Dahn [2]

[418] Dahn, 1) Friedrich, Schauspieler, geb. 18. April 1811 in Berlin, gest. 9. Dez. 1889 in München, begann 1829 am Königsstädtischen Theater in Berlin seine Laufbahn, war dann als jugendlicher Liebhaber seit 1830 am Breslauer, von 1831–34 am Hamburger Stadttheater engagiert und gehörte seit 1834 dem Münchener Hoftheater an, als dessen Ehrenmitglied er sich 1878 von der Bühne zurückzog. Seine Hauptrollen in früherer Zeit waren: Don Carlos, Mortimer, Beaumarchais, Gaston; später: Tell, Egmont, Dunois, Lear, Wallenstein etc. Verheiratet war D. seit 1833 mit Konstanze Le Gay (geb. 12. Juni 1814 in Kassel, gest. 26. März 1894 in München), die aber 1850 wieder von ihm geschieden wurde. Durch Schönheit, Geist und Feuer ausgezeichnet, erzielte sie als jugendlich-tragische und heitere Liebhaberin anfangs in Hamburg, später in München, wo sie von 1834 bis zu ihrer Pensionierung (1865) auftrat, große Erfolge. – Beider Sohn Ludwig D., geb. 12. März 1843 in München, gest. daselbst 20. Okt. 1898, bildete sich unter der Leitung seiner Eltern zum Schauspieler aus. Nachdem er 1860–78 an den Hoftheatern in Weimar, Berlin und St. Petersburg tätig gewesen, trat er 1878 in den Verband des Münchener Hoftheaters. Zu seinen besten Leistungen gehörten: Schiller (»Karlsschüler«), Mortimer, Leopold von Dessau, Gringoire.

2) (D.-Hausmann) Marie, seit 1853 zweite Frau von D. 1), geb. 17. Juni 1830 in Wien, debütierte 1845 in Mannheim mit solchem Erfolg, daß sie sofort einen Engagementsantrag für Frankfurt a. M. erhielt, und nahm 1849 nach einem glänzenden Gastspiel ein lebenslängliches Engagement an der Hofbühne zu München. Im Besitz des ersten jugendlichen Faches hatte sie Gelegenheit, ihre Vielseitigkeit zu bewähren, und ihr Gretchen, Klärchen, ihre Julie, Luise, Jane Eyre wie ihre Rosalinde, Katharina, Margarete Western erhielten sie in der Gunst des Publikums. Später fand sie mit Glück den Übergang in sein- und chargiert-komische und edle Mütterrollen (Geheimrätin im »Störenfried«, Claudia in »Emilia Galotti«, die alte Feldern in »Hermann und Dorothea«).

