Gortschăkow

[481] Gortschăkow. Die Familie G. leitet ihren Ursprung durch St. Michael Wsewolodowitsch, Großfürsten von Tschernikow (1246 von den Mongolen ermordet), von Rurik u. Wladimir d. Gr. her; 1) Fürst Peter G., war Woiwode von Smolensk u. vertheidigte diese Stadt 1609–11 gegen König Sigismund III. von Polen, erlag aber endlich. 2) Fürst Dimitri, geb. 1756 u. gest. 1824, erwarb sich einen Namen als Dichter u. schrieb Oden, Satyren u. poetische Episteln. 3) Fürst Alexander, geb. 1764, kämpfte unter Suwarow mit gegen die Türken u. Polen, zeichnete sich namentlich bei dem Sturm auf Praga aus, ging 1794 mit Suwarow über die Alpen, focht in der Schlacht von Zürich u. erhielt dann das Militärgouvernement in Nyborg. 1807 commandirte er ein Corps unter Bennigsen, schlug den Marschall Lannes bei Heilsberg u. war hierauf mit in der Schlacht von Friedland. 1812 wurde er an Barclay's de Tolly Stelle Kriegsminister, sodann General der Infanterie u. Mitglied des Reichsrathes u. st. 1825 in Petersburg. 4) Andreas, diente 1799 unter Suwarow als Generalmajor in Italien u. commandirte 1812 eine Grenadierdivision bei Borodino; in den Feldzügen von 1813 u. 1814 befehligte er das erste Infanteriecorps u. kämpfte u. and. bei Leipzig u. Paris, wurde 1819 General der Infanterie u. verließ 1828 den activen Dienst, um sich nach Moskau zurück zu ziehen, wo er den 27. Febr. 1855 st. 5) Fürst Peter, geb. um 1790, trat früh in die russische Armee ein, nahm Theil an den Feldzügen von 1807, 1812, 1813 u. 1814 in Deutschland u. Frankreich, focht später unter Yermolow im Kaukasus, wurde 1826 Generalquartiermeister der Witgensteinschen Armee, befehligte 1829 gegen die Türken eine Division Infanterie, siegte bei Aidos über ein türkisches Corps u. war dann bei dem Abschluß der Präliminarien zum Vertrag von Adrianopel thätig. Zum Generallieutenant befördert wurde er nach 1829 Generalgouverneur des westlichen Sibiriens u. nahm 1851, nachdem er seit 1843 zum General der Infanterie aufgerückt war, seine Entlassung. 6) Fürst Michael, geb. 1792, trat 1807 in Kriegsdienste. Sowohl während der Feldzüge in Finnland 1808–9 u. des großen Franzosenkrieges 1812–14, als auch später, überhaupt in 10 Feldzügen, zeichnete sich G. stets durch seine Tapferkeit u. seinen unermüdlichen Eifer aus u. avancirte schon 1824 zum Generalmajor, nahm von 1828 an als Generalstabschef im Rudsjewitschen Corps Theil an dem Kriege gegen die Türken u. wurde 1829 in gleicher Eigenschaft dem General Krassowsky beigegeben, dessen Corps zunächst zur Belagerung Silistrias verwendet wurde, trug darauf an der Spitze der Artillerie wesentlich zum Siege bei Marasch bei, diente dann mit Auszeichnung unter Krassowsky bis 1831, wo der Krieg mit Polen begann u. er zum Generalstabe des Grafen Pahlen versetzt wurde. Bald darauf erhielt er den Befehl über die gesammte Artillerie, entschied die Schlacht von Grochow zu Gunsten der Russen, schoß Ostrolenka in Brand, wodurch der Feind zum Rückzuge gezwungen wurde, u. deckte den Übergang der russischen Armee über den Fluß. Ebenso thätig war er bei dem Vormarsch auf Warschau u. in der Schlacht bei Praga. Dafür zum Generallieutenant befördert, wurde er 1843 General der Artillerie u. 1846 Militärgouverneur von Warschau. Nachdem er 1849 in dem Kriege in Ungarn Theil genommen hatte, wurde er Generaladjutant des Kaisers u. Stabschef der activen Armee, leitete als erstes Mitglied des Administrationsrathes des Königreichs Polen die Civilverwaltung desselben u. war mehrmals Stellvertreter des Fürsten Paskewitsch. Im Juni 1853 wurde er zum Oberbefehlshaber der russischen Occupationstruppen in der Walachei ernannt, rückte mit 60,000 M. über den Pruth, ging 1854, nachdem Silistria vergeblich belagert worden war, wieder über die Grenze zurück u. erhielt im Juni 1855, nachdem er eine Zeit lang in Bessarabien commandirt hatte, an Stelle des Fürsten Menschikow den Oberbefehl in der Krim u. über[481] die gesammten Truppen in Südrußland. Er verlor zwar die Schlacht an der Tschernaja, doch durch die muthige u. geschickliche Vertheidigung Sewastopols gegen die Engländer u. Franzosen erwarb er sich eben so einen Namen, als durch den meisterhaften Rückzug nach dem Nordfort nach der Einnahme der Stadt. Im Febr. 1856 wurde er Statthalter des Königreichs Polen. 7) Fürst Alexander G., geb. um 1800, widmete sich der diplomatischen Laufbahn u. war in seinem 24. Jahre schon Legationssecretär der russischen Gesandtschaft in London; er wurde 1830 Geschäftsträger in Florenz, 1832 Botschafter in Wien u. 1842 Gesandter in Stuttgart, 1850 auch zugleich Bevollmächtigter am Deutschen Bundestage; 1854 wurde er vom Kaiser als Überbringer der russischen Antwort auf die österreichische Sommation nach Wien gesandt u. mit Unterhandlung darüber beauftragt. Nach Meyendorffs Abberufung wurde er 13. Juli 1855 Gesandter in Wien u. führte die Unterhandlungen daselbst, namentlich während der Wiener Conferenzen. Im März 1856 wurde er von Wien abberufen u. im April zum Minister des Auswärtigen ernannt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 481-482.
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