Tridentīnisches Konzil

[705] Tridentīnisches Konzil (Concilium Tridentinum), die zur Beseitigung der durch die Reformation entstandenen kirchlichen Wirren nach Trient berufene Kirchenversammlung, die unter den allgemeinen Konzilien als das 19. gerechnet wird. Nachdem Kaiser [705] Karl V. vergeblich Clemens VII. zum Ausschreiben einer solchen zu vermögen versucht hatte, berief Paul III. das Konzil endlich auf den 23. Mai 1537 nach Mantua zusammen, verschob es aber, weil sich immer neue Hindernisse einstellten, auf unbestimmte Zeit. Im Regensburger Reichsabschied vom 29. Juli 1541 versprach der Kaiser von neuem, für das Zustandekommen eines Generalkonzils zu sorgen, das nunmehr der Papst aus Besorgnis, die Deutschen möchten sonst ihre kirchlichen Angelegenheiten selbständig regeln, auf den 1. Nov. 1542 nach Trient berief; aber der Wiederausbruch der Feindseligkeiten zwischen dem Kaiser und dem König von Frankreich verzögerte seinen Zusammentritt, und das Konzil ward erst 13. Dez. 1545 in der Kathedrale zu Trient eröffnet. In acht öffentlichen Sitzungen, denen Ausschußberatungen vorangingen, wurden außer Zeremonial- und Organisationsfragen die Lehren von Schrift, Tradition und Rechtfertigung gegenüber dem Protestantismus festgelegt und mit der Beratung der Lehre von den Sakramenten begonnen. Angeblich wegen einer in Trient ausgebrochenen Seuche, in Wirklichkeit, weil erden Einfluß des vom Waffenglück begünstigten Kaisers fürchtete, verlegte der Papst das Konzil 11. März 1547 nach Bologna. Eine Minderheit kaiserlicher Bischöfe blieb in Trient zurück, während der Kaiser gegen die Verlegung protestierte. Am 13. Sept. 1549 vertagte Paul III. das Konzil. Nach dessen Tod schrieb Papst Julius III. auf Betrieb des Kaisers die Fortsetzung des Konzils in Trient aus, wo es 1. Mai 1551 eröffnet wurde gegen den Protest Frankreichs, dem die Physiognomie des Konzils zu kaiserlich war. Es wurde nun in der 13. Sitzung die Lehre von der Transsubstantiation, in der 14. und 15. auch die von der Buße und Letzten Ölung festgesetzt. Aber zu der vom Kaiser gewünschten Verständigung mit den Protestanten kam es nicht. Zwar erschienen brandenburgische und württembergische weltliche Prokuratoren sowie Abgeordnete aus einigen oberländischen Städten, endlich 7. Jan. 1552 auch die weltlichen Gesandten des Kurfürsten von Sachsen. Am 18. März trafen auch die württembergischen und Straßburger theologischen Abgeordneten ein und die kursächsischen befanden sich auf dem Wege. Da zwang der unerwartete Feldzug des Kurfürsten Moritz gegen den Kaiser und sein Erscheinen vor Innsbruck zur Vertagung des Konzils auf zwei Jahre, die in der 16. Sitzung (28. April 1552) beschlossen ward. Aus den zwei Jahren wurden zehn. Erst 18. Jan. 1562 wurde das Konzil wieder eröffnet. Entschiedener erneuerten der Kaiser, der Herzog von Bayern und der König von Frankreich ihre Anträge auf Reformation der Kirche, auf Gestattung des Laienkelches im Abendmahl und der Priesterehe. Die 18. Sitzung handelte von der Bücherzensur; in der 21. und 22. Sitzung kamen die Dekrete von der Abendmahlsfeier und dem Meßopfer zustande, der Laienkelch wurde von der Erlaubnis des Papstes abhängig gemacht. Am 13. Nov. erschien bei dem Konzil der Kardinal von Lothringen mit 14 Bischöfen, 3 Äbten und 18 Theologen aus