Jones

[300] Jones (spr. dschonns), 1) Inigo, engl. Architekt, geb. um 1572 in London, gest. daselbst 21. Juli 1652, war erst Tischler, erwarb sich aber durch einige Landschaftsgemälde hohe Gönner, die ihn zu seiner künstlerischen Ausbildung Frankreich, Flandern, Deutschland und Italien bereisen ließen. Bald aber trat seine Liebe zur Baukunst in den Vordergrund. Als praktischer Architekt war er zuerst in Dänemark unter Christian IV. tätig, dann bei König Jakob I. von England. Nach der Rückkehr von einer zweiten italienischen Reise, auf der er besonders Palladios Werke in Venedig studierte, kam er nach London, wo er bald eine umfangreiche Bautätigkeit entfaltete. Seine bedeutendsten Schöpfungen sind: der Bankettsaal im [300] Palast Whitehall, die Villa in Chiswick, das Hospital in Greenwich, die Säulenhalle der St. Paulskirche, die alte Londoner Börse, das Schloß des Grafen Pembroke zu Wilton in Wiltshire und der Palast Ambresbury in derselben Grafschaft (z. T. unter Mitwirkung seines Adoptivsohns Webb). Unter Karl I. wurde J. Oberinspektor aller königlichen Gebäude. Er vermischte noch gotische Elemente mit jenen der spätern italienischen Weise, hatte sich aber sonst in Italien die Überreste der Kaiserzeit und der spätern Werke des neuern italienischen Stiles zu Mustern genommen. Er schrieb: »Essay on Stonehenge« (Lond. 1655; neue Ausgaben 1725 u. 1815). Vgl. Kent, Designs of Inigo J. (Lond. 1727; neue Ausgabe mit Erläuterungen 1770); Cunningham, Inigo J., a life of the architect (das. 1848); Loftie, Inigo J. and Wren (das. 1893); Triggs und Tanner, Some architectural works of Inigo J. (das. 1901).

2) Sir William, engl. Orientalist, geb. 28. Sept. 1746 in London, gest. 27. April 1794 in Kalkutta, studierte in Oxford die Rechte, erlernte daneben Arabisch und Persisch und ward 1765 Erzieher des Grafen Spencer. 1783 ungeachtet seines jugendlichen Alters zum Oberrichter von Bengalen ernannt, studierte er in Kalkutta die Sanskritsprache und benutzte seine einflußreiche Stellung dazu, um dort 1784 die Asiatische Gesellschaft ins Leben zu rufen, deren Präsident er lebenslang blieb. In der von ihr herausgegebenen Zeitschrift »Asiatic Researches« und in seinem Werk »Asiatic miscellanies« (Kalkutta 1788) veröffentlichte er zahlreiche Proben arabischer, persischer, türkischer und indischer Dichtungen und Beiträge zur orientalischen Geschichte und Völkerkunde; am bekanntesten aber machte er sich durch seine meisterhafte Übertragung von Kalidasas Drama »Sakuntalâ« (das. 1789; deutsch von G. Forster, 1791) und »Manus Gesetzbuch« (das. 1794). J. war auch der erste, der den Druck eines Sanskritwerkes veranstaltete (»Ritusaṃhâra«, Kalk. 1792), und einer der ersten, die auf die Verwandtschaft der Sprache und Mythologie der Inder mit derjenigen der europäischen Kulturvölker aufmerksam wurden. Seine Schriften erschienen gesammelt London 1799, 6 Bde.; neue Ausgabe 1807, 13 Bde. Die Ostindische Handelskompanie ließ ihm als Übersetzer des »Mann« ein Denkmal in der Paulskirche zu London setzen. Vgl. Teignmouth, Memoirs of the life of Sir W. J. (Lond. 1804; neue vermehrte Ausg. von Wilks, 1838, 2 Bde.).

3) John Paul, Begründer der Marine der Vereinigten Staaten von Nordamerika, geb. 6. Juli 1747 in Kirkbean (Schottland), gest. 18. Juli 1792 in Paris, reiste 1760 nach den amerikanischen Kolonien, trieb einige Zeit Sklavenhandel, empfand jedoch bald Abscheu davor, wurde Seemann und machte verschiedene Reisen in die westindischen Gewässer. Beim Ausbruch des nordamerikanischen Befreiungskrieges bot er 1775 dem Kongreß seine Dienste an. Nachdem er an der Expedition nach den Bahamainseln teilgenommen, begleitete er teils als Kapitän der Sloop Providence Kauffahrteischiffe, teils kreuzte er gegen die Engländer. 1776 zum Kapitän ernannt, beunruhigte er mit dem Ranger, einer Brigg von 20 Kanonen, die englischen Küsten. Im August 1779 wurde er zum Kommodore eines aus französischen und nordamerikanischen Schiffen zusammengesetzten Geschwaders ernannt. Wiewohl sein Anschlag auf das reiche Liverpool nicht gelang, so setzte er doch die ganze britische Küste in Schrecken, nahm 22. Sept. nach hartem Kampf das große britische Schiff Serapis und kehrte mit 800 Gefangenen und reicher Beute nach Brest zurück. 1788 trat er auf Einladung der Kaiserin Katharina II. als Konteradmiral in russische Dienste, verließ diese jedoch, durch Potemkins und des Prinzen von Nassau Eifersucht bewogen, schon 1789 wieder. Nachdem er Österreich vergebens seine Dienste angeboten, zog er sich nach Paris zurück. Die unter seinem Namen erschienenen »Mémoires« (Par. 1789, 2 Bde.; Edinb. 1830) sind wahrscheinlich unecht. Seine Biographie lieferten E. Sherburne (New York 1825, 2. Aufl. 1851), G. W. Simms (das. 1845), J. C. Abbott (das. 1875), ein Ungenannter (das. 1884) und A. C. Buell (das. 1900, 2 Bde.). In Romanen behandelten sein wechselvolles Leben Cooper in »The Pilot«, Allan Cunningham in »Paul J.« und A. Dumas in »Le capitaine Paul«.

