Zobel [1]

[662] Zobel (Mustela zibellina, Martes z.), Art aus der Gattung Wiesel, Abtheilung der Marder; kastanienbraun, glänzend, mit grauem Fleck auf dem Kopfe, grauer Brust, schwarzer Schwanzspitze u. ganz behaarten Fußsohlen; beißt sehr scharf, wird nie ganz zahm, ist sehr lebhaft u. munter, hat an Gestalt, Größe u. Lebensart viel vom Baummarder; lebt in Nordasien, bes. in Sibirien, auch in Nordamerika (wo das Fell geringer ist), nicht aber, wie Manche glauben, in Lappland, in waldigen, bergigen, menschenleeren Gegenden, bringt jährlich im Frühjahr drei bis fünf Junge, nährt sich von Vögeln, Eiern, Ratten, Eichhörnchen, Hamstern u. dgl., im Herbst von Beeren (wovon er den Ausschlag bekommt), von Zirbelnüssen etc., im Nothfall auch von Aas. Der Z. baut sich in Baumstämmen Höhlen u. in Dickichten ein Nest, welches er mit Federn, Wolle u. dgl. ausfüttert u. warm macht. Nur bei Nacht geht er auf den Raub aus. Er liebt die Reinlichkeit sehr u. trägt den sehr übelriechenden Unrath sorgfältig vom Neste weg. Das Zobelfell gehört zu dem kostbarsten Pelzwerk. Das Haar des Z-s steht auf wolligem Grunde, ist an der Wurzel grau, in der Mitte gelblich-braun, an der Spitze schwarz, zusammen betrachtet scheint aber das Fell kastanienbraun. Ferner ist das Haar des Z-s sehr lang u. liegt, nach allen Seiten gestrichen, immer fest. Je dunkler, dem Schwarzen näher kommend, gleicher u. dickhaariger die Felle sind, desto größer ist ihr Werth, doch werden auch die dunkelkastanienbraunen, mit silberweißen Haaren untermischt, geschätzt; am wenigsten schätzt man die gelblichen. Letztere gehen bes. nach China u. werden dort sehr gut gefärbt. Auch in Europa werden Zobelfelle gefärbt od. geräuchert (wodurch aber die Haare gekrümmt werden) u. oft gute Baummarderfelle dafür ausgegeben. Schwänze, Bäuche u. Füße dieser Felle kommen als geringer in Deutschland bes. in den Handel. Bes. schätzt man die Zobelfelle in Rußland, Polen u. der Türkei. In Sibirien selbst kommen ein Paar Z. 70–80 Rubel, in Petersburg oft 170–200 Rubel u. ein ganzer Pelz zuweilen auf 20,000 Rubel zu stehen. Sie werden paarweise, die schlechtern in Zimmern od. Partien von 40 Stück verkauft; 10 Zimmer machen 1 Kiste. Die schönsten Z. liefern die östlichen Provinzen Sibiriens, Jakutsk u. Ochotsk, weniger schön sind die von Jenisei, von der Lena u. vom Amurflusse. Die sibirischen Z. werden in China zu einer Art Stola, in Rußland zu Pelzfuttern, Kragen u. Mützen, in New York, Philadelphia, Paris, Wien u.a. Hauptstädten Nordamerikas u. Europas zu Garnituren für Damenpelze benutzt. Ehrenpelze von Z. wurden vom Kaiser von Rußland verschenkt. Der Zobelfang geschieht nur im Winter, wo die Wälder u. Moräste zugänglicher u. die Felle besser sind. Es einigen sich dazu Gesellschaften von 40–60 Personen, wählen einen Anführer u. ziehen nach einer zobelreichen Gegend aus. Jede Gesellschaft baut sich in dem Jagdbezirk, welchen sie wählt, eine große Hütte zum Centralpunkt des Fanges u. zum Hauptdepot ihrer Lebensmittel. Sie theilt sich in viele kleinere Trupps von 3–5 Personen, u. jeder zieht nun einige Stunden von dem andern weg u. baut sich eine Grube zur Wohnung, über welche er ein Dach von Ästen, Stangen u. Stroh stellt Um diese herum werden die Fallen aufgestellt. Man wählt nämlich zwei junge Tannen aus, welche 2–21/2 F. von einander entfernt sind, reinigt sie unterwärts von Zweigen, schlägt neben die eine noch einen etwa fadenlangen Pfahl ein u. befestigt sodann an beiden Bäumen eine Stange in horizontaler Lage so, daß sie mit dem einen Ende zwischen dem eingeschlagenen Pfahle u. dem Baume zu liegen kommt. Über dieser Stange wird eine andere, als Fallbalken, dermaßen befestigt, daß ihr eines Ende zwischen dem Pfahle u. seinem Baume auf u. nieder bewegt werden kann, weswegen auch der Baum etwas glatt gehauen wird. Am Ende des Hebels befindet sich ein Baststrick u. ein anderer ist um die untere Querstange ganz kurz geknüpft. Beide bringt man an einander u. steckt ein Stöckchen durch, an dessen längerem Ende ein Stückchen Fleisch befestigt ist, dessen Übergewicht das Stöckchen nieder- u. eine darum geschlungene Schnur zusammenhält. Wenn nun der Z. auf der untern Querstange hinkriecht u. das Fleisch erhascht, so läßt die Schnur los, der Hebel verliert seine Haltung, der Fallbalken fällt auf das auf der untern Querstange sitzende Thier u. erschlägt es. Wenn der Z. nicht mehr in die. Falle geht, so stellt man Netze auf. Der Jäger folgt der Spur des Thieres im Schnee bis zu dem Loche, worin es steckt, umstellt dieses mit einem [662] Netze u. muß oft 2–3 Tage warten, bevor der Z. herausgeht. Kommt das Thier heraus, so verwickelt es sich in das Netz u. wird mit Hülfe der Hunde getödtet. Oft entkommt es aber u. dann ist es schwer, ihm beizukommen. Muß man den Z. schießen, so wählt man, damit das schöne Fell nicht mit Blut befleckt wird, stumpfe, knöcherne Pfeile u. zielt damit nach dem Kopfe. Zuweilen fällen die Jäger den Baum, worauf ein Z. sich versteckt hat, u. stellen an dem Orte, wo der Gipfel hinfällt, Netze auf. Ende Februar endet der Zobelfang. Die Jäger kommen dann zusammen, ziehen den zu leistenden Tribut ab u. theilen die übrigen Felle zu gleichen Theilen unter sich. Der Zobelfang hat die Zahl der Z. sehr gemindert, indessen gibt der Umstand, daß jetzt weit weniger Zobelfelle getragen werden, als sonst, u. der Werth derselben etwas gesunken ist, den Z-n wieder mehr Ruhe. Zu Ende des 17. Jahrh. fing ein Kamtschadale jährlich 60–80 Z. u. die Zobelfelle in Kamtschatka waren so wohlfeil, daß man für 10 Rubel Eisenwaaren 5–600 Zobelfelle erhielt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 662-663.
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