3) Julius Sophus Felix, Rechtsgelehrter, Geschichtsforscher und Dichter, geb. 9. Febr. 1834 in Hamburg als Sohn von D. 1) und dessen erster Gattin, Konstanze D. (gebornen Le Gay), studierte 1849 bis 1853 in München und Berlin Rechtswissenschaft, Philosophie und Geschichte und habilitierte sich 1857 in München als Dozent für deutsches Recht, wurde 1862 außerordentlicher Professor daselbst, 1863 ordentlicher Professor in Würzburg, 1869 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München, 1872 Mitglied des Gelehrtenausschusses des Germanischen Museums in Nürnberg und ordentlicher Professor für deutsches Recht in Königsberg, von wo er 1888 an die Universität Breslau berufen wurde. 1885 ward er zum Geheimen Justizrat ernannt. Als juristischer Schriftsteller hat sich D. bekannt gemacht durch folgende Arbeiten: »Über die Wirkung der Klagverjährung bei Obligationen« (Münch. 1855), »Studien zur Geschichte der germanischen Gottesurteile« (das. 1857), »Das Kriegsrecht« (Würzb. 1870), »Handelsrechtliche Vorträge« (Leipz. 1875), »Deutsches Rechtsbuch« (Nördling. 1877), »Deutsches Privatrecht« (Leipz. 1878,1. Abt.), »Die Vernunft im Recht« (Berl. 1879), »Eine Lanze für Rumänien« (Leipz. 1883), »Die Landnot der Germanen« (das. 1889). Auch besorgte er die 3. Ausgabe von Bluntschlis »Deutschem Privatrecht« mit selbständiger Darstellung des Handels- und Wechselrechts (Münch. 1864). Von seinen geschichtlichen Arbeiten sind hervorzuheben: die Monographie »Prokopius von Cäsarea« (Berl. 1865) und das umfassend angelegte rechtsgeschichtliche Werk »Die Könige der Germanen« (Bd. 1–6, Münch. u. Würzb. 1861–71; Bd. 7–9, Leipz. 1894–1902), ferner: »Westgotische Studien« (Würzb. 1874); »Langobardische Studien« (Bd 1: Paulus Diakonus, 1. Abt., Leipz. 1876); »Die Alamannenschlacht bei Straßburg« (Braunschw. 1880); »Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker« (Berl. 1881–90, 4 Bde.); »Geschichte der deutschen Urzeit« (als 1. Band der Deutschen Geschichte in der »Geschichte der europäischen Staaten«, Gotha 1883–88). Von Wietersheims »Geschichte der Völkerwanderung« bearbeitete D. die zweite Auflage (Leipz. 1880–81, 2 Bde.). Seine kleinen Schriften erschienen gesammelt u. d. T.: »Bausteine« (1.–6. Reihe, Berl. 1879–84). Sehr umfangreich ist auch Dahns belletristische Produktion, in der er zumeist altgermanische Stoffe mit modernem Leben verbrämt und eine entschieden nationale Gesinnung zur Schau trägt. Seine gründlichen historischen Studien kamen dem Dichter zu gute. Weitaus das beste dieser Werke war der erste historische Roman »Ein Kampf um Rom« (Leipz. 1876, 4 Bde.; 31. Aufl. 1901). Ihm folgten: »Kämpfende Herzen«, drei Erzählungen (Berl. 1878; 6. Aufl., Leipz. 1900); »Odhins Trost« (1880, 10. Aufl. 1901); »Kleine Romane aus der Völkerwanderung« (1882–1901, 13 Bde., und zwar: 1. »Felicitas«, 2. »Bissula«, 3. »Gelimer«, 4. »Die schlimmen Nonnen von Poitiers«, 5. »Fredigundis«, 6. »Attila«, 7. »Die Bataver«, 8. »Chlodovech«, 9. »Vom Chiemgau«, 10. »Ebroin«, 11. »Am Hofe Herrn Karls«, 12. »Stilicho«, 13. »Der Vater und die Söhne«, von denen die meisten in einer Reihe von Auflagen vorliegen); hierzu kommen: »Die Kreuzfahrer«, Erzählung aus dem 13. Jahrh. (1884, 2 Bde.; 8. Aufl. 1900); »Bis zum Tode getreu«, Erzählung aus der Zeit Karls d. Gr. (1887, 15. Aufl. 1901); »Was ist die Liebe?« (1887,6. Aufl. 1901); »Frigga's Ja« (1888, 2. Aufl. 1896); »Weltuntergang«,[418] geschichtliche Erzählung aus dem Jahre 1000 n. Chr. (1889); »Skirnir« (1889); »Odhins Rache« (1891, 4. Aufl. 1900); »Die Finnin« (1892); »Julian der Abtrünnige« (1894, 3 Bde.); »Sigwalt und Sigridh« (1898); »Herzog Ernst von Schwaben« (1902), sämtlich in Leipzig erschienen. Ferner schrieb D. die epischen Dichtungen: »Harald und Theano« (Berl. 1855; illustrierte Ausg., Leipz. 1885); »Sind Götter?. Die Halfred Sigskaldsaga« (Stuttg. 1874; 7. Aufl., Leipz. 1901); »Die Amalungen« (das. 1876); »Rolandin« (das. 1891). Seine dramatischen Werke sind: »Markgraf Rüdiger von Bechelaren« (Leipz. 1875); »König Roderich« (1875, u. Ausg. 1876); »Deutsche Treue« (1875,3. Aufl. 1899); »Sühne« (1879,2. Ausg. 1894); »Skaldenkunst« (1882), und die Lustspiele: »Die Staatskunst der Frau'n« (1877) und »Der Kurier nach Paris« (1883); endlich das Festspiel »Funfzig Jahre« (1962, sämtlich Leipzig). Auch verschiedene Operntexte hat D. verfaßt: »Harald und Theano« (Leipz. 1880, nach seiner epischen Dichtung); »Armin« (das. 1880, Musik von Heinrich Hofmann); »Der Fremdling« (das. 1880); »Der Schmied von Gretna-Green« (das. 1880). Desgleichen war D. als Lyriker rege tätig: auf seine »Gedichte« (Leipz. 1857; 2. durchgesehene Auflage u. d. T.: »Jugendgedichte«, das. 1892) folgten: »Gedichte, 2. Sammlung« (Stuttg. 1873, 2 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1883); dann: »Zwölf Balladen« (das. 1875); »Balladen und Lieder«, 3. Sammlung der »Gedichte« (das. 1878, 2. Aufl. 1896); 4. Sammlung, mit seiner Gattin Therese (das. 1892); 5. Sammlung (»Vaterland«, das. 1892); endlich eine »Auswahl des Verfassers« (das. 1900). Außerdem sind zu nennen Dahns Schriften: »Moltke als Erzieher« (5. Aufl., Bresl. 1894) und die sehr breiten »Erinnerungen« (Leipz. 1890–1895,4 Bücher in 5 Bänden). Seine »Sämtlichen Werke poetischen Inhalts« erschienen Leipzig 1898–1899 in 21 Bänden; neue Folge 1903ff. Mit seiner Gattin Therese (gebornen Freiin von Droste-Hülshoff, geb. 28. Mai 1845 in Münster) verfaßte er: »Walhall. Germanische Götter- und Heldensagen« (12. Aufl., Leipz. 1898). Von ihr allein erschien noch mit einer Einleitung des Gatten: »Kaiser Karl und seine Paladine. Sagen aus dem Karlingischen Kreise« (Leipz. 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 418-419.
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