Herbert [2]

[195] Herbert, 1) Edward, Lord H. of Cherbury, der Begründer des englischen rationalen Deismus, geb. 3. März 1583 auf dem Landgut Eyton in Shropshire, gest. 20. Aug. 1648 in London, studierte in Oxford, lebte auf Reisen und als Gesandter in Frankreich, wo er beim Anblick des religiösen Zwiespalts auf den Gedanken einer über den konfessionellen Parteien stehenden »natürlichen oder Vernunftreligion« gebracht wurde. Daraus ist seine Schrift »De veritate pro-ut distinguitur a revelatione, a verisimili, a possibili et a falso« (Par. 1624; 4. Aufl., Lond. 1656) hervorgegangen, zu deren Herausgabe ihn Hugo Grotius ermunterte. Er setzt darin Bacons Empirismus einen Rationalismus entgegen, indem er sich dabei auf die Vernunft beruft, deren allgemeine und allen gemeine Grundsätze (theoretische und praktische) aller Erfahrung vorausgehen, weshalb alles, was durch sie erkannt wird, von selbst allgemeine, der mathematischen Evidenz ähnliche Geltung haben soll. Von den Aussprüchen der Vernunft leitet nun H. den Inhalt der natürlichen Religion ab, ohne dazu einer Offenbarung zu bedürfen. Die Hauptsache bilden fünf Wahrheiten: 1) das Dasein eines höchsten Wesens, 2) die Pflicht, dieses zu verehren, 3) zu dieser Verehrung gehören besonders Tugend und Frömmigkeit, 4) das Unterlassen dieser Verehrung muß bereut werden, 5) aus Gottes Güte und Gerechtigkeit folgt [195] Lohn und Strafe in diesem und in jenem Leben. Er veröffentlichte noch: »De causis errorum« und »De religione gentilium« (Lond. 1645 u. Amsterd. 1663). Seit 1625 lebte H. von Geschäften zurückgezogen und stand im Beginn der englischen Revolution auf der Seite des Parlaments. Nach seinem Tod erschien eine von ihm verfaßte Lebensbeschreibung Heinrichs VIII. (neue Ausg. 1880), mehr Lobspruch als Geschichte, eine Sammlung von Dichtungen (hrsg. von Collins, Lond. 1881) und seine Selbstbiographie: »The life of Edward Lord H. of Cherbury, written by himself« herausgegeben von Horaz Walpole (das. 1770; neue Ausg. von Lee, 1886, zuletzt 1904). Vgl. Ch. de Rémusat, Lord H. de Cherbury (Par. 1874); Güttler, Eduard Lord H. von Cherbury (Münch. 1897).

2) John Rogers, engl. Maler, geb. 23. Jan. 1810 zu Maldon in der Grafschaft Essex, gest. 17. März 1890 in London, ging 1825 nach London an die königliche Akademie und wurde, nachdem er die damalige Prinzessin Viktoria gemalt hatte, bald als Porträtmaler bei der Aristokratie beliebt. 1835 stellte er ein Genrebild: das Stelldichein, aus, dem das Gebet, Gefangene, von Condottieri befreit (1836), Desdemona bittet für Cassio (1838) und mehrere Szenen nach Byron und aus der venezianischen Geschichte folgten. Um diese Zeit trat er zur katholischen Kirche über. Die neuen Ideen verraten sich in seinen Bildern: die venezianische Prozession von 1528 (1839), Jünger vor dem Tor eines Klosters, Entführung venezianischer Bräute durch Seeräuber aus Istrien (1841), Einführung des Christentums in die Bretagne (1842), Sir Thomas Moore und seine Tochter, St. Gregor unterrichtet die römischen Kinder im Gesang (1845) und der Jesusknabe beim Anblick eines Kreuzes (1847). In den Sälen des neuen Parlaments malte er: Moses mit den Gesetzestafeln vom Sinai kommend, Salomos Urteil, Besuch der Königin von Saba, der Tempelbau, Verurteilung der falschen Propheten, Daniel in der Löwengrube etc.

3) Sidney, Lord, brit. Staatsmann, Sohn des elften Grafen von Pembroke, geb. 16. Sept. 1810 in Richmond, gest. 2. Aug. 1861, studierte in Oxford und war von 1832–61 Mitglied des Unterhauses. Er schloß sich den Konservativen an und ward im Ministerium Peel 1841 Sekretär der Admiralität, 1845 Kriegsminister. 1846 ging er mit Peel in das Lager der Freihändler über und gehörte seitdem zu der kleinen Schar parlamentarischer Kapazitäten, die als »Peeliten« gemäßigt konservative Grundsätze mit liberaler Handelspolitik zu verbinden suchten. Im Ministerium Aberdeens ward H. im Dezember 1852 abermals Kriegsminister und leitete die Rüstungen zum Kriege gegen Rußland. Es gelang ihm aber nicht, die in der Verwaltung des Heerwesens eingerissenen Mißbräuche zu beseitigen, die im Verlauf des Krieges einen solchen Unwillen hervorriefen, daß das Ministerium zurücktreten mußte. In dem neugebildeten Ministerium Palmerston (im Januar 1855) ward H. Kolonialminister, trat aber schon nach einigen Wochen zurück, als der Antrag auf Niedersetzung einer Kommission zur Untersuchung der Armeeverwaltung durchging. Im Juni 1859 übernahm er abermals unter Palmerston das Kriegsministerium und brachte durch zweckmäßige Reformen seine Gegner zum Schweigen. Infolge zu großer Anstrengung erkrankt, ließ er sich 1861 zum Lord H. of Lea ernennen, um in das Oberhaus überzugehen, ward aber durch seine zunehmenden Leiden zum Verzicht auf sein Amt genötigt.

4) Hilary A., nordamerikan. Staatsmann, geb. 12. März 1834 in Laurensville (Südcarolina), studierte die Rechte, ließ sich als Advokat in Montgomery (Alabama) nieder, trat in die konföderierte Armee, zeichnete sich vor dem Feind aus und ward Oberst des 6. Freiwilligenregiments von Alabama. 1864 wurde er in der Schlacht in der Wildnis schwer verwundet und nahm nach seiner Wiederherstellung seine Anwaltstätigkeit wieder auf. Viele Jahre hindurch gehörte er dem Kongreß an, war Vorsitzender des Marineausschusses und 1893–97 unter Präsident Cleveland Marinesekretär.

5) Sir Michael Henry, brit. Diplomat, Sohn von H. 3), geb. 25. Juni 1857, gest. 30. Sept. 1903 in Davos, trat 1877 in den diplomatischen Dienst, war 1888–89 Geschäftsträger in Washington, 1892 bis 1893 der dortigen britischen Gesandtschaft als Sekretär zugeteilt, weilte 1893–94 in gleicher Eigenschaft im Haag, darauf bis 1897 in Konstantinopel, dann in Rom, 1898–1903 in Paris und wurde Anfang Juni 1903 Botschafter in Washington.

6) William, s. Herb.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 195-196.
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