Jülich

[175] Jülich, 1) vormals Herzogthum auf dem linken Rheinufer, zwischen Aachen, Köln u. Geldern, zum westfälischen Kreise gehörig; 75 QM., mit 210,000 Ew. Wappen: ein schwarzer Löwe im goldnen Felde. – Das Herzogthum J. war in ältesten Zeiten von den Menapiern bewohnt, später war es als Pagus Juliacensis durch Grafen beherrscht, als deren erster Gottfried um 941 bekannt ist; von seinen Nachfolgern kommen im 11. u. 12. Jahrh. Gerhard I. bis V. vor; Wilhelm I. regierte 1147 bis 1165; sein Sohn Wilhelm II., der Große, stand Anfangs auf Otto's Seite gegen den Erzbischof Philipp von Köln, ergriff aber 1205 des Letztern Partei; er st. 1207; Wilhelm III., Sohn Wilhelms v. Hagenbach, Neffe des Vor., folgte 1208, nahm 1211 an einem Kreuzzug gegen die Albigenser Theil, ergriff[175] die Partei Friedrichs II. gegen Otto IV. u. st. 1218 auf einem Kreuzzuge nach Palästina. Sein Sohn Wilhelm IV., stand erst auf der Seite des Kaisers Friedrich II., seit 1247 auf der Wilhelms von Holland; er hatte viel Streitigkeiten mit den Erzbischöfen von Köln, machte 1272 einen Kreuzzug gegen die heidnischen Preußen mit u. fiel in einem Streit mit Aachen 16. (17.) März 1278. Ihm folgte sein Enkel Waleram. Während sich dieser mit seinem jüngeren Bruder Gerhard stritt, welcher Waleram als Geistlichen von der Succession ausschließen wollte, war der Erzbischof Sigfried von Köln in J. eingefallen u. hatte fast alle Plätze besetzt, die er jedoch nach dem Vertrag von Pinzheim 1279 zurückgab. Waleram st. 1297, u. ihm folgte sein Bruder Gerhard VI.; 1390 zum Provincialvicar vom Niederrhein ernannt, stand er dem Kaiser Albrecht u. dessen Nachfolger, Ludwig von Baiern, in ihren Kämpfen am Rhein bei. Gerhard st. 1329, u. ihm folgte sein Sohn Wilhelm V. Diesen ernannte der Kaiser Ludwig 1336 zum Reichsfürsten u. Markgrafen u. bestimmte, daß er dem Kaiser bei der Krönung das Scepter vortragen sollte. 1339 bestätigte das Kurfürstencollegium die Erhebung J-s, die Vortragung des Scepters aber mußte der Markgraf mit Brandenburg theilen, ihm blieb die Vortragung bei Lehnsreichungen. Kaiser Karl IV. erhob ihn 1357 zu Metz zum Herzog u. ernannte ihn zum Grafen der Herrschaft Fauquemont. Sein Sohn Gerhard wurde durch seine Gemahlin Margarethe Graf von Berg. Er st. 1362, u. ihm folgte sein Sohn Wilhelm VI., der Alte; 1373 zog er gegen die heidnischen Preußen u. st. 1393. Durch seine Gemahlin Marie, Tochter des Herzogs Reinhold II. von Geldern, hatte er Ansprüche auf Geldern erhalten u. machte diese 1371 für seinen Sohn Wilhelm geltend; s. Geldern (Gesch).; dort war Wilhelm 1379 gefolgt u. nun wurde er 1393 als Wilhelm VII. auch Herzog von J. J. blieb auch unter seinem Nachfolger Reinhold IV. bei Geldern; aber 1423, nach Reinholds IV. Tode, besetzten Adolf IX., Herzog von Berg, Enkel von Gerhard u. Margarethe (s. oben) u. Urenkel Herzogs Wilhelm V., u. Johann, Herr von Heinsberg (durch seine Mutter Philippine Enkel des Herzogs Wilhelm V.), J. nach dem Testamente, welches Reinhold IV. 1. April 1420 gemacht hatte, daß, da er keine Kinder hatte, nach seinem Tode an Adolf 3/4 u. an Johann 1/4 von J. fallen sollte; Adolf wurde so Herzog von J. u. vereinigte J. mit Berg, u. Johann Herr von J. Erster lebte in stetem Krieg mit Herzog Arnolf Egmont von Geldern u. st. 1437; ihm