4) Sir Harry David, engl. General, geb. 14. März 1791, gest. 2. Aug. 1866, trat 1808 als Leutnant in das Heer, kämpfte 1810–14 in Spanien, 1814–15 in Amerika, stieß dann zur Armee Wellingtons und wurde Kommandeur der Befestigungen auf dem Montmartre. 1840 avancierte er zum Oberstleutnant und erhielt 1851 die Leitung der Ingenieurschule zu Chatham. Im Krimkrieg führte er als Oberst und Brigadekommandeur mit Baraguay d'Hilliers die erfolgreiche Operation gegen Bomarsund aus und wurde darauf zum Generalmajor und zum Kommandeur des englischen Ingenieurkorps in der Krim ernannt, wo er in Gemeinschaft mit General Niel den Fall Sebastopols herbeiführte. 1856 wurde er Gouverneur der Militärschule von Sandhurst, 1860 Generalleutnant.

5) Owen, engl. Architekt, geb. 15. Febr. 1809 in London, gest. daselbst 19. April 1874, studierte unter Vuillamy, reiste 1834 nach Spanien, wo er sich namentlich in Granada aufhielt, und von da nach Ägypten. Nach England zurückgekehrt, gab er das Prachtwerk »Plans, elevations, sections and details of the Alhambra« (Lond. 1842–45, 2 Bde.; 2. Aufl. 1847–48) heraus. 1851 übertrug man ihm die innere Ausschmückung des Kristallpalastes der ersten Weltausstellung, und als das Gebäude vom Hydepark nach Sydenham übertragen wurde, erhielt er den Auftrag, die verschiedenen Räumlichkeiten dem Charakter der Zeit und des Landes anzupassen, für die sie bestimmt waren. Hervorragend ist darunter der »Alhambra court«. 1856 erschien sein Hauptwerk: »The grammar of ornament« (4. Aufl., Lond. 1880, 112 Blätter; auch in deutscher Ausgabe), die erste umfassende Darstellung des ornamentalen Stiles aller Völker, ein Werk, das auf das moderne Kunstgewerbe Englands großen Einfluß geübt hat.

6) Henry Arthur, engl. Dramatiker, geb. 28. Sept. 1851 in Grandborough (Bucks) als Sohn eines Landmannes, besuchte die Schule zu Winslow und schrieb nach einigen unbedeutenden Jugenddramen die Komödie »A garden party« (1881) und das Schauspiel »The Silver King« (1882), die mit einem Schlage die Aufmerksamkeit auf ihn lenkten. Neben Pinero (s. d.) gilt er gegenwärtig als der Hauptvertreter des bessern englischen Dramas. Es folgten: »Saints and sinners« (1885) und »Heart of hearts« (1887) in brillanter Bühnentechnik, weiter der erfolgreiche »Middleman«, der kühn-originelle »Judah« (1890) und »The Crusaders« (1892) mit ihrer Spitze gegen ungesunden Altruismus, ferner die witzige, oft zynische Komödie »The case of rebellious Susan« und »Triumph of the Philistines« (1895) unter allgemeinem Beifall. Seit 1883 hatte J. in Zeitschriften[301] gegen die großen Mißstände des Londoner Theaterwesens gekämpft, und er gab seine Artikel 1895 in Buchform u. d. T. »The renascence of the drama« heraus. Seine spätern Stücke: »Michael and his lost angel«, »The Rogue's comedy« (beide 1896), »The Physician« und die witzigen »Liars« (1897), ferner »The manoeuvers of Jane« (1898), »Carnac Sahib« (1899), »Mrs. Dane's Defence« (1900) erreichten nicht mehr den Erfolg der frühern Dramen. Dem Dichter eigentümlich sind Pathos, Ernst, Feuer und scharfe Satire, Eigenschaften, die jedoch nicht immer standhalten; ferner ein straffer, pointenreicher Dialog und ein gutes philosophisches Rüstzeug zur Durchführung seiner Ideen.

7) Thomas Rymer, s. Jons

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 300-302.
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