Victor-Perrin

[557] Victor-Perrin, 1) Claude V.-P., Herzog von Belluno, geb. 7. Dec. 1764 zu La Marche in Lothringen; trat 1781 als Gemeiner in die französische Artillerie, nahm 1789 seinen Abschied u. trat 1792 in ein Freiwilligenbataillon; er zeichnete sich 1793 vor Toulon so aus, daß er Brigadegeneral wurde. Bis 1795 diente er gegen Spanien u. wurde 1796 zur Armee von Italien versetzt; 1797 zum Divisionsgeneral ernannt, siegte er über die päpstlichen Truppen am Senio, eroberte Ancona u. zwang dadurch den Papst zum Frieden von Tolentino. Von Ende 1797–99 befehligte V. in der Vendée, kehrte aber nach Wiederausbruch der Feindseligkeiten in Italien dahin zurück, focht mit seiner Division bei St. Lucie, Villafranca, Alessandria, an der Trebia u. bei Novi u. befehligte bei Marengo das erste Corps. Im Juli 1800 trat er als Lieutenant des Generals-en-chef in die Gallo-batavische Armee. 1805 wurde er französischer Gesandter in Kopenhagen u. blieb dort bis zum Anfang des Kriegs mit Preußen; er sollte Ende 1806 den Oberbefehl über das neu errichtete polnische u. deutsche Armeecorps übernehmen, wurde aber am 12. Jan. 1807 von Schills Freicorps bei Stargard gefangen, jedoch bald wieder gegen Blücher ausgewechselt u. belagerte Graudenz. Bei Friedland befehligte V. ein Armeecorps auf dem rechten französischen Flügel, mit welchem er die russische Garde warf, Friedland eroberte u. so entschieden zum Siege beitrug; Napoleon ernannte ihn auf dem Schlachtfelde zum Marschall u. übertrug ihm nach dem Waffenstillstand das Gouvernement von Berlin, welches er 15 Monate verwaltete. Gegen Ende 1808 übernahm V. das Commando des ersten Corps in Spanien, siegte 1808 bei Espinosa u. in der Somosierra, erstürmte am 3. Decbr. d. J. das Schloß Buen Retiro bei Madrid u. schlug am 19. März 1809 den spanischen General Cuesta bei Medellin, verlor aber die Schlacht bei Talavera gegen Wellington u. leitete hierauf die Belagerung von Cadix, bis er 1812 zur Armee nach Rußland berufen wurde, wo er das neunte Corps befehligte Beim Beginn des Feldzugs war er wieder Gouverneur von Berlin, dann folgte er dem Heere bis Smolensk u. vereinigte sich später mit dem zweiten u. sechsten Corps (Oudinot u. St. Cyr) gegen Wittgenstein u. deckte an der Beresina den Übergang. 1813 commandirte er das zweite Corps u. focht bei Dresden, Leipzig u. Hanau. 1814 vertheidigte er die Vogesen gegen die Russen, zog sich dann an die Maas zurück u. versäumte im Februar die Besetzung der Brücke von Montereau, weshalb ihm Napoleon das Commando seines Corps nahm u. dem General Gerard übertrug, aber gerührt durch V-s Verlangen als Grenadier unter die Garde treten zu wollen, übertrug er ihm bald darauf den Oberbefehl über zwei Divisionen der jungen Garde, mit denen er bei Craonne focht. Nach der ersten Restauration, wurde V. Gouverneur der zweiten Militärdivision u. folgte im April 1815 Ludwig XVIII. nach Gent, worauf ihn der König nach seiner Rückkehr zum Majorgeneral der Garde, zum Pair des Reichs u. zum Chef der Commission ernannte, welche über das Betragen der Offiziere während der Hundert Tage zu richten hatte. Im Dec. 1821 wurde er Kriegsminister u. im März 1823 Majorgeneral der Pyrenäenarmee, bei welcher er aber blos wenige Tage blieb, dann im April nach Paris zurückkehrte u. das Kriegsministerium wieder übernahm. V. wurde nach der französischen Intervention in Spanien mit in die Ouvrardschen Händel (s. Ouvrard) verwickelt, weshalb er sein Portefeuille abgab. Zum Gesandten in Wien bestimmt, wurde er dort nicht angenommen, weil der Wiener Hof seinen herzoglichen Titel von Belluno nicht anerkannte. Er lebte von nun an in Zurückgezogenheit, trat nach der Julirevolution für die Bourbons auf u. st. 1. März 1841 in Paris; ihm wurde zu La Marche ein Standbild errichtet. 2) Francois, Sohn des Vor., geb. 24. Oct. 1796,[557] wurde 9. Febr. 1853 von Napoleon III. zum Senator ernannt u. starb 2. Dec. 1853.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 557-558.
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