Trier

Trier

[472] Trier, das Augusta Trevirorum der Römer, gehört zu den ältesten Städten in Deutschland und liegt in einer mit Rebhügeln und Obst-, besonders Kastanienpflanzungen geschmückten Gegend am rechten Ufer der hier 490 F. breiten Mosel, über welche eine steinerne Brücke von acht Bogen führt, die auf noch von den Römern erbauten Pfeilern ruhen.

T. hat von seiner frühern Bedeutung viel verloren und nur noch 15,000 meist katholische Einw.; es ist der Sitz der Regierung eines nach ihr benannten Regierungsbezirks der preuß. Provinz Rheinland (s.d.) und Hauptstadt eines Kreises, sehr unregelmäßig gebaut und besitzt einen großen Umfang, weil ansehnliche Gärten von der Stadt mit eingeschlossen werden. Diese ist auch der Sitz eines katholischen Bischofs und Domcapitels, eines katholischen Schullehrerseminars und bischöflichen Seminars, hat ein Gymnasium, eine wichtige Bibliothek, eine Sammlung röm. Alterthümer, ein naturhistorisches Museum und andere Bildungsanstalten, sowie ein Landarmen- und Irrenhaus, zwei Nonnenklöster mit Schulen und zahlreiche Wohlthätigkeitsanstalten. Hauptnahrungsquellen der Bewohner sind Wein- und Obstbau, Flußschiffahrt, Handel, auch bestehen außer den gewöhnlichen städtischen Gewerben einige Fabriken von wollenen Waaren, Porzellan, Tapeten. Besonders merkwürdig machen T. die zahlreichen und ansehnlichen röm. Denkmäler, welche sich in und um die Stadt befinden und von denen außer der Moselbrücke, hauptsächlich das hier abgebildete sogenannte[472] schwarze Thor zu erwähnen ist, ein noch wohlerhaltenes und das wichtigste röm. Gebäude in Deutschland, von 115 F. Länge, und im mittlern Theile 47 F., in den vorspringenden Theilen zu beiden Seiten 67 F. Tiefe. Es ist mit Säulen und Pilastern geziert, war im Mittelalter zu einer Kirche (Simeonskirche) eingerichtet, ist aber seit 1816 wieder fast ganz in seiner früheren Gestalt hergestellt und heißt das röm. Thor. Die Benennung schwarzes Thor rührt von der dunkeln Farbe der zwei aus Sandsteinblöcken aufgeführten Thorgewölbe her. Andere röm. Ruinen sind die Überreste von Bädern und eines verschütteten Amphitheaters, sowie der Heiden- oder Helenenthurm an der jetzigen Caserne, in welche das frühere kurfürstl. Schloß verwandelt worden ist, welches auf der Stelle eines Theils des ehemaligen röm. Kaiserpalastes erbaut wurde. Die schönste Kirche von T. und ein herrliches Denkmal altdeutscher Baukunst ist die Liebfrauenkirche; die Domkirche ist sehr alt und hat drei Schiffe, einen doppelten Chor und eine 90 F. hohe Hauptkuppel. In einer Vorstadt liegt die im neuern Style schön gebaute Kirche des h. Paulin, welche die Gebeine vieler Märtyrer enthält, zu denen, wie aus demselben Grunde nach der Kirche der ehemaligen Benedictinerabtei St.-Matthias in der Vorstadt St.-Matthias, stark gewallfahrtet wird. Die vormalige Benedictinerabtei St.-Maximin in der Vorstadt Straßmahr ist jetzt eine Caserne, und die Abtei St.-Martin in der Vorstadt Zurlauben eine Porzellanfabrik. Die Erbauung T.'s wird in das graueste Alterthum verschoben und in einem alten lat. Verse wird es noch 300 Jahr älter als Rom genannt. Als Hauptort der Trevirer (s.d.) wurde es im I. 55 v. Chr. von Julius Cäsar erobert, und blieb nun als Augusta Trevirorum ein wichtiger Waffenplatz der Römer gegen die Deutschen, war auch mehrmals Residenz der in Gallien verweilenden röm. Kaiser, was Alles sein Emporkommen begünstigte, sodaß ihm der Name des »andern Roms« beigelegt wurde. Nachdem es 455 von den Franken erobert worden, war es Residenz mehrer fränk. Könige, gehörte später zu Lothringen und nach dessen Theilung seit 870 zu Frankreich, von dem es aber 923 wieder zu Deutschland kam. Das Bisthum zu T. ist das älteste in Deutschland und soll schon 50 n. Chr. gestiftet worden sein. Es wurde im Anfang des 4. Jahrh. zum Erzbisthum erhoben und die Erzbischöfe waren später Erzkanzler des h. röm. Reichs durch Gallien und Arelat, welchen Titel sie auch beibehielten, nachdem sie die kurfürstliche Würde bekamen. Unter den geistlichen Kurfürsten nahmen sie den zweiten Rang ein, die Stadt aber, welche einer Reichsstadt ähnliche Freiheiten besaß, kam erst gegen Ende des 16. Jahrh. ganz unter ihre Hoheit, obgleich das Kurfürstenthum Trier nach ihr benannt wurde. Dieses gehörte zum kurrhein. Kreise und hatte auf 151 ! M. gegen 280,000 Einw., ward im letzten Viertel des 17. Jahrh. in den Kriegen mit Frankreich von den Franzosen hart mitgenommen und auch während der Revolutionskriege unter dem seit 1768 regierenden letzten Kurfürsten Clemens Wenzel, einem sächs. Prinzen, 1794 besetzt und im Frieden von Luneville 1801 an Frankreich größtentheils abgetreten; nur der am rechten Rheinufer gelegene Theil der kurtrier. Lande kam meist an Nassau. Während dieser Zeit ward auch die zu T. 1454 gestiftete und 1471 eröffnete Universität 1797 wieder aufgehoben. Der pariser Friede brachte 1814 die abgetretenen Gebiete des erloschenen Kurfürstenthums an Deutschland zurück, die nun bis auf kleine Theile an Preußen kamen und zur Provinz Rheinland gehören. – Anderthalb Stunden von T. befindet sich noch in dem Dorfe Igel an der Mosel ein vortrefflich erhaltenes und das am reichsten verzierte röm. Denkmal auf deutschem Boden, der sogenannte Igelstein, eine 72 F. hohe Spitzsäule mit zahlreichen, halberhabenen Figuren von guter Arbeit.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 472-473.
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