Waldemar

[327] Waldemar, 1) Markgraf von Brandenburg, Sohn des Markgrafen Konrad II., dem er 1303 folgte, herrschte seit dem Tode seines Oheims Otto IV. 1309 über sämtliche märkische Besitzungen der Askanier und entriß den Polen Pomerellen, das er mit dem Deutschen Orden teilte. Als 1312 der Markgraf Friedrich I. von Meißen in sein Gebiet einbrach, schlug ihn W. 1313, nahm ihn gefangen und besetzte vorübergehend Meißen und Dresden. Da W. als Schutzherr für die hansische Stadt Stralsund dem Rügenfürsten Witzlav entgegentrat, bildete sich gegen ihn ein großer Bund norddeutscher Fürsten, dem sich auch die Markgrafen von Meißen anschlossen. W. verlor zwar die Schlacht von Gransee (im August 1316) gegen die Dänen und Mecklenburger, behauptete aber im Frieden von Templin (1317) seine Besitzungen und erhielt von Meißen die Niederlausitz abgetreten. Er regierte nun in Frieden, hielt glänzend Hof, förderte die märkischen Städte, starb aber schon 14. Aug. 1319. Das askanische Haus beruhte nun nur noch auf Waldemars unmündigem Vetter Heinrich, der mit seiner Mutter in Landsberg residierte, aber auch schon 1320 starb. Die Belehnung des Hauses Wittelsbach mit Brandenburg durch Kaiser Ludwig den Bayern (1323) versetzte das Land in große Wirren, so daß das Volk sich lebhaft nach der glänzenden Zeit Waldemars zurücksehnte. Da erschien 1347 ein Mann, der falsche W., vor dem Erzbischof von Magdeburg, der sich für den angeblich verstorbenen Markgrafen W. ausgab. Er habe, behauptete er, um seine Ehe in verbotenem Grad mit seiner Base Agnes zu lösen, sich krank gestellt und befohlen, einen fremden Leichnam statt seiner in Chorin zu begraben, sei aber selbst nach dem Heiligen Grab gepilgert und dort bis jetzt festgehalten worden. Der Erzbischof und auch die askanischen Fürsten von Sachsen und Anhalt, die so das Land ihrem Hause zu retten hofften, erklärten, daß er der wahre Markgraf sei. Bald fiel ihm das ganze Land zu, und nur noch wenige Städte hielten zu dem Wittelsbacher Ludwig, als Kaiser Karl IV. 1348 in Brandenburg erschien und W. aus Feindschaft gegen die Wittelsbacher 2. Okt. feierlich belehnte, nachdem viele Fürsten und Ritter seine Echtheit beschworen und er die Lausitz an Böhmen abgetreten hatte. Als jedoch Ludwig den Gegenkönig Günter von Schwarzburg fallen ließ und Karl IV. anerkannte, ward W. 1350[327] vor den Reichstag zu Nürnberg beschieden, seine Ansprüche zu erweisen. Da er nicht erschien, erklärte ihn der Kaiser für einen Betrüger. Von allen verlassen, floh W. nach Dessau, von wo aus er die Bewohner der Marken 1351 ihrer Pflichten entließ und bis zu seinem Tod 1357 fürstliche Ehren genoß. Die Unechtheit des falschen W. ist sicher, wer der Betrüger aber wirklich gewesen ist, unaufgeklärt. Vgl. Klöden, Diplomatische Geschichte des Markgrafen W. (Berl. 1844–46, 4 Bde.); Möricke, W. der Große, Markgraf von Brandenburg (Frankf. a. O. 1902, Teil 1). W. Alexis hat den Stoff zu einem Roman benutzt.

