Steuern

[294] Steuern oder Abgaben (die) bilden denjenigen Theil der Staatseinnahme, welcher von den Unterthanen zu Bestreitung der Staatsausgaben aus ihrem Vermögen bezahlt wird. Dieselben bilden also nebst den Staatsgütern (s. Domainen) und den Regalien (s.d.) die wichtigste Quelle der Einnahmen eines Staates. Nach der Form, in welcher diese Abgaben von den Unterthanen des Staates erhoben werden, unterscheidet man namentlich directe und indirecte Steuern. Jene sind solche, welche von dem Steuerpflichtigen selbst erhoben werden, sodaß derselbe so lange sie zu zahlen verpflichtet ist, als die Verhältnisse, unter welchen sie ihm auferlegt wurden, dieselben sind. Indirecte Steuern sind dagegen solche, welche auf gewissen Gegenständen lasten, sodaß sie von den Erzeugern oder ersten Verkäufern derselben erhoben, von diesen aber auf den Preis der Gegenstände geschlagen, ihnen also von den Abkäufern wieder erstattet werden, ohne daß dieselben an die Abgabe erinnert werden. Zu den indirecten Steuern gehören aber auch alle die unregelmäßigen Abgaben, denen der Einzelne bei gewissen Handlungen, welche mehr oder weniger von dem Willen des Steuerpflichtigen abhängen, unterworfen ist. Die Gegenstände, welche mit Steuern belegt werden, sind sehr verschieden. Zunächst sind Gegenstand der Besteuerung die Personen. Da der Einzelne durch seinen Aufenthalt im Staat seine Persönlichkeit allseitig, namentlich auch nach der Seite seines wirklichen oder doch möglichen Besitzes, versichert sieht, so ist es auch seine Pflicht, zur Erhaltung der für ihn so segensreichen Anstalt beizutragen. Die eigentliche Personen- oder Kopfsteuer wird nur durch die Anzahl der Köpfe oder Personen bestimmt. Da aber, wenn eine Person ebenso viel wie jede andere Steuern zahlt, eine ebenso große Ungleichheit in der Vertheilung der Staatslasten stattfinden würde, als das Vermögen ungleich vertheilt zu sein pflegt, und zwar so, daß der Ärmste verhältnißmäßig das Meiste zu den Staatseinnahmen hergeben müßte, so würde die Kopfsteuer eine große Ungerechtigkeit enthalten. Auch dadurch, daß man eine Personensteuer nach dem Range abmißt, wird diese Ungerechtigkeit nicht ganz gehoben, indem der Rang nicht unauflöslich mit dem Vermögen verknüpft ist. Wohl aber hat dieselbe einen Sinn, insofern wer viele Personen beschäftigt und ihre Thätigkeit zum Erwerb benutzt, auch einen größern Beitrag zu den Staatskassen zu geben hat, als wer nur mit seiner eignen Person thätig zu sein vermag, denn Jenem gewährt ja der Staat für alle für seinen Erwerd arbeitenden Personen Schutz. In Rußland bestimmt sich der Umfang des Grundbesitzes nach der Anzahl der Köpfe der leibeigenen Bauern, welche zu demselben gehören, und hier ist also die Kopfsteuer nichts Anderes als eine Besteuerung des Grundeigenthums, welche der Grundherr zu entrichten hat. – Ihrem Princip nach gerechter erscheint die Besteuerung nach der Größe und Ertragsfähigkeit des Grundeigenthums. Soll aber bei der Grundsteuer nicht auch eine ungleiche und darum ungerechte Vertheilung der Staatslasten herauskommen, so muß auch darauf Rücksicht genommen werden, daß der Ertrag auch von den auf das Grundstück verwendeten Mitteln abhängt, es müßte von [294] allen Grundstücken der reine Ertrag, d.h. der Überschuß des Nutzens über das zu seiner Erzeugung verwendete Capital, ausgemittelt und nach diesem die Steuern bestimmt werden. Die Ansicht, daß auch bei einer ungleichmäßigen Vertheilung der Lasten auf die Grundstücke