in angemessene große Abtheilungen geschieden, nur flach geackert, dann völlig geebnet und wenn der vorher dicht ausgesäete und einige Zoll hoch unter Wasser gesetzte Reis zu fußhohen Pflanzen herangewachsen ist, was binnen drei Wochen höchstens der Fall ist, damit reihenweise und etwa zu sechs Zoll Entfernung voneinander bepflanzt. Das Wasser bleibt nun bis zu Anfang der Reise des Reises auf dem Felde stehen, wird dann aber zur Beschleunigung derselben vermindert. Bei der Ernte werden zuerst die Ähren abgeschnitten, getrocknet und nachher auf ausgebreiteten Matten am Boden durch Ochsen, Maschinen oder Sklaven ausgedroschen, wo es deren noch gibt; endlich werden die Körner auf Mühlen von den Hülsen befreit und wenn sie lange aufbewahrt oder über See versendet werden sollen, in der Sonnenhitze oder mittels künstlicher Wärme gedörrt. Der Bergreis kommt zwar auf trockenem Boden fort und hat schwächere Halme als der vorige, bedarf aber doch auch eines mehr feuchten als dürren, gut gedüngten Landes und gibt keinen so hohen Ertrag, allein weißere und schwerere Körner. Von dem in Mexico und Peru angebauten sogenannten peruanischen Reis, welcher auch dort die Hauptnahrung der Einwohner abgibt, werden die Blätter als Gemüse genossen. In den Handel kommen die von den Hülsen gereinigten Körner des Reises und man unterscheidet bei uns hauptsächlich ital. und Carolina-Reis aus Nordamerika, von welchen der letztere weißer sieht, länger geformt und überhaupt der vorzüglichere ist. Genossen wird er bei uns in den mannichfaltigsten Zubereitungen als Suppe, Gemüse, Pudding u.s.w.; in der Türkei und einem großen Theile von Asien bereitet man daraus den beliebten Pillau, welcher theils blos aus Reis besteht, der in Fleischbrühe gekocht ist, theils noch einen Zusatz von Hammelfleisch und Geflügel erhält, immer aber eine steife Masse [664] bildet, die sich bequem mit den Fingern zum Munde führen läßt. Die Türken bereiten ferner aus gemahlenem Reis eine Art Bier, Boza genannt, die Chinesen und Japaner ein weinartiges Getränk Namens Sacki, und auch zum Arak (s.d.) wird Reis verwendet. Dieser ist ein der Gesundheit sehr zuträgliches Nahrungsmittel und enthält auf hundert etwa 85 Theile Stärkmehl, aber blos drei Theile Kleber, weshalb sich aus Reismehl allein kein Brod backen läßt. Wo der Anbau des Reises im Großen betrieben wird, sind jedoch die Ausdünstungen der Reisfelder, sowie, daß bei vielen darauf vorzunehmenden Arbeiten, wie z.B. bei dem hier vorgestellten Pflanzen des Reises, die Leute im Wasser oder Sumpfe waten müssen, die Veranlassung von bösartigen Fiebern und andern Krankheiten. Die nördlichste Gegend, wo der Reisbau in Europa heimisch ist, sind die Niederungen am Po in Oberitalien; man hat jedoch an mehren Orten in Deutschland wiederholte, nicht immer ungünstige Versuche damit gemacht und 1839 auch bei Brünn in Mähren mit Erfolg Reis gebaut, sodaß es wenig zweifelhaft ist, es werde sich bei richtiger Auswahl unter ihren Arten, diese Getreideart, welche höher im Preise steht als die andern und beständig Gegenstand eines ausgebreiteten Handels ist, auch bei uns einbürgern lassen. – Reisvögel heißen mehre Arten aus der Familie der Sperlingsvögel, welche mit Vorliebe sich von Reiskörnern nähren und den Reisfeldern dadurch sehr schädlich werden. Es gehören dahin: die Reisammer von der Größe eines Sperlings, welche schwarze Federn mit gelbrothen Rändern hat, gelb im Nacken und weiß an den Schultern sieht, in Nordamerika heimisch ist und oft so fett wird, daß sie kaum fliegen kann, sowie mehre in Ostindien lebende Vögel der Art, die auch mitunter nach Europa gebracht und ihres schönen Gefieders wegen im Käfig gehalten werden und von denen auch die zarten Reisvogelfedern kommen, welche in Ostindien zu Palatinen, Müssen und dergl. verarbeitet werden. – Reisbesen werden in Oberitalien aus Reisstroh, aber auch aus Mais- und Hirsehalmen zum Verkauf nach Frankreich und Deutschland gebunden und zum Reinigen von Tuchkleidern gebraucht, welche davon, wie man glaubt, weniger als von Haarbürsten angegriffen werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 664-665.
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