Eichhorn

[427] Eichhorn, 1) Johann Gottfried, Orientalist und Historiker, geb. 16. Okt. 1752 zu Dörrenzimmern im Fürstentum Hohenlohe-Öhringen, gest. 25. Juni 1827 in Göttingen, wurde 1775 Professor der orientalischen Sprachen zu Jena, 1788 zu Göttingen, 1813 dort Mitdirektor der königlichen Sozietät der Wissenschaften und 1819 Geheimer Justizrat. Er schrieb unter anderm: »Allgemeine Geschichte der Kultur und Literatur des neuern Europa« (Götting. 1796–99, 2 Bde.; unvollendet); »Übersicht der französischen Revolution« (das. 1797, 2 Bde.); »Geschichte der Literatur von ihrem Anfang bis auf die neuesten Zeiten« (das. 1805–13, 6 Bde.; Bd. 1, 2. Aufl. 1821, unvollendet). In seinen Bearbeitungen der »Historischkritischen Einleitung in das Alte Testament« (Leipz. 1780–83, 3 Bde.; 4. Aufl., Götting. 1824, 5 Bde.) und der »Einleitung in das Neue Testament« (das. 1804–14, 3 Bde.; neue Aufl. 1820–27, 5 Bde.) lieferte er das erste Beispiel einer rein literarhistorischen, auf Kenntnis des Altertums und Morgenlandes gegründeten kritischen Behandlung der biblischen Urkunden. Er gab auch das »Repertorium für biblische und morgenländische Literatur« (Götting. 1777–86, 18 Bde.) und die »Allgemeine Bibliothek der biblischen Literatur« (Leipz. 1787–1801, 10 Bde.) heraus.

2) Johann Albrecht Friedrich, preuß. Staatsmann und Rechtsgelehrter, geb. 2. März 1779 in Wertheim a. M., gest. 16. Jan. 1856 in Berlin, studierte 1796–99 die Rechte und Geschichte in Göttingen, trat 1800 in den Justizdienst und wurde 1810 Kammergerichtsrat und zugleich Syndikus bei der neuerrichteten Universität zu Berlin. Dem Kreise patriotischer Männer, die an Preußens Wiedergeburt arbeiteten, angehörend, ward E. 1813 Mitglied des Ausschusses für Landwehr und Landsturm zu Berlin und folgte im August d. J. als Freiwilliger dem[427] Blücherschen Hauptquartier. Nach der Einnahme von Leipzig vom Minister vom Stein zum Mitglied der Zentralverwaltung der gegen Frankreich verbündeten Mächte über die eroberten deutschen Lande berufen, beschrieb C. die Wirksamkeit derselben in der anonymen Schrift »Die Zentralverwaltung der Verbündeten unter dem Freiherrn vom Stein« (Deutschland 1814). 1815 mit der Unterstützung des Ministers Altenstein in der Verwaltung der besetzten französischen Provinzen beauftragt, sorgte er für die Wiedererlangung der geraubten deutschen Schätze der Wissenschaft und Kunst. Sodann zum Geheimen Legationsrat im Ministerium des Auswärtigen, später zum vortragenden Rat bei dem Staatskanzler v. Hardenberg und 1817 zum Mitglied des Staatsrats ernannt, bearbeitete E. besonders die deutschen Angelegenheiten, erwarb sich um die Gründung des Zoll vereins die größten Verdienste und war unausgesetzt dafür tätig, Preußens Einfluß in Deutschland zu verstärken. Seit 1831 Direktor im Ministerium des Auswärtigen, ward er im Oktober 1840 zum Minister für die geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten ernannt, suchte in Übereinstimmung mit Friedrich Wilhelm IV. die Kirchlichkeit im Volk zu heben, begünstigte die durch die Hengstenbergsche »Kirchenzeitung« vertretene Partei und rief dadurch Unwillen, an manchen Orten auch Austrittserklärungen von Geistlichen und die Stiftung der sogen. Freien Gemeinden hervor. Durch Errichtung der katholischen Abteilung in seinem Ministerium erleichterte E. die Emanzipation der kathol ischen Kirche von der Staatsaufsicht und förderte Ultramontanismus wie die pietistisch-orthodoxe Richtung im Protestantismus. Nach dem Ausbruch der Bewegung von 1848 trat E. 19. März zurück. 1850 war er Mitglied des Erfurter Staatenhauses.

3) Karl Friedrich, Rechtsgelehrter, ausgezeichnet als Forscher im Gebiet der deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, Sohn von E. 1), geb. 20. Nov. 1781 in Jena, gest. 4. Juli 1854 in Köln, habilitierte sich 1803 in Göttingen, ward 1805 als Professor nach Frankfurt a. O. und 1811 nach Berlin berufen. Nachdem er in den Befreiungskriegen als einer der ersten Freiwilligen mitgefochten, nahm er seine Lehrtätigkeit wieder auf und ward 1817 nach Göttingen berufen, zog sich aber 1829 wegen Kränklichkeit auf sein Landgut bei Tübingen zurück. 1832 folgte er nochmals einem Ruf an die Universität Berl in, widmete sich seit 1833 dem praktischen Staatsdienst, wurde Obertribunalsrat, 1838 Mitglied des Staatsrats, 1842 der Gesetzgebungskommission, 1843 Oberjustizrat, fungierte 1838–46 nominell als Spruchmann beim Bundesschiedsgericht und 1843–44 als Mitglied des Oberzensurgerichts. Nachdem er 1847 seinen Abschied genommen hatte, lebte er zurückgezogen in Köln. Seine Hauptschriften sind: »Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte« (Götting. 1808–23, 4 Tle.; 5. Ausg. 1843–44); »Einleitung in das deutsche Privatrecht mit Einschluß des Lehnrechts« (das. 1823, 5. Ausg. 1845); »Grundsätze des Kirchenrechts« (das. 1831–1833, 2 Bde.). Auch ein Trauerspiel: »Chriemhildens Rache«, erschien van ihm (Götting. 1824). 1815 begründete er mit Savigny und Göschen die »Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft«. Vgl. v. Schulte, Karl Friedr. E., nach seinen Aufzeichnungen, Briefen etc. (Stuttg. 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 427-428.
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