die Besitzer derselben nicht benachtheiligt seien, weil ja der Werth eines Grundstücks mit von den auf ihm lastenden Steuern abhänge, sodaß der Käufer das Grundstück für einen um so geringern Preis erstehe, je mehr er Steuern zu bezahlen hat, ist nicht ganz richtig, weil die Steuern nach den Verhältnissen sich ändern können, indem sie von den Bedürfnissen des Staates abhängen, ja auch außerordentliche Lasten, an Kriegskassen und feindliche Contributiönen, gewöhnlich nach dem Verhältnisse der Grundsteuern vertheilt werden. Den reinen Ertrag, wie angegeben wurde, auszumitteln, hat seine großen Schwierigkeiten, besonders darum, weil derselbe von Zeitverhältnissen und von der Industrie der Besitzer abhängt. – Wird die Vertheilung der Steuern nach dem Gesammtwerthe des Vermögens, worin dasselbe auch bestehen möge, bestimmt, so hat man Vermögenssteuer. Dieselbe unterscheidet sich dadurch von der Einkommensteuer, daß bei ihr nur der wirkliche Besitz in Anschlag kommt, bei dieser nicht. Es kann z.B. Jemand ein sehr ansehnliches Einkommen haben, aber zugleich auch so viele Schulden, daß dadurch sehr wenig von seinem Einkommen für ihn übrigbleibt; er hat also ein geringes Vermögen, aber ein ansehnliches Einkommen. Ebenso ist es nicht billig, daß das Einkommen, welches durch fortdauernde Thätigkeit erworben wird oder in einer Leibrente besteht, gleich hoch besteuert werde, wie dasjenige, welches aus den Interessen eines ansehnlichen Vermögens erwächst; der Capitalwerth jenes Einkommens ist offenbar geringer anzuschlagen, da er in jedem Augenblick durch Hemmung der erwerbenden Thätigkeit auf Nichts herabsinken kann. Die Vermögenssteuer ist die gerechteste und billigste, bei ihr werden die Reichen aber verhältnißmäßig viel stärker in Anspruch genommen als bei jeder andern Art der Steuervertheilung, ohne sich auf irgend eine Art ihr entziehen zu können; daher hat sie von Seiten der Reichen auch vielen Widerspruch erfahren. Eine Vermischung der Vermögenssteuer mit der Personensteuer ist die Classensteuer (s.d.). – Die Gewerbsteuer wird ursprünglich für die von dem Staate kraft seines Beaufsichtigungsrechtes über das Gemeinwohl zu ertheilende Befugniß, irgend ein Gewerbe betreiben zu dürfen, bezahlt, wobei keine Rücksicht darauf genommen wird, ob sich das Gewerbe für den Unternehmer einträglich zeigt oder nicht, wol aber wird auf die Einträglichkeit des zu besteuernden Gewerbes im Allgemeinen Rücksicht genommen. Eine Art der Gewerbsteuer ist die Patentsteuer, welche namentlich nach der durchschnittlichen Einträglichkeit des betreffenden Gewerbes, nach den localen Verhältnissen, innerhalb welcher das Gewerbe betrieben wird, bestimmt wird. – Sehr mannichfaltig sind die indirecten Steuern, welche auf den Verbrauch gewisser Dinge gelegt zu werden pflegen. Hierher gehören namentlich die Mehl-, Malz- und Schlachtsteuer und dergl.; ferner die Grenz- und Binnenzölle, die städtische Accise und die Abgabe bei dem Verkauf. Auch der Verkehr ist zum Theil auf indirecte Weise besteuert. Übersteigen das Briefporto, die Wegegelder, Wasserzölle, Geleite u. dergl. die Interessen für das angelegte Capital und die Kosten der Instandhaltung, so sind sie als Steuer zu betrachten. Sporteln und Stempelpapier sind gleichfalls derartige Steuern. Endlich pflegen auch verschiedene Arten der Erwerbung, namentlich Erbschaften, wenn sie an Seitenverwandte und Freunde fallen (die sogenannten Collateralgelder), mit einer Steuer belastet zu sein.

