Fouqué

[804] Fouqué (spr. fūkē), 1) Heinrich August, Freiherr de la Motte-, preuß. General, geb. 4. April 1698 im Haag, gest. 3. Mai 1774 in Brandenburg, seit dem achten Jahre Page am Hof des Fürsten Leopold von Anhalt Dessau, machte mit diesem 1715 den Feldzug der Preußen gegen Karl XII. von Schweden mit, verließ 1738 den preußischen Dienst als Major, nahm dänische Dienste, beteiligte sich, von Friedrich II., mit dem er in näherer Verbindung stand, zurückgerufen, an dem Schlesischen Krieg und zeichnete sich besonders 1742 als Kommandant der Festung Glatz aus. Am 23. Juni 1760 in einer Stellung, die er bei Landeshut gegen eigne Überzeugung auf Befehl des Königs eingenommen hatte, mit seinem aus kaum 10,000 Mann bestehenden Korps von 30,000 Österreichern unter Laudon gefangen, ward er zu Karlstadt in Kroatien bis nach erfolgtem Friedensschluß in Hast gehalten, nahm nach seiner Rückkehr keine militärische Stellung mehr an, sondern lebte als Dompropst in Brandenburg, von wo aus er mit Friedrich II. in lebhaftem Verkehr stand. Die »Mémoires du baron de la Motte-F.« (Berl. 1788, 2 Bde.; deutsch von Büttner, das. 1788, 2 Bde.) enthalten Fouqués Briefwechsel mit Friedrich II. Seine Biographie schrieb sein Enkel Friedrich de la Motte-F. (Berl. 1824); vgl. auch Bach, Die Grafschaft Glatz unter dem Gouvernement des Generals Heinrich August Freih. de la Motte-F. 1742–1760 (Habelschwerdt 1885).