folgte sein Neffe Gerhard, VII. (I. in Berg), Sohn des Grafen Wilhelm von Ravensberg, welcher mit Arnold von Geldern Kämpfe zu bestehen hatte, u. nach dessen Besiegung 1444 den Hubertusorden stiftete; er st. 1475 u. ihm folgte sein Sohn Wilhelm VIII. (III. in Berg); durch seine Gemahlin Elisabeth, Tochter Johanns von Nassau, erhielt er die Herrschaft Dietz, Heinsberg, Lauenberg u. Hickem. Von seiner Gemahlin Sibylle, Tochter des Kurfürsten Albert Achilles von Brandenburg, hatte er nur eine Tochter, Marie, die er als Erbin einsetzte u. 1511 an den Prinzen Johann, Sohn des Herzogs Johann von Kleve, verheirathete, obgleich der Kaiser Friedrich III. 1483 die Nachfolge in J. u. Berg dem Herzog Albrecht von Sachsen versprochen u. Kaiser Maximilian 1495 dies Versprechen erneuert hatte. Nach Wilhelms Tode 1511 folgte Johann der Friedfertige, sein Schwiegersohn, ungeachtet des Einspruchs Sachsens; der Kaiser belehnte Johann, doch wurde Sachsen sein Anspruch bewahrt. Johann folgte 1521 auch als Herzog von Kleve u. so wurde J. u. Berg mit Kleve verbunden; die weitere Geschichte s.u. Kleve (Gesch.). Nach dem Aussterben dieser Herzöge 1609 machten mehre deutsche Fürsten, bes. Sachsen, Brandenburg u. Pfalz-Neuburg, auf deren Hinterlassenschaft Ansprüche, woraus der Jülichsche Erbfolgestreit entstand (das Nähere über ihn s.u. Kleve). Durch den 1624 geschloßnen Vergleich zu Düsseldorf kam J. u. Berg an die Pfalzgrafen von Neuburg, Kleve aber an Brandenburg; nach dem Erlöschen der Pfalz-Neuburgischen Linie gelangte J., so wie die ganze Verlassenschaft, an die Pfalzgrafen von Sulzbach, die auch zu der Kurpfalz die baierischen Lande erhielten. So blieb J. nebst Kurpfalz eine Besitzung der Kurfürsten von Pfalz-Baiern, bis der Luneviller Frieden J. an Frankreich gab, welches schon seit 1794 dasselbe besetzt hatte. Es machte hier einen Theil des Departements der Roer aus. 1814 erhielt, nach dem Wiener Congreß, Preußen das Herzogthum J. mit Ausnahme einiger Parzellen, welche zu der niederländischen Provinz Limburg kamen. Es bildete mit den andern nördlichen Theilen der preußischen Besitzungen auf dem linken u. rechten Rheinufer die Provinz J.-Kleve-Berg, die später zur preußischen Rheinprovinz geschlagen wurde. Vgl. Kremer, Beiträge zur Jülich- u. Bergschen Geschichte, Manh. 1769–76, 2 Theile; Zusätze, Gieß. 1787; Wiebeking, Beitr. zur kurpfälz. Staatengesch., vorzüglich mit Rücksicht auf das Herzogth. J. u. Berg, Heidelb. 1793. 2) Kreis des preußischen Regierungsbezirkes Aachen, 5, 82 QM., 49,000 Ew.; 3) Kreisstadt darin, an der Roer, Festung dritten Ranges, mit Citadelle, nach alter spanischer Art bastionirt; am linken Roerufer liegt ein Kronenwerk als Brückenkopf; höhere Bürgerschule, Gerberei, Baumwollenspinnerei, Seifensiederei; Freimaurerloge zu den 7 vereinigten Brüdern; 3980 Ew. – J. ist das Juliacum der Alten; es wurde 1277 von Bischof Sigfried von Köln, 1610 von den Holländern unter dem Prinzen Moritz von Oranien, 1622 von den Spaniern wieder erobert, doch erhielt es im Pyrenäischen Frieden Pfalz-Neuburg wieder; 1794 nahmen es die Franzosen, den 17. Febr. 1814 wurde es von den Alliirten blockirt u. den 4. Mai von den Franzosen geräumt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 175-176.
Lizenz:
Faksimiles:
175 | 176
Kategorien: