Möller [1]

[40] Möller, 1) Eduard von, deutscher Staatsmann, geb. 3. Juni 1814 in Minden, gest. 3. Nov. 1880 in Kassel, studierte die Rechte, trat 1835 in den preußischen Staatsjustizdienst, ging zur Verwaltung über und ward 1840 Landrat in Simmern und 1844 königlicher Eisenbahnkommissar für die Rheinprovinz und Westfalen. Ende 1848 Regierungspräsident in Köln geworden und nach dem Krieg von 1866 zum Oberpräsidenten der neuen Provinz Hessen-Nassau ernannt, organisierte er diese und ordnete sie dem neuen Staatswesen ein, ohne die berechtigten Eigentümlichkeiten und Gefühle der Bevölkerung zu verletzen. Nach dieser erfolgreichen Probe Anfang September 1871 an die Spitze der Verwaltung der eroberten Provinzen Elsaß-Lothringen berufen, erwarb er sich trotz der Feindseligkeit der von den Ultramontanen und Protestlern aufgehetzten Bevölkerung und der verwickelten staatsrechtlichen Stellung der neuen Provinzen wenigstens persönlich das Vertrauen der Elsässer. Nach der Verleihung einer neuen Verfassung an die Reichslande und der Ernennung eines kaiserlichen Statthalters 1879 legte M. sein Amt nieder und zog sich nach Kassel zurück. Vgl. Schricker, Eduard von M. (Kassel 1881).

2) Wilhelm Ernst, evang. Theolog und Kirchenhistoriker, geb. 1. Okt. 1827 in Erfurt, gest. 8. Jan. 1892 in Kiel, habilitierte sich 1854 in Halle, wurde 1863 Pfarrer in Grumbach, 1870 in Oppin, 1873 ordentlicher Professor der Kirchengeschichte in Kiel. Er schrieb: »Geschichte der Kosmologie in der griechischen Kirche bis auf Origenes« (Halle 1860); »Andreas Osiander« (Elberf. 1870); »Lehrbuch der Kirchengeschichte« (Freiburg 1889–93, 3 Bde.; Bd. 3: Reformation und Gegenreformation, hrsg. von Kawerau; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl., bearbeitet von H. v. Schubert, seit 1897).

3) Heinrich, Bildhauer, geb. 26. Aug. 1835 in Altona, war anfangs Tischler, bis er durch Unterstützung eines Mäcens in den Stand gesetzt wurde, nach München zu gehen, um die Bildhauerkunst zu erlernen. Doch erhielt er seine eigentliche Ausbildung erst bei Schilling in Dresden, wo er mit seinem Erstlingswerk, einem Satyr, der einen jungen Faun Becken schlagen lehrt, Glück machte. Seitdem behandelte er meistens lyrische und mythologische Gegenstände von großer Naivität und Anmut sowie sorgfältiger Durchführung. Dahin gehören: als Gegenstück zu der genannten Gruppe ein weiblicher Faun mit einem Satyrknaben, Hans Sachs, Äsop auf dem Esel, Amor auf dem Anstand, Pan als Erfinder der Schalmei, ein schlafender Knabe mit einem Hund, Sommer und Herbst, die Bremer Stadtmusikanten, Blindekuh, Topfschlagen u.a. Er hat auch mehrere Denkmäler (das Krieger- und Siegesdenkmal, das Vogler- und das Stuhlmann-Denkmal in Altona, das schleswig-holsteinische Denkmal in Rendsburg und das Kreuzberg-Denkmal in Neuenahr, das Koopmann-Denkmal in Hamburg) und eine Reihe von Apostelgestalten für sächsische Kirchen geschaffen. Er lebt in Dresden.

4) Theodor Adolf, preuß. Handelsminister, geb. 10. Aug. 1840 in Kupferhammer bei Brackwede, besuchte das Gymnasium und Realgymnasium in Bielefeld und die Handelsschule in Osnabrück, bildete sich kaufmännisch in Hamburg, Liverpool, London und in Belgien, machte sich 1863 zu Kupferhammer selbständig, wurde Kommerzienrat (1892) und Geheimer [40] Kommerzienrat (1900). Bis 1901 den Aufsichtsräten verschiedener gewerblichen Großbetriebe vorstehend, war er 1890–1901 (außer 1895–98) nationalliberales Reichstagsmitglied, seit 1893 auch Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, ward 1891 Mitglied der Bezirkseisenbahnräte für Köln und Hannover, 1893 auch Mitglied des Zollbeirates, war in diesem bis 1897 Vorsitzender der Abteilungen für Industrie und Handel und gehörte seit November 1897 dem Wirtschaftlichen Ausschuß beim Reichsamte des Innern an. Unterm 6. Mai 1901 als Nachfolger Brefelds (s. d. 1) preußischer Minister für Handel und Gewerbe geworden, hatte er unter der Gegnerschaft der Agrarier zu leiden, wurde aber auch von andrer Seite, namentlich gelegentlich seiner Verstaatlichungsversuche und der Novelle zum Berggesetz (1904 und 1905), heftig angegriffen und trat im Oktober 1905 vom Amte zurück, vom Kaiser durch Verleihung des erblichen Adels ausgezeichnet.

5) Joseph, Pharmakognost, geb. 21. März 1848 zu Pápa in Ungarn, studierte Medizin und Naturwissenschaft in Wien, wurde 1874 Assistent Vogls in Wien, habilitierte sich 1883 an der Universität als Privatdozent für Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel und wurde 1886 Professor der Pharmakologie und Pharmakognosie in Innsbruck, 1893 in Graz. M. pflegt vorwiegend Pflanzenanatomie und förderte namentlich die Mikroskopie der Nahrungsmittel und der technischen Rohstoffe. Er schrieb: »Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Holzes« (Wien 1876); »Pflanzenrohstoffe« (das. 1879); »Anatomie der Baumrinden« (Berl. 1882); »Die Rohstoffe des Tischler- und Drechslergewerbes« (Kassel 1884, 2 Bde.); »Mikroskopie der Nahrungs- und Genußmittel aus dem Pflanzenreich« (2. Aufl., Berl. 1905); »Lehrbuch der Pharmakognosie« (Wien 1889); »Lehrbuch der Arzneimittellehre« (das. 1893); »Leitfaden zu mikroskopisch-pharmakognostischen Übungen« (das. 1901). Auch gab er die »Realenzyklopädie der gesamten Pharmazie« (mit Geißler, Wien 1886–91; 2. Aufl. mit Thoms, 1904 ff.) und den »Pharmakognostischen Atlas« (mit 110 Tafeln, Berl. 1892) heraus.

6) Hans Peter Christian, Zoolog, s. Möll.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 40-41.
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