Frankreich. Da hierdurch die Oppositionspartei im Sinne des Episkopalsystems verstärkt wurde, so wußte die päpstliche Partei die nächste Sitzung von einem Monat zum andern hinauszuschieben. Durch geschickte Verhandlungen, bei denen vornehmlich die Jesuiten Laynez und Salmeron wertvolle Dienste leisteten, gelang es, die Opposition mürbe zu machen. So entstanden in der 23. Sitzung (15. Juli 1563) die Dekrete von der Priesterweihe und Hierarchie, in der 24. (11. Nov.) von dem Sakrament der Ehe, in der 25. (3. und 4. Dez.) von dem Fegfeuer, dem Heiligen-, Reliquien- und Bilderdienst, den Klostergelübden, dem Ablaß, Fasten, den Speiseverboten und dem Verzeichnis der verbotenen Bücher (s. Index librorum prohibitorum), dessen Fertigstellung nebst der Abfassung eines Katechismus und Breviers dem Papst überlassen wurde. In den Reformationsdekreten, die in der 21.–25. Session publiziert wurden, sorgte man für Abstellung einiger der bisherigen Mißbräuche bei Erteilung und Verwaltung geistlicher Ämter sowie für die Bildung der Geistlichkeit durch die Vorschrift der Anlegung von Seminaren und Prüfung der Ordinanden. Die 25. und letzte Sitzung fand 4. Dez. 1563 statt. Die Beschlüsse des Konzils trennten für immer die protestantische von der katholischen Kirche, für die sie die Bedeutung eines symbolischen Buches erhielten. Papst Pius IV. bestätigte sie 26. Jan. 1564 durch die Bulle »Benedictus deus« und behielt dem Papst allein ihre Auslegung vor, für die 1588 von Sixtus V. eine besondere Kongregation von Kardinälen niedergesetzt wurde. Die »Canones et decreta s. oecumenici concilii Tridentini« (bequemste Ausgabe bei Tauchnitz, 11. Aufl., Leipz. 1887; lateinisch und deutsch von Smets, 6. Aufl., Bielef. 1868) fanden in den italienischen Staaten (aber nicht in Neapel), in Portugal und Polen unbedingte, dagegen in Spanien und den von Spanien abhängigen Ländern eine durch die Reichsgesetze bedingte Annahme, in Frankreich, Deutschland und Ungarn sogar Widerspruch, der sich nur nach und nach zu stillschweigender Billigung bequemte.

Aus den Quellenwerken über das Tridentinische Konzil sind hervorzuheben: Theiner, Acta genuina oecumenici concilii Tridentini (Agram 1874, 2 Bde.); Döllinger, Ungedruckte Berichte und Tagebücher zur Geschichte des Konzils von Trient (Nördlingen 1876, 2 Bde.); Druffel und Brandi, Monumenta Tridentina (Münch. 1884–97, 4 Tle.); »Concilium Tridentinum. Diariorum, actorum, epistularum, tractatuum nova collectio« (in 12 Bänden, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, Freib. 1901ff.; bisher erschien Bd. 1 und 4). Vgl. die Darstellungen von Paolo Sarpi (s. d.) und Sforza Pallavicino (s. d.) und dazu Brischar, Zur Beurteilung der Kontroverse zwischen Sarpi und Pallavicino (Tübing. 1844, 2 Tle.); Maynier, Étude historique sur le concile de Trente (Par. 1874); L. v. Ranke, Die römischen Päpste, Bd. 1 (10. Aufl., Leipz. 1900); Vermeulen, Das 19. allgemeine Konzil in Bologna (Regensb. 1892); Mumm, Die Polemik des Martin Chemnitz gegen das Konzil von Trient (Leipz. 1905); Deslandres, Le concile de Trente et la réforme du clergé (Par. 1906); Kassowitz, Die Reformvorschläge Kaiser Ferdinands I. auf dem Konzil von Trient (Wien 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 705-706.
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