Haug

[875] Haug, 1) Balthasar, Schriftsteller, geb. 4. Juli 1731 zu Stammheim in Württemberg, gest. 3. Jan. 1792 in Stuttgart, war seit 1776 Professor an der dortigen Militärakademie, der damals Schiller als Zögling angehörte. Durch mehrere Zeitschriften, die er herausgab, suchte er das Interesse seiner Landsleute an der großen deutschen Literaturbewegung zu beleben und einen Sammelpunkt für die Schriftsteller Schwabens zu gründen. Sein »Schwäbisches Magazin von gelehrten Sachen« enthält in den Jahrgängen 1776, 1777 und 1780 poetische Jugendversuche Schillers.

2) Johann Christoph Friedrich, Lieder- und Epigrammendichter, Sohn des vorigen, geb. 9. März 1761 zu Niederstotzingen in Württemberg, gest. 30. Jan. 1829 in Stuttgart, erhielt seine Bildung auf der Karlsschule, wo er zum Freundeskreise Schillers gehörte, wurde 1784 Sekretär im herzoglichen Geheimen Kabinett, 1794 Geheimer Sekretär und 1817 Hofrat und Bibliothekar in Stuttgart. H. hat sich besonders durch seine sehr zahlreichen Epigramme Ruf erworben (»Sinngedichte«, Frankf. 1791; »Epigramme und vermischte Gedichte«, Berl. 1805, etc.). Er veröffentlichte sie unter dem Namen Hophthalmos, d. h. H-Ophthalmos (griech., »Auge«). Für die Beweglichkeit seines hyperbolischen, selten verletzenden Witzes zeugen namentlich seine »Zweihundert Hyperbeln auf Herrn Wahls ungeheure Nase« (Stuttg. 1804; neue Aufl., Brünn 1822). Auch gab er mit Weisser eine »Epigrammatische Anthologie« (Zürich 1807–09, 10 Bde.) heraus. Außerdem versuchte er sich in Fabeln, Balladen, Scharaden und Erzählungen; 1807–17 war er Redakteur von Cottas »Morgenblatt«. Eine Auswahl seiner »Gedichte« erschien Hamburg 1827, 2 Bde., und Stuttgart 1840.

3) Martin, Orientalist, geb. 30. Jan. 1827 in Ostdorf bei Balingen in Württemberg als Sohn eines Landmannes, gest. 3. Juni 1876 im Bad Ragaz, widmete sich seit 1848 in Tübingen und Göttingen besonders dem Studium der Sanskritsprache und habilitierte sich 1854 in Bonn, von wo er 1856 nach Heidelberg übersiedelte, um sich auf Einladung Bunsens an dessen Bibelwerk zu beteiligen. 1859 einem Ruf nach Indien folgend, wurde er am Puna College als Sanskritprofessor und Superintendent of Sanscrit studies angestellt. Seine umfassende Kenntnis der heiligen Schriften der Parsen und Hindu und sein vertrauter Verkehr mit den Priestern beider Religionen ermöglichten es ihm, viele neue Beiträge zum Verständnis des Zendavesta und der Wedas zu geben. 1866 nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er 1868 ordentlicher Professor des Sanskrits und der vergleichenden Sprachwissenschaft an der Universität zu München und entwickelte dort eine bedeutende Lehrtätigkeit. Wichtige Beiträge zum Verständnis des Zendavesta sind: »Die fünf Gathas, oder Sammlungen von Liedern und Sprüchen Zarathustras etc.« (Leipz. 1858–62, 2 Bde.) und die »Essays on the sacred language, writings and religion of the Parsees« (Bombay 1862; 2. verbesserte Aufl. von West, Lond. 1878). Haugs Hauptwerk im Gebiete der altindischen Literatur ist die Ausgabe und Übersetzung des »Aitareya Brâhmana of the Rigveda« (Bombay 1863, 2 Bde.). Hervorzuheben sind ferner seine auf das Pehlewi bezüglichen Arbeiten. Seine bedeutende Handschriftensammlung wurde nach seinem Tode von der Münchener Hof- und Staatsbibliothek angekauft.

4) Robert, Maler, geb. 27. Mai 1857 in Stuttgart, bildete sich auf der dortigen Kunstschule besonders bei B. von Neher und Häberlin und ging dann nach München, wo er zwei Jahre lang Schüler der Akademie war. Durch Mangel an Existenzmitteln gezwungen, in seine Vaterstadt zurückzukehren, sah er sich in der nächsten Zeit auf Erwerb durch Illustrationen angewiesen, bekundete aber schon damals eine entschiedene Neigung für Schilderungen aus dem Soldatenleben in Krieg und Frieden. Als Gehilfe des Schlachtenmalers Faber du Faur bei der Ausführung eines Panoramas in Hamburg fand er Gelegenheit, sich in der Ölmalerei weiter zu vervollkommnen. Seinen ersten Erfolg erzielte er aber erst 1888 auf der Münchener internationalen Kunstausstellung durch zwei Bilder: die Preußen bei Möckern (Stuttgart, königliches Museum) und Freiwillige Jäger (Berlin, Nationalgalerie). Auf der Münchener Kunstausstellung von 1890 errang H. für das Bild: ein Abschied, den ein junger Lützower Offizier von seiner Braut in einem beschneiten Walde bei Abenddämmerung nimmt (für die Neue Pinakothek in München angekauft), eine Medaille erster Klasse. Auch zwei kleinere Bilder auf derselben Ausstellung: Unterwegs und Ein Rapport, behandeln Episoden aus den Befreiungskriegen, ebenso die spätern Werke: im Morgenrot, am Rhein (1893, der Vortrab der Blücherschen Armee 1. Jan. 1814), Straßenkampf in Leipzig 19. Okt. 1813 (1895, Leipziger Museum). Den schlichten Geist dieser Zeit weiß H. mit großer Kraft der Darstellung und überzeugender Wahrheit wiederzugeben. In neuerer Zeit hat H. auch Bilder aus den Kriegen des 18. Jahrh. (Kampf im Kornfeld, in der Berliner Nationalgalerie) und aus dem deutsch-französischen Kriege (Überflügelt) sowie Genrebilder aus dem modernen Leben gemalt, auf denen er nach der Wiedergabe von starken Lichtwirkungen bei naturalistischer Behandlung strebte. 1894 wurde er Lehrer an der Kunstschule in Stuttgart.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 875.
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