Oberösterreich

[868] Oberösterreich (Osterreich ob der Enns, hierzu Karte »Oberösterreich«), Erzherzogtum und österreich. Kronland, grenzt im N. an Böhmen, im Osten an Österreich unter der Enns oder Niederösterreich, durch die Enns von diesem geschieden, im S. an Steiermark und Salzburg, im W. an Bayern und hat ein Areal von 11,982 qkm (217,6 QM.). Das Land wird durch die Donau in zwei Hälften geteilt. Das Land nördlich von der Donau wird von den südlichen Vorlagen des Böhmerwaldes (Linzer- und Greinerwald 1060 m) erfüllt. Das Land südlich von der Donau zerfällt in das Alpengebiet an der Südgrenze mit der Dachsteingruppe (2996 m), dem Totengebirge (Großer Priel 2514 m), der Gruppe des Großen Pyrgas (2244 m), dem Sengsengebirge (Hoher Nock 1961 m), dem Höllengebirge (1862 m), dem Traunstein (1691 m) und Schafberg (1780 m), dann das nördliche Vorland der Alpen (Hausruck 800 m, Sauwald 876 m). Das Land ist im ganzen sehr wasserreich und gehört, mit Ausnahme eines kleinen Landstriches an der böhmischen Grenze, zu dem Gebiete der Donau, die unterhalb Passau aus Bayern eintritt und rechts den Inn mit der Salzach, die Traun, die Enns mit der Steyr, links die Kleine und die Große Mühl aufnimmt. Der in die Große Mühl mündende Schwarzenbergsche Holzschwemmkanal dient dem Holztransport aus dem Böhmerwald zur Donau. Unter den zahlreichen Alpenseen sind der Traunsee, der Hallstätter, Atter-, Mond- und Wolfgangsee als die bedeutendsten zu nennen. Die wichtigsten Kurorte sind: Hall (jodhaltige Quellen), Ischl und Gmunden (Solbäder). Das Klima ist gemäßigt, infolge der höhern Berge aber etwas kälter als in Niederösterreich, so daß kein Weinbau möglich ist. Die Bewohner des Landes (1890: 785,831, 1900: 810,246, auf 1 qkm 68) sind Deutsche, bekennen sich, abgesehen von 18,373 Evangelischen und 1280 Juden, zur römisch-katholischen Religion und widmen sich hauptsächlich (49 Proz.) der Land- und Forstwirtschaft, über ein Viertel derselben der Industrie. Von der Gesamtfläche des Landes sind 7,4 Proz. unproduktiv. Auf Ackerland entfallen 35,1, auf Wiesen und Gärten 20,5, auf Hutweiden und Alpen 2,5, auf Waldungen 34 Proz. Der Ackerbau liefert Getreide über den Bedarf, 1904: 649,590 metr. Ztr. Weizen, 1,226,531 metr. Ztr. Roggen, 508,929 metr. Ztr. Gerste und 907,482 metr. Ztr. Hafer. Die gut arrondierten, nicht zerstückelten oberösterreichischen Bauernwirtschaften können vielfach als Musterbetriebe gelten. Bedeutend ist auch der Ertrag an Kartoffeln (1,904,395 metr. Ztr.), Kleeheu (1,789,300), Grasheu (6,957,494), Raps (29,050), Flachs (35,620), Hanf (5500), Zichorie (20,023), Futterrüben (1,178,550), Kraut (723,310), Hopfen (4833) und Obst (478,547 metr. Ztr., hauptsächlich zur Bereitung von Obstwein). Auch Weberkarden werden im untern Mühlviertel gepflanzt (67 Mill. Stück). Die Viehzucht steht wie der Ackerbau auf sehr hoher Stufe. Besonders wird die Rindviehzucht durch den sorgsamen Wiesenbau gefördert (1900: 588,569 Rinder, verhältnismäßig der größte Rindviehstand in ganz Österreich). Bedeutend ist auch die Zucht von Pferden (61,374 Stück) und Schweinen (281,507 Stück), dann die Bienen- und die künstliche Fischzucht. Aus dem Mineralreich gewinnt man hauptsächlich Kochsalz, und zwar in den großen Salzwerken zu Ebensee, Ischl und Hallstatt im Salzkammergut, die 1904: 747,357 metr. Ztr. Sudsalz nebst 2651 metr. Ztr. Steinsalz und 50,332 metr. Ztr. Industriesalz lieferten, dann Braunkohlen (4,1 Mill. metr. Ztr., bei Wolfsegg)[868] und Steine. Erwähnenswert sind die Gipsbrüche bei Ischl und Goisern, die Mühlsteinbrüche in Perg, die Schleifsteinbrüche in der Gosau, die Granitbrüche bei Mauthausen, die Wien mit Pflastersteinen versehen. 