Rauch [2]

[626] Rauch, 1) Gustav Johann Georg von, preuß. General, geb. 1. April 1774 in Braunschweig, gest. 2. April 1841 in Berlin, wurde, in der preußischen Ingenieurakademie vorgebildet, 1790 Leutnant im Ingenieurkorps, kam 1802 in den Generalstab, erwarb sich nach 1807 um die Errichtung von Kriegsschulen große Verdienste, wurde 1813 Oberst und Generalstabschef Yorcks, 21. Juli d. J. Generalmajor, an Scharnhorsts Stelle Chef des Ingenieurkorps und nahm im Generalstab Blüchers am weitern Kriege teil. 1814 zum Generalinspekteur der Festungen ernannt, inspizierte er auch die russischen Festungen 1822 und 1825. Im J. 1829 General der Infanterie und 1831 Mitglied des Staatsrats geworden, übernahm R. 1837–41 das Kriegsministerium. Ihm zu Ehren wurde 1889 das brandenburgische Pionierbataillon Nr. 3 Pionierbataillon v. R. genannt.

2) Christian Daniel, Bildhauer, geb. 2. Jan. 1777 in Arolsen, gest. 3. Dez. 1857 in Dresden, wurde in Arolsen zum Hofbildhauer Valentin in die Lehre gegeben, wo er jedoch nur im Ornamentfach einige Übung erlangte, und kam dann nach Kassel zum Bildhauer Ruhl. 1797 wurde er in Berlin als Kammerdiener des Königs angestellt, hatte aber dabei Gelegenheit, sich in der Kunst weiterzubilden, brachte 1802 einen schlafenden Endymion auf die akademische Ausstellung und modellierte 1803 eine Büste der Königin Luise, zu deren Ausführung in Marmor er 1804 nach Rom ging. Hier fand er an dem preußischen Minister W. v. Humboldt einen Gönner, und die bedeutendsten Künstler jener Stadt, namentlich auch Thorwaldsen und Canova, schenkten ihm freundschaftliche Teilnahme. Zu seinen ersten in Rom vollendeten Bildwerken gehören die Büste des Dichters Z. Werner, die lebensgroßen Büsten der Königin Luise, des Grafen Wengerski und des Malers Raphael Mengs für den damaligen Kronprinzen Ludwig von Bayern, 1811 ward er vom König von Preußen nach Berlin zurückgerufen, um mit andern Künstlern Entwürfe zu einem Denkmal der Königin Luise einzureichen. Sein ihm daraufhin in Auftrag gegebenes Werk, das die Königin auf einem Sarkophag schlummernd darstellt, wurde 1815 zu Charlottenburg in einem dazu errichteten Mausoleum aufgestellt und begründete den Ruhm des Künstlers (s. Tafel »Bildhauerkunst XIII«, Fig. 4). Noch mehr gelungen ist ein zweites, ähnliches Denkmal der Königin, das im Antikentempel des Parks beim Neuen Palais in Potsdam aufgestellt wurde. 1815 erhielt R. vom König den Auftrag, die Statuen der Generale Scharnhorst und Bülow in Marmor auszuführen. Die erste Anlage machte er in Carrara; die Vollendung der Statuen erfolgte aber in Berlin, wo sie 1822 zu den Seiten des neuen Wachtgebäudes aufgestellt wurden. Bei ihnen, wie den spätern Feldherrenstatuen, wählte er das moderne Kostüm, machte aber durch wehende Mäntel und faltige, wie nasse Beinkleider Zugeständnisse an den klassischen Kunstgeschmack. In Carrara begann er auch die Statue des Kaisers Alexander für den Grafen Ostermann-Tolstoi. Im ganzen führte er neben seinen Standbildern bis 1824 über 70 Büsten von Fürstlichkeiten (darunter der König und die Königin), Staatsmännern etc. aus. 1826 vollendete er das Modell zu der 4,5 m hohen Bronzestatue Blüchers in Breslau. Eine andre kolossale Bronzestatue Blüchers ward 1826 in Berlin zwischen dem königlichen Palais und dem Opernhaus aufgestellt. In dieses und die folgenden Jahre fallen das Denkmal Franckes in Halle, das Standbild Goethes, das die Stadt Frankfurt a. M. 1826 zu setzen beschloß, die 1829 vollendete sitzende Statue des Königs Maximilian von Bayern, die, von Stiglmayer gegossen, 1835 auf dem Max Josephs-Platz in München aufgestellt wurde, die von Burgschmiet gegossene Bronzestatue Albrecht Dürers für Nürnberg (1838 aufgestellt) und die Statuen der Polenkönige Mieczyslaw und Boleslaw Chrobry für die Hauptkirche in Posen (1841). Ein liebliches Bild, einer Legende entnommen, ist die kleine Statue der Jungfrau Lorenz von Tangermünde auf dem Rücken eines Hirsches. Für die Walhalla führte er seit 1833 sechs kolossale Viktorien in Marmor aus, deren Typus er für unsre Zeit festgestellt hat und die zu seinen schönsten Werken idealen Charakters gehören (Fig. 5). Im ganzen hat er etwa 30 Siegesgöttinnen geschaffen. Als Seitenstück zu dem Grabdenkmal der Königin Luise führte er das des Königs Friedrich Wilhelm III.[626] aus. Unter seinen Reliefs ist das 1838 in Marmor ausgeführte, das zwei weibliche und eine männliche Figur, einen Panther tränkend, zeigt; unter seinen Büsten sind die Albrecht Dürers für die Walhalla (1837), Thorwaldsens, in Lebensgröße und kolossal, für den König von Dänemark (1827), Hufelands, Schleiermachers hervorzuheben. In der letzten Zeit beschäftigte den Künstler vornehmlich das großartige Monument Friedrichs d. Gr. in Berlin, das 1851 daselbst enthüllt ward (Fig. 3), und in dem er die Summe seines Könnens in monumentaler Haltung und realistischer Porträtbildnerei zusammenfaßte (vgl. Merckle, Das Denkmal König Friedrichs d. Gr., Berl. 1894). Zu seinen besten Werken gehören auch die in karrarischem Marmor ausgeführten Statuetten des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, die er seiner Vaterstadt Arolsen zum Geschenk machte, das Grabmonument, das er 1847 im Auftrag des Königs Ernst August von Hannover für dessen Gemahlin vollendete, und zu dem später das des Königs hinzukam, und die Bronzestatuen Gneisenaus und Yorcks. R. starb in Dresden, wo er sich einer Kur wegen aufhielt. Nach seinen Vorarbeiten wurde nach seinem Tode noch die Gruppe Moses, von Aaron und Hur gestützt, den Sieg erflehend (Friedenskirche in Potsdam) von A. Wolff vollendet. R. war einer der ersten Bildhauer seiner Zeit; seine Schöpfungen erscheinen uns heute zum Teil weniger lebensvoll als die seines Vorgängers Schadow, werden aber als Werke einer ideal gesinnten Natur von hoher formaler Begabung dauernd ihren Platz in der deutschen Kunstgeschichte bewahren. Er hat die Berliner Bildhauerschule begründet, in der noch gegenwärtig sein Geist in einem Teil ihrer Mitglieder fortwirkt. 1865 wurden seine sämtlichen Werke in Modellen und Abgüssen zu einem Museum in Berlin vereinigt. Vgl. Fr. und K. Eggers, Christian Daniel R. (Berl. 1873–91, 5 Bde. mit 130 Lichtdrucktafeln); K. Eggers, R. und Goethe, urkundliche Mitteilungen (das. 1889); »Briefwechsel zwischen R. und Rietschel« (hrsg. von K. Eggers, das. 1890–91, 2 Bde).