[Könige von Dänemark.] 2) W. I., der Große, geb. 14. Jan. 1134, gest. 12. Mai 1182, Sohn Knut Lavards, wurde 1150 Herzog von Schleswig, 1157 als Svens Nachfolger zum König gekrönt, huldigte 1162 dem Kaiser Friedrich I., kämpfte im Bunde mit Heinrich dem Löwen 1159–79 fast ununterbrochen gegen die Wenden, wobei er Rügen eroberte und bekehrte, und erhob mit Hilfe seines Ratgebers Absalon (s. d.) Dänemark zu einem mächtigen Reich. Vgl Chr. Erslev, Valdemarernes Storhedstid (Kopenh. 1898); L. Holberg, Kirke og Len under Valdemarerne (das. 1899); A. U. Bååth, Kung W. och bisp Absalon i fejd mot Venderne (Lund 1902).

3) W. II., der Sieger, Sohn des vorigen, geb. 28. Juni 1169 oder 1170, gest. 28. März 1241, folgte 1202 seinem ältern Bruder, Knut VI., plante die Gründung eines mächtigen dänischen Ostseereichs, vollendete die Unterwerfung der norddeutschen Gebiete südlich der Eider bis nach Danzig, eroberte 1205 Dagö und Ösel, 1210 Preußen und Samland, 1219 durch einen Kreuzzug auch Esthland (s. Danebrog), wurde aber 1223–25 mit seinem Sohn, dem schon 1218 zum König gekrönten W. dem Jungen (1209–31), vom Grafen Heinrich von Schwerin gefangen gehalten und, als er die bei seiner Freilassung gestellten Bedingungen nicht erfüllte, von den verbündeten Fürsten Norddeutschlands nach der Niederlage bei Bornhöved (1227) zum Verzicht auf alle Besitzungen am südlichen Ostseeufer (ausgenommen Rügen, Esthland und einen kleinen Teil Preußens) gezwungen. Vgl. A. D. Jörgensen, W. Sejr (Kopenh. 1879).

4) W. III., geb. 1314, gest. 1364, folgte 1325 seinem Vater, Herzog Erich II., in Schleswig (s. d., S. 853), wurde 1326 an Stelle Christophs 11. zum dänischen König gewählt, mußte aber schon 1330 die Krone niederlegen und 1340 Schleswig an seinen Oheim Gerhard III. von Holstein (s. d.) gegen Nordjütland verpfänden.

5) W. IV., Atterdag (»wieder Tag«), Schwager des vorigen, geb. um 1317, gest. 24. Okt. 1375, wurde 1340, nach der Ermordung Gerhards III. (s. oben), König von Dänemark, wo es unter seiner kräftigen Regierung »wieder Tag« ward. Nachdem er 1346 Esthland dem Deutschen Orden verkauft hatte, stellte er bis 1360, wo er Schonen, Blekinge und Südhalland den Schweden wieder abnahm, durch List, Gewalt oder Kauf die frühern Reichsgrenzen her. 1360 sicherte er die Rechte des Adels durch die Kallundborger Handfeste. Durch die Brandschatzung von Wisby (1361) geriet er in zwei sehr verderbliche Kriege mit der Hansa (s. d., S. 790) und sah sich 1368–72 zum unfreiwilligen Aufenthalt im Ausland genötigt. Vgl. D. Schäfer, Die Hansestädte und König W. (Jena 1879); Reinhardt, W. Atterdag og hans Kongegjerning (Kopenh. 1880).

[Preußen.] 6) Friedrich Wilhelm W., Prinz von Preußen, geb. 2. Aug. 1817, gest. 17. Febr. 1849 in Münster, Sohn des Prinzen Wilhelm, Bruders des Königs Friedrich Wilhelm III., war 1844 Oberst, als er eine Reise nach Ostindien unternahm. In dem Kriege der Engländer mit den Sikh wohnte er den Schlachten bei Mudli 18. Dez. 1845, bei Serozscha 21. und 22. Dez. und bei Sobraon 10. Febr. 1846 bei. Mitte Juni 1846 heimgekehrt, wurde W. 1848 Kommandeur einer Kavalleriebrigade in Münster. Von seinen Tagebüchern und Zeichnungen gaben seine Geschwister das Prachtwerk »Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen W.« (Berl. 1855, 2 Bde.) heraus, von dem Kutzner (das. 1857) einen Auszug veranstaltete.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 327-328.
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