1902 bestanden in O. 28,637 Erzeugungsgewerbe mit 104,546 tätigen Personen, darunter 3456 Motorenbetriebe mit 62,249 Pferdestärken. Die wichtigsten Industriezweige sind: die Erzeugung von Metallen und Metallwaren, insbes. Sensen, Sicheln, Messern, Schneidewaren und Waffen; die Maschinenfabrikation, einschließlich des Schiffbaues; die Industrie in Steinen, Erden und Glas; die Textilindustrie, hauptsächlich Baumwollspinnerei und -Weberei; die Papierindustrie; die Industrie in Nahrungs- und Genußmitteln etc. O. treibt sowohl mit Natur-als Industrieprodukten lebhaften Handel. Hauptgegenstände der Ausfuhr sind: Kochsalz, Steine, Brenn- und Bauholz (auf der Donau bis Wien), Holz- und Eisenwaren. Förderungsmittel des Handels sind: 8660 km Landstraßen, 618 km Wasserstraßen, wovon 161 von Dampfschiffen befahren werden, und 961 km Eisenbahnen. Für die geistige Kultur sorgen 2 theologische Lehranstalten, 7 Gymnasien, 2 Realschulen, eine Lehrerbildungsanstalt, 2 Lehrerinnenbildungsanstalten, eine Handelsakademie, 8 andre Handelsschulen, 3 gewerbliche Fach- und 9 Fortbildungsschulen, eine allgemeine Handwerkerschule, 2 landwirtschaftliche Schulen, eine Hebammenschule etc., endlich 575 Volks- und Bürgerschulen, die von 99,2 Proz. der schulpflichtigen Kinder besucht werden. Der Landtag besteht aus 50 Mitgliedern: dem Bischof von Linz, 10 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 17 der Städte und Märkte, 3 der Handels- und Gewerbekammer und 19 der Landgemeinden. In das Abgeordnetenhaus des Reichsrates sendet das Land 20 Vertreter. Sitz des Landtags, der Statthalterei, des Landesgerichts, der Finanzdirektion, der Staatsbahndirektion und der Post- und Telegraphendirektion ist Linz. In Gmunden befindet sich eine Forst- und Domänendirektion. Für die Rechtspflege bestehen außer dem Landesgericht 3 Kreis- und 46 Bezirksgerichte. Die politische Einteilung, Areal und Bevölkerung zeigt nachfolgende Tabelle.

Tabelle

Das Landeswappen (s. Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«, Fig. 2) zeigt den mit dem österreichischen Erzherzogshut geschmückten Schild gespalten; rechts einen goldenen Adler in Schwarz, links von Silber und Rot dreimal gespalten. Die Landesfarben sind Weiß und Rot. Vgl. Pillwein, Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogtums Österreichs ob der Enns (Salzb. 1827–39, 5 Bde.); Edlbacher, Landeskunde von O. (2. Aufl., Wien 1883); Grassauer, Das Erzherzogtum Österreich ob der Enns (das. 1880); Seibert, Landeskunde von O. (2. Aufl., das. 1899); »Die Österreichisch-Ungarische Monarchie in Wort und Bild«, Bd. 6 (das. 1889); »Spezial-Ortsrepertorium« (von der k. k. statistischen Zentralkommission, das. 1894); Rosner, Ruinen der mittelalterlichen Burgen Oberösterreichs (das. 1903); Wenzel, Klimatologie von O. (Linz 1904). Zur Geschichte (s. Österreich, S. 208): »Urkundenbuch des Landes ob der Enns« (Linz 1852–83, 8 Bde.); Vancsa, Geschichte von Ober- und Niederösterreich (Gotha 1905, Bd. 1).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 868-869.
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