Befreiung von der Entrichtung gewisser Abgaben, Abgabenfreiheit, kann in mehrfacher Beziehung stattfinden. Das sehr natürliche Streben Einzelner und ganzer Gemeinden, günstige Umstände zu benutzen, um sich eine Befreiung von Staatslasten zu verschaffen, hat namentlich in frühern Zeiten zu großen Misbräuchen in Ertheilung der Abgabenfreiheit geführt, welche man in neuerer Zeit auszugleichen bemüht gewesen ist. Im Allgemeinen ist jede Befreiung von den Staatslasten, welche dem einzelnen Staatsbürger zu Gute kommt, eine Ungerechtigkeit gegen die übrigen Staatsbürger, weil auf diese natürlich die Last vertheilt wird, welcher der Einzelne sich entzieht. Indessen gibt es doch Verhältnisse, unter welchen die Abgabenfreiheit gerechtfertigt erscheint. Zunächst kommt sie der Staatskasse zu, weil diese die Steuern an sich selbst zu entrichten hätte, also die Besteuerung derselben eine leere Formalität sein würde. Nur zur Erleichterung der Aufsicht entrichtet der Fiscus wol gewisse Steuern, die ihm aber selbst wieder zukommen. Auch die Staatsbeamten werden wenigstens von manchen Arten der Abgaben mit Recht befreit werden können, weil sie sonst dem Staate einen Theil Desjenigen würden zurückzahlen müssen, was sie von demselben für ihre Dienste erhalten. Indeß ist es doch gut, wenn dieselben auch an den allgemeinen Lasten mit zu tragen haben, damit sich nicht der Wahn ausbilde, als machten dieselbe eine bevorrechtete Classe aus, damit sich das Gefühl in ihnen erhalte, wie sie ihre Thätigkeit auch darum anstrengen müssen, um für das Allgemeine beitragen zu können. Man hat es der Würde des Souverains und wol auch aller Mitglieder der regierenden Familie angemessen gefunden, ihnen Abgabenfreiheit zuzugestehen. Auch fremden Souverains und anerkannten Gesandten, welche sich auf Zeit im Lande aufhalten, hat man vollkommene Abgabenfreiheit zugestanden, während andere sich auf einige Zeit im Lande aufhaltende Fremde nur von den directen persönlichen Abgaben befreit sind. Indeß hat die Abgabenfreiheit der Gesandten zu mancherlei Inconvenienzen geführt, es ist unter deren Namen mancherlei Misbrauch getrieben worden, und daher ist dieselbe in manchen Staaten beschränkt oder doch auf bestimmte Summen festgesetzt worden. Die an Stand und Besitzthum haftende Steuerfreiheit in den german. Staaten hat ihren Grund in der Entstehung derselben. Dieselben gingen nämlich aus Eroberungen hervor und so kam es, daß die Besiegten alle Lasten zu tragen bekamen, während die Sieger den Staaten nur. als Krieger dienstbar sein wollten. Die Geistlichkeit, welche von dem Staate oder direct von der Bevölkerung erhalten werden mußte, erklärte es für sündhaft, der Kirche mit der einen Hand zu nehmen, was ihr mit der andern gegeben worden war. Auch wenn der Fürst seine Getreuen mit Gütern beschenkte, verlangte er von denselben keine Abgaben, sondern nur Kriegs- und Hofdienste. Damals war auch die Staatshaushaltung überhaupt noch gänzlich unausgebildet, die Regierung hatte noch nicht allseitig die Sorge für das Wohl der Unterthanen übernommen und [295] so waren die Steuern auch noch nicht so nöthig, und was man bedurfte, das wurde dem unterdrückten Theile der Bevölkerung abgezwungen oder aus den reichen und weiten Privatbesitzungen der Fürsten entnommen. Als aber Anstalten. zum allgemeinen Wohle errichtet wurden, da mußten auch Alle beisteuern und es wurden keine Ausnahmen gestattet. So mußte zum gemeinen Pfennig des deutschen Reichs der Fürst sowol wie der Bauer im Verhältniß seines Einkommens beitragen. Ein Misverhältniß trat gesetzlich erst ein, als die Reichssteuer nicht mehr unmittelbar erhoben wurde, sondern von den Ländern aufgetrieben und ausgezahlt wurde und als sich die landständische Verfassung ausbildete, in welcher die Ritterschaft zu ihrem Vortheil um so mehr wirken konnte, als man in den unruhigen Zeiten ihre Kriegsdienste und zum Glanz der Höfe ihre Hofdienste nicht entbehren konnte. Nun nahmen sie für diese Dienste Steuerfreiheit in Anspruch für ihre Rittersitze und die von ihnen selbst bebauten Grundstücke. Nur für ihre verpachteten Güter zahlten sie Steuern, die aber natürlich wieder nur den Pächtern zur Last fielen. In manchen Ländern kam es zu keiner vollständigen Ausbildung dieser Steuerfreiheit. Die neuere Zeit hat um so mehr ein Recht, diese dem Ganzen nachtheilige und ungerechte Befreiung der Rittergüter von den Steuern aufzuheben, als gegenwärtig die wesentlichen Dienste der Ritterschaft, die Kriegsdienste, allen Unterthanen des Staats gleichmäßig zugemuthet werden, und als man zu der Erkenntniß gelangt ist, daß der Staat die Aufgabe habe, das Wohl aller seiner Mitglieder gleichmäßig zu befriedigen. Da indeß ein bisher steuerfreies Grundstück offenbar an Werth verliert, wenn es der Besteuerung unterworfen wird, so sind besonders dann, wenn eine förmliche Ablösung der Steuern früherhin stattgefunden hat, auch die Besitzer solcher Grundstücke berechtigt, eine Entschädigung zu verlangen.