2) Friedrich Heinrich Karl, Freiherr de la Motte-, deutscher Dichter, Enkel des vorigen, geb. 12. Febr. 1777 in Brandenburg, gest. 23. Jan. 1843 in Berlin, erhielt eine militärische Erziehung, trat als Leutnant in das Regiment Gardedukorps, nahm am Rheinfeldzug von 1794 teil und lebte dann privatisierend seinen poetischen Neigungen. Durch A. W. v. Schlegel mit den »Dramatischen Spielen«, die unter dem Pseudonym Pellegrin (Berl. 1801) erschienen, in die Literatur eingeführt, trat er nacheinander mit den »Romanzen vom Tal Ronceval« (das. 1805), dem Roman »Historie vom edlen Ritter Galmy und einer schönen Herzogin von Bretagne« (das. 1806), dem Roman »Alwin« (das. 1808) und dem Heldenspiel »Sigurd, der Schlangentöter« (das.[804] 1808) hervor, Werke, die in Stoff, poetischer Auffassung und Darstellungsweise seine spätere Dichtung bereits kennzeichneten. Die Sagen des Nordens und die französischen Rittergeschichten des Mittelalters regten Fouqués Phantasie gleichzeitig an und flossen ihm zu einer wunderlich phantastischen Welt zusammen. Zwischen den Jahren 1808–20 nahm Fouqués Leben und Dichten den größten Aufschwung. Patriotische Begeisterung führte ihn 1813 in die Reihen der preußischen Armee zurück; er nahm als Leutnant und Rittmeister bei den freiwilligen Jägern an den Schlachten des Befreiungskrieges teil, erhielt 1815 den Abschied als Major und lebte dann wieder auf seinem Gut Nennhausen bei Rathenow, Gastfreundschaft übend und im lebendigen Verkehr mit allen romantischen Zeitgenossen rasch produzierend. Für sein bestes Werk gilt mit Recht »Undine« (Berl. 1811, 26. Aufl. 1887), eine Erzählung, deren Frische und schlichter, nur an einigen Stellen gekünstelter Märchenton über die wenigen schatten- und spukhaften Stellen leicht hinwegsehen ließen. Dann folgten die Ritterromane: »Der Zauberring« (Nürnb. 1813; neue Ausg., Braunschw. 1865) und »Die Fahrten Thiodulfs, des Isländers« (Hamb. 1815, 2. Aufl. 1848), die neben wirklich kräftigen Szenen schon viel Manier und künstliche Reckenhaftigkeit aufwiesen. Die »Kleinen Romane« (Berl. 1814–19, 6 Bde.), »Sängerliebe« (Stuttg. 1816), »Die wunderbaren Begebenheiten des Grafen Alethes von Lindenstein« (Leipz. 1817) wurden durch »Neue Schauspiele« (»Alf und Yngwi«, »Die Irmensäule«, »Runenschrift«), ritterliche Tragödien (»Die Pilgerfahrt«, »Der Jarl der Orkneyinseln«), epische Gedichte, wie »Corona« (Stuttg. 1814), »Karls d. Gr. Geburt und Jugendjahre« (Nürnb. 1814), »Bertrand du Guesclin« (Leipz. 1821), und zahllose kleinere Erzählungen, Dramen und Abenteuer ergänzt; in allen wirkte die gleiche Mischung von »süßlicher Kraft und minniglicher Tugendhaftigkeit«. Nach 1820 ward Fouqués Produktion immer unerquicklicher und verlor alle Frische, so daß sich das Publikum von dieser Manier mehr und mehr abwendete. Nach 1830 siedelte F., der Nennhausen verkaufen mußte, nach Halle über, wo er unter anderm auch mit öffentlichen Vorlesungen über und gegen den Zeitgeist hervortrat. Seine harmlose Romantik verwandelte sich in eine gallige feudale und frömmelnde Verdammung der modernen Welt. Unter seinen spätern Schriften gehören »Ritter Elidouc«, altbretagnische Sage (Leipz. 1823), »Die Saga von Gunlaugar, genannt Drachenzunge, und Rafn dem Skalden. Eine Islandskunde des 9. Jahrhunderts« (Wien 1826), »Jakob Böhme«, ein biographischer Denkstein (Greiz 1831), »Die Weltreiche zu Anfang der Jahre 1835–1840«, Dichtungen (Halle 1835–40,6 Hefte), »Preußische Trauersprüche Und Huldigungsgrüße für das Jahr 1840« (das. 1840), »Der Pappenheimer Kürassier; Szenen aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs« (Nordh. 1842; 2. Aufl., Bautzen 1853) zu den besonders charakteristischen. Durch die Munifizenz Friedrich Wilhelms IV. von Preußen wurde F. den äußern Lebenssorgen entrückt und nach Berlin berufen, wo er in Gemeinschaft mit L. v. Alvensleben die »Zeitung für den deutschen Adel« (Leipz. 1840–42) herausgab. Seine »Lebensgeschichte« (Halle 1840) hatte er ebenso wie die Sammlung seiner »Ausgewählten Werke« (das. 1841, 12 Bde.) noch selbst veröffentlicht. Nach seinem Tod erschienen der Roman »Abfall und Buße oder die Seelenspiegel« (Berl. 1844); »Geistliche Gedichte« (das. 1846, 2. Aufl. 1858) und »Christliche Gedichte« (das. 1862). Eine Auswahl aus seinen Schriften gab M. Koch in Kürschners »Deutscher Nationalliteratur« (Bd. 146), die »Undine« I. Dohmke (zusammen mit Novalis' Werken) in Meyers Klassiker-Bibliothek (Leipz. 1892) heraus.

3) Karoline Auguste, Freifrau de la Motte-, Schriftstellerin, zweite Gemahlin des vorigen, geborne v. Briest, geb. 1773 zu Nennhausen bei Rathenow, gest. daselbst 20. Juli 1831, vermählte sich 1789 mit einem Herrn v. Rochow und, nachdem diese Ehe 1809 getrennt worden, mit Fouqué. Von ihren zahlreichen Romanen und Erzählungen, die sie z. T. unter dem Pseudonym Serena herausgab, erwähnen wir: »Roderich« (Berl. 1807); »Das Heldenmädchen aus der Vendée« (das. 1816); »Frauenliebe« (Nürnb. 1818); »Ida« (Berl. 1820); »Die Vertriebenen« (Jena 1823, 3 Bde.) und »Valerie« (Berl. 1827). Von ihren übrigen Schriften sind die »Briefe über Zweck und Richtung weiblicher Bildung« (Berl. 1811) beachtenswert.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 804-805.
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