Paul [2]

[512] Paul (lat. Paulus, »gering, klein«), Name von fünf Päpsten: 1) P. I., 26. Mai 757 bis 28. Juni 767, Römer, schloß sich, wie sein Bruder und Vorgänger Stephan II. (III.), eng an den Frankenkönig Pippin an, dessen er sowohl gegen die Anfeindungen der Langobarden als auch gegen die Ansprüche der griechischen Kaiser bedurfte.

2) P. II., 30. Aug. 1464 bis 26. Juli 1471, vorher Pietro Barbo (Balbo), geb. 1417 in Venedig, Neffe Papst Eugens IV., ward 1440 Kardinal. Die vor seiner Wahl beschworne Wahlkapitulation in betreff der Reform des Kardinalkollegiums, der Berufung eines allgemeinen Konzils etc. hielt er nicht. Über den utraquistischen König Georg Podiebrad von Böhmen sprach er 1466 den Bann aus. 1470 gebot er, das allgemeine Jubiläum (s. Jubeljahr) fortan alle 25 Jahre zu feiern. Vgl. Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 2 (3. u. 4. Aufl., Freiburg 1904).

3) P. III., 13. Okt. 1534 bis 10. Nov. 1549, vorher Alessandro Farnese. geb. 1468 in Rom, studierte in Florenz und Rom und war Vater mehrerer natürlicher Kinder, als er noch in jungen Jahren zum Kardinal erhoben wurde. 1524 ward er Kardinalbischof von Ostia. Er trat anfangs nicht schroff gegen die Reformation auf, setzte 1534 eine Kommission zur Beseitigung der Mißbräuche in der Kirche ein und berief Männer der gemäßigten Richtung, wie Contarini, Pole, Sadolet, zu Kardinälen. 1540 bestätigte er jedoch den Jesuitenorden, ordnete 1542 eine Inquisition zur Unterdrückung des Protestantismus in Italien an und eröffnete 1545 das Konzil zu Trient, das er 1547 nach Bologna verlegte. Der von ihm 1538 gegen Heinrich VIII. von England ausgesprochene Bann vollendete den Bruch der anglikanischen Kirche mit dem römischen Stuhl. Vergeblich bemühte sich P., die Kriege zwischen Spanien und Frankreich zu verhindern, um einen Kreuzzug gegen die Türken zu ermöglichen. Seinen Sohn Pietro Luigi Farnese setzte er 1545 zum Herzog von Parma und Piacenza ein. P. war ein feingebildeter Mann und kluger Diplomat; er beschützte Gelehrte und Künstler und ließ 1546 durch Michelangelo den Bau der Peterskirche wieder aufnehmen. Vgl. Capasso, La politica di papa Paolo III. e l'Italia (Camerino 1901).

4) P. IV., 23. Mai 1555 bis 18. Aug. 1559, vorher Giovanni Pietro Caraffa, geb. 1476 in Capriglio (Neapel), ward 1505 Bischof von Chieti (Theate), 1518 Erzbischof von Brindisi, stiftete 1524 den Orden der Theatiner (s. d.) und ward deren erster Superior. Paul III. erhob ihn 1536 zum Kardinal; unter Julius III. ward er 1553 zum Kardinalbischof von Ostia befördert. Als Papst setzte er eine Kongregation zur Hebung der Kirchenzucht ein, schrieb dem Klerus eine besondere Ordnung für Kleidung und Lebensweise vor, erweiterte die Befugnisse der Inquisition, verpflichtete sie zur größten Strenge gegen die Ketzer und führte den Index librorum prohibitorum (s. d.) ein. Seine anmaßenden Nepoten vertrieb er aus Rom und verweigerte nach Karls V. Abdankung die Anerkennung Ferdinands I. wegen dessen zu großer Milde in Glaubenssachen; auch der Königin Elisabeth von England versagte er sie. Vergeblich versuchte er sich mit Frankreichs Hilfe von Spaniens Übermacht frei zu machen und diesem Neapel zu entreißen, 1557 wurde er von Alba gezwungen, jeder Verbindung gegen den spanischen König zu entsagen. Durch seine Strenge machte er sich so mißliebig, daß nach seinem Tode das Volk seine Bildsäule auf dem Kapitol zertrümmerte und in den Tiber warf. Er schrieb unter anderm: »Tractatus de Ecclesiae vaticiniis et eius sacerdotum principatu« und »Notae in Aristotelis ethicam«. Vgl. Benrath in den »Jahrbüchern für protestantische Theologie«, 1878.

5) P. V., 16. Mai 1605 bis 28. Jan. 1621, vorher Camillo Borghese, geb. 1552 in Rom, studierte Philosophie und Rechte, ward Vizelegat in Bologna und unter Clemens VIII. zum Kardinal ernannt. Als strenger Kanonist wollte er der weltlichen Macht keinen Einfluß auf die kirchlichen Angelegenheiten gestatten, fand aber an der Republik Venedig, die den modernen Staatsbegriff Paolo Sarpis (s. d.) festhielt, eine zähe Gegnerin, die sich durch Bann und Interdikt nicht einschüchtern ließ. 1613 gründete er auf dem Quirinal ein Seminar zur Bildung von Missionsgeistlichen. Auch für die Verschönerung Roms und die Ausschmückung des Vatikans tat er viel. Die katholische Gegenreformation machte während seiner Regierung in Europa große Fortschritte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 512.
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