Schon im Vorhergehenden liegt, daß, wenn in unsern Tagen Abgaben und Steuern in allen civilisirten Staaten eine Höhe erreicht haben, welche sie früher niemals gehabt haben, der Grund hiervon nicht nur in einer größern Habsucht der Regierungen und in dem vermehrten Aufwande der Gewalthaber zu suchen ist, sondern vorzüglich darin, daß die Regierungen gegenwärtig unendlich mehr für das Gemeinwohl besorgt sind als früher und daher auch beiweitem höhere Beiträge von den Einzelnen verlangen müssen. Wenn man z.B. klagt, daß Militair und Policei den Staaten große Summen Geldes kosten, welche früher das Volk nicht herzugeben brauchte, so bedenkt man nicht, welch ein unberechenbarer Vortheil den Völkern aus innerer Ruhe und längern Friedenszeiten erwächst. Die Abgaben, welche jetzt ein reicher Handelsherr bezahlt, sind eine Kleinigkeit gegen die Kosten, welche er früher zur Sicherung seines Eigenthums aufwenden mußte, und gegen die Verluste, welche er dennoch erlitt. Ebenso haben die Völker unberechenbare Vortheile aus der durch den öffentlichen Schulunterricht sich ergebenden allgemeinen Bildung bereits gezogen und noch ferner zu erwarten, und die Vermehrung der Staatsausgaben, welche derselbe veranlaßt, sind gegen diese Vortheile nicht zu rechnen. Alle Früchte wahrer Freiheit entkeimen der Bildung des Herzens und Verstandes. Freilich ist auch nicht zu leugnen, daß die ungeheuren Schuldenmassen, mit welchen die europ. Staaten in Folge der vielen und langen Kriege, die sie in den letzten Jahrhunderten geführt haben, belastet sind, eine schwer auf die Völker drückende Last sind, aber auch diese Kriege waren nöthig zur Möglichkeit des jetzigen Friedenszustandes, dem nur eine lange Dauer zu wünschen ist, damit während derselben jene Lasten immer geringer werden. Mit Recht mögen Einzelne und ganze Stände selbst in den bestorganisirten Staaten noch über eine ungleiche Vertheilung der Steuern klagen, obschon auch zur Hebung dieses Misstandes in den letzten funfzig Jahren unendlich viel geschehen ist. Ganz werden diese Klagen niemals und nirgend aufhören können, selbst wenn man von allen denen absieht, welche aus Unkenntniß und mangelhafter politischer Bildung oder aus Eigennutz entspringen. Bei der Lebendigkeit des menschlichen Verkehrs, bei der Lebhaftigkeit einer scharfsichtigen und scharfsinnigen Industrie kann es nicht ausbleiben, daß in schnellem Wechsel neue Erwerbsquellen sich aufthun und ältere versiegen, die Regierung ist aber nicht im Stande, diesen Schwankungen bei der Steuervertheilung so genau zu folgen, als der Betheiligte wol wünschen möchte.

Schon in den ältesten Zeiten germanischer Staaten war es ein angenommener Rechtsgrundsatz, daß nur diejenigen Lasten dem Volke ohne Weiteres aufgelegt werden durften, ohne welche der Staat überhaupt nicht zu existiren vermochte; zu jeder über den gewöhnlichen Bedarf hinausgehenden Steuererhebung mußte in jedem Staate von Rechts wegen das Volk durch seine Repräsentanten seine Zustimmung geben. Diese Steuerbewilligung bildete nachher das wichtigste Vorrecht der Stände constitutionneller Staaten, und es wurden derselben alle, also auch die zur Existenz des Staats unbedingt nothwendigen Steuern unterworfen. Die Repräsentanten erhielten dadurch die größte Gewalt, denn da das Recht der Steuerbewilligung auch das der Steuerverweigerung in sich schließt, so haben sie mit der letzten das Mittel in Händen, jede Regierung, d.h. die Minister des Fürsten, dadurch zur Niederlegung ihres Amtes zu zwingen, daß sie ihr die Mittel vorenthalten, ohne welche sie nicht regieren kann. Mit der Steuerverweigerung ist das Mistrauen des Volks gegen die bestehende Regierung ausgesprochen. Es versteht sich von selbst, daß sich dieselbe nicht auf diejenigen Abgaben beziehen kann, welche zur Subsistenz des Staats unumgänglich nöthig sind, denn sonst würde die Steuerverweigerung die Auflösung aller bürgerlichen Ordnung zur Folge haben. In den deutschen Staaten ist die Steuerverweigerung durch das Verhältniß zum deutschen Staatenbunde beschränkt, indem die Verpflichtungen der einzelnen Staaten gegen die Gesammtheit aller durchaus nicht von der Zustimmung der Landstände des einzelnen Staats abhängig gemacht werden können.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 294-296.
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