3) Gustav Waldemar von, preuß. General, geb. 30. Jan. 1819 in Berlin, gest. daselbst 7. Mai 1890, Sohn von R. 1), trat 1836 in die Gardeartillerie, kam 1852 in den Generalstab, ward 1860 Kommandeur des 8., dann des 11. Husarenregiments, an dessen Spitze er den Krieg von 1866 mitmachte, führte die 16. und 21. und, 1870 Generalmajor geworden, die 15. Kavalleriebrigade, an deren Spitze er 16. Aug. bei Mars-la-Tour schwer verwundet ward. 1871 wurde er Kommandant von Frankfurt a. M., 1872 Kommandeur der 9. Division in Glogau und Generalleutnant und 1879 Chef der Landgendarmerie. R. genoß das besondere Vertrauen des Kaisers Wilhelm I. und nahm 1888 als General der Kavallerie den Abschied. – Der General der Infanterie und Chef der Landgendarmerie Albert von R. I (geb. 21. Aug. 1829, gest. 29. Jan. 1901) und der Oberstallmeister F. v. Rauch waren seine Brüder, der Präses der Generalordenskommission, General der Kavallerie, Generaladjutant Kaiser Wilhelms I.: Alfred von R. II (geb. 1. April 1824, gest. 25. Sept. 1900), sein Vetter.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 626-627.
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