Bukhāra [1]

[438] Bukhāra, 1) Khanat in Turan, im Inneren von Asien, wird begrenzt durch Khiwa im W., Khokand im N., durch das Gebiet der Kirgisen im O., Kunduz im SO., durch Afghanistan im S., erstreckt sich jetzt vom 32._– 45. Grad nördl. Br. u. vom 60._– 68. Grad östl. L.; im S. u. O. ist das Land gebirgig durch die Vorberge des Hindukhu, im N. u. W. ist das große Wüstenland Kyzyl-Kum, das sich westlich nach dem Aral- u. Kaspischen See absenkt u. das durch die Veränderung des Laufes der Flüsse manche andere Gestaltung mit der Zeit erhalten haben mag. An Flüssen sind zu nennen: der Zer-Afschan (Kohik), dessen Thal der fruchtbarste u. angebauteste Theil des Landes ist; südlich davon der Abi-Schehri-Sebz, im SW. des Landes der Amu-Darja u. Dehaz. Das Klima des Landes ist trocken u. gesund, aber im Winter so streng, daß die Flüsse zufrieren u. der Schnee liegen bleibt; die Jahreszeiten verlaufen sehr regelmäßig, im Octbr. u. Febr. wehen heftige Nord- u. Nordwestwinde, die dadurch vielen Schaden anrichten, daß sie den Wüstensand aufwirbeln u. in das angebaute Land treiben. Producte: Gold aus dem Sande der Flüsse u. Salz; die Jaleria africana, ein Wüstenkraut, von dem man u.a. Manna zur Nahrung sammelt, eine Indigopflanze, auf der auch ein Cochenille-Insect lebt, Rhabarber; Bären, Wölfe, Füchse, Schakals, wilde Esel, Hirsche, Antilopen, Reiher, Heuschrecken; Esel, Kameele, Dromedare, vorzügliche Pferde (bes. um Samarkand), Schafe, deren schwarze Wolle berühmtes Pelzwerk liefert, u. feinhaarige Ziegen; angebaut werden Reis, Roggen, Gerste, Hirse, Mais, Sesam, Melonen, Feigen, Obst, Wein, Baumwolle, Krapp, Tabak, Hans. Einwohner (s. Bukharen) gegen 2 Millionen, zum großen Theil Usbeken, dann Tadschiks, Turkmanen, Araber, Kirgisen, Hindus, Juden etc. Die Hälfte dieser Bevölkerung lebt als Nomaden, die andere von Landbau u. Gewerben, welche Gewebe aus Baumwolle, Seide, Kameel- u. Ziegenhaar, Leder, vorzüglich Chagrin, Säbel, Messer, Feuerwaffen, Werkzeuge u. Putzsachen fertigen. Der Handel mit diesen eigenen Erzeugnissen nach dem Auslande ist beträchtlich; dagegen wird eingeführt: von Rußland her Musselin, Leder, Metalle, Farben, Papier; aus Afghanistan u. Indien englische Waaren, Kaschmirshawls, Zucker; aus China Thee u. Porzellan; der Werth der Ausfuhr wird auf 2 Millionen Thaler geschätzt, u. überhaupt beschäftigt diese Handelsbewegung an 6000 Kameele. Die beiden fast ausschließlichen Sprachen sind die Türkische u. das Persische; die ganze Bevölkerung, mit Ausnahme der Juden, bekennt sich zum Islam, u. zwar sind sie die strengsten Sunniten. Verfassung: despotische Monarchie, beschränkt allein durch die Macht der Priester (Mullah's); der Herrscher ist erblich u. nannte sich früher Khan, jetzt aber Emir-el-Monmenin (Beherrscher der Gläubigen), sieht aber doch den Sultan von Constantinopel als seinen geistlichen Oberen an; die Rechtspflege ist basirt auf den Koran, die Polizei wird auf das Strengste gehandhabt; die Steuereinkünfte belaufen sich auf 1–2 Millionen Thaler aus den Zöllen, aus der Kopfsteuer, welche die Nichtmuhammedaner zu entrichten haben, u. aus dem Ertrage des Landes bis zu 20 Proc. Das Heer besteht aus 20,000 Reitern u. nur 5000 Fußgängern u. etlichen 40 Kanonen u. ist schlecht disciplinirt; der Sold wird in Getreidelieferungen bezahlt (jährlich 2000 Pfd. pro Mann); die Fußgänger führen Luntenflinten, die Reiter Säbel u. Lanze; die Kanonen sind von Bronce, in schlechtem Stande u. gewöhnlich noch schlechter bedient. 2) Hauptstadt darin, in einer Oase der großen Wüste von B., am Eingange des Thales des Flusses Zer-Afschan,[438] liegt in einer fruchtbaren, gutbewässerten Gegend, ist mit Mauern u. außerhalb noch von wohl gepflegten Gärten umgeben; in der Mitte der Stadt steht das weitläufige Castell, Aerk genannt, mit dem Palaste des Emirs u. seines ersten Ministers; an 360 Moscheen u. 366 Schulen, die durch Mullah's geleitet, stark besucht u. durch ganz Asien berühmt sind. B. ist die bedeutendste Stadt im Inneren von Asien, hat weit ausgebreiteten u. starken Handel, reiche Bazars, Karawanserais, viele muselmännische Heiligengräber, große Messen, auf denen sich Kaufleute aus allen Ländern Asiens einfinden; sehr enge Straßen. Die Einw. wurden im J. 1835 auf 150,000 geschätzt, darunter an 4000 Juden, die noch aus der Babylonischen Gefangenschaft hier geblieben sein sollen. Vgl. Burnes, Reisen nach u. in B., Weim. 1835

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 438-439.
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