Trevīso [1]

[797] Trevīso (Trevigi), 1) Provinz des lombardischvenetianischen Königreiches, grenzt an die Provinzen Padua, Venedig, Udine u. Belluno, 43,05 QM., ist an der nordwestlichen Grenze durch die Alpen gebirgig, sonst flach, wird von den Flüssen Piave, Livenza, Musone u.a. bewässert, hat mildes Klima u. bringt Getreide, Fische, Wild, Holz, Kupfer. Die 298,030 katholischen Ew. treiben Ackerbau, Viehzucht (bes. Geflügel), Seidencultur, Seiden- u. Tuchweberei, Eisen- u. Kupferwaarenfabrikation; die Provinz wird in acht Districte eingetheilt; 2) Hauptstadt darin, am schiffbaren Sile, in welchen hier die Rotteniga u. Piavesella fällt, u. an der Eisenbahn Triest-Mestre, hat große, von Arkaden umgebene Plätze u. alte Wälle, ist Sitz der Provinzialbehörden, eines Landesgerichts, Hauptzoll- u. Postamts, einer Handels- u. Gewerbekammer u. eines Bischofs. Unter den neun Kirchen ist die hauptsächlichste die unvollendete Kathedrale S. Pietro (um 1100 durch die Lombardi erbaut, im 14. Jahrh. erweitert), die Kirche Monte di Pieta, die gothische Dominicanerkirche S. Niccolo, die Kirchen S. Leonardo, S. Maria Maddalena, sämmtlich mit werthvollen Gemälden. T. hat außerdem einen Convent der Karmeliter (seit 1834), Kloster der Töchter der Barmherzigkeit (seit 1843), Institut der Dorotheerinnen, bischöfliches Obergymnasium, theologische Lehranstalt, Diöcesanseminar, Ateneo (Akademie der Künste u. Wissenschaften), zwei Bibliotheken, Botanischen u. Agrarischen Garten, Sparkasse, Versorgungs- u. Krankenhaus, Kinderbewahranstalt, zwei Theater, Fabriken in Metallwaaren, Tuch- u. Seidenzeug, Leinwand- u. Papiermanufacturen, im October eine ansehnliche Messe u. 22,165 Ew. T. ist Geburtsort des Gothenkönigs Totila; der französische Marschall Mortier hatte den Titel Herzog von T. Die Umgegend, die Trevisanische Mark, ist sehr fruchtbar u. anmuthig. – T. ist das Travesium der Alten, wo schon früh ein Bisthum gegründet wurde; es kam in der ostgothischen Zeit an die Gothen, ergab sich aber wieder an Belisar; nachdem der Gothe Ildebald den Vitalian bei T. geschlagen hatte, kam sie wieder an die Gothen u. dann an die Longobarden, unter deren Herrschaft sie der Sitz eines Markgrafen wurde. Zur Mark T., welche im Osten an Friaul, im Süden an das Meer, das Dogat u. das Paduanische, im Westen an das Vicentinische u. im Norden an Feletrino u. Bellunese grenzte, gehörte auch das Veronesische u. Vicentinische. Die Mark kam nachher an die Könige von Italien. Am mächtigsten war T. zu Ende des 12. u. Anfang des 13. Jahrh., wo sich mehre Städte unter seinen Schutz begaben u. alle unzufriedene Vornehme aus der Nachbarschaft mit ihren Schätzen nach T. zogen. Die Podestas waren seit dem 13. Jahrh. aus dem Haus Camino. Damals hatten sie stets Kämpfe gegen die Patriarchen von Aquileja, welche meist glücklich für sie endigten; aber es fehlte auch nicht an Parteiungen u. inneren Kämpfen unter dem Adel, diese benutzte endlich Ezzelino (s.d.), vertrieb den Podesta Biaquin de Camino u. riß T. an sich. Als er 1259 gestorben war, machte sich T. frei u. wählte wieder die Camini zu Podestas. Der letzte aus diesem Hause war Gucello de Camino, welchem 1329 Cane I. delle Scala die Herrschaft entriß. Dieser starb schon vier Tage nach der Eroberung von T., aber seine Nachkommen behielten T., bis es 1338 durch Vertrag an Venedig kam. Die Venetianer traten es 1381 an den Herzog Leopold von Österreich ab, welcher es aber 1382 an die Carara von Padua verkaufte, denen es jedoch die Venetianer 1388 wieder entrissen. 1509 blieb T., da alle venetianischen Städte sich dem Kaiser od.[797] dem König von Frankreich ergaben, allein der Republik treu. 1797 wurde es von den Franzosen besetzt u. 1798 an die Österreicher abgetreten. Hier 16. Jan. 1801 Waffenstillstand zwischen Österreich u. Frankreich. 1803 wurde bei der neuen Organisation des Venetianischen das Gebiet von T. eine der sieben Provinzen, als aber 1805 Österreich das Venetianische an das Königreich Italien abtrat, wurde T. Hauptstadt des Departements Tagliamento; als 1814 das Venetianische wieder an Österreich kam, wurde T. eine der acht Delegationen des Gouvernements Venedig des Lombardisch-Venetianischen Königreichs. Am 21. März 1848 brach hier eine revolutionäre Bewegung aus, worauf die schwache österreichische Besatzung die Stadt räumte. Am 11. Mai 1848 siegten die Österreicher bei T. in einem Gefecht über die Piemontesen, worauf T. von Graf Nugent beschossen wurde; ein zweites zwölfstündiges Bombardement unter Welden hatte am 14. Juni die Capitulation an Österreich zur Folge. Vgl. Giov. Bonifazio, Storia di T., Vened. 1748; Lor. Crico, Lettere sulle belle arti Trivigiane, Trev. 1823.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 797-798.
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