Corsĭca

[465] Corsĭca, 1) (a. Geogr.), Insel im Ligurischen Meere, nördlich von Sardinien u. von dieser durch die 90 Stadien breite Straße Taphros (Fretum gallicum) getrennt, galt für eine der sieben größten Inseln des Mittelmeeres u. ihre Ausdehnung in der Länge betrug 30, in der Breite 10 Meilen; sie war gebirgig, rauh u. wenig cultivirt; Hauptgebirge: Aureus Mons, durchzog die Insel in ihrer Länge, dann M. Rhoetius, im W., nahe der Küste; Vorgebirge: Promontorium sacrum u. Attium an der Nord-, Viriballum u. Rhium an der West-, Marianum an der Süd- u. Graniacum an der Ostküste; auf der Westküste war der Casalus sinus; Flüsse: Volerius, Circidius, Locra, Ticarius, Pitanus, Flumen sacrum, Rhotanus u. Tavola, sämmtlich klein; Producte: Harz aus zahlreichen Wäldern, Honig (der von dem vielen Buchsbaum dort einen bitteren Geschmack haben, dessen Genuß aber doch der Grund des hohen Alters der Corsen sein sollte) u. Wachs von Wildbienen, Schafe, Rinder u. Ziegen; über die Einwohner, Corsi, s. u. Corsica (Gesch.); einzelne Völkerschaften waren nach Ptolemäus die Cervini, Tarrabenli, Titiani, Balatoni, Vanaceni, Cilebensii, Licnini, Macrini, Opini, Symbri, Coymascul u. Subasani; die bemerkenswerthesten Ortschaften: auf der Westküste: Centurium, Charax, Urcinium, Pauca; an der Südküste: Ficaria (Fisera) u. Palla; an der Ostküste: Philonii portus, Syracusanus portus (der beste Hafen der Insel), Favonii portus, Aleria (Alalia, eine der bedeutendsten Städte der Insel), Dianae portus, Mariana (die zweite Stadt nach Aleria), Mantinorum oppidum u. Clunium; im Innern: Palanta, Vapanes, Blesino, Nicäa, Talcinum, Pauca, Aluca, Venicium, Eniconiä u.a. 2) (n. Geogr., franz. Corse), Insel im Mittelmeere, der Größe nach die dritte Insel Italiens, zum Kaiserthum Frankreich gehörig u. dessen 86. Departement bildend, 159,03 QM. mit 750 Kilometres Küstenumfang, im S. durch die 2 Meilen breite Straße von San Bonifacio von Sardinien getrennt, von einem Gebirge durchzogen, das im Innern eine Höhe von mehr als 9000 Fuß erreicht, sich in mehrere Nebenzüge verzweigt, bald nackte Felsen bildet, bald mit dichten Waldungen bedeckt ist u. in zahlreiche Vorgebirge ausläuft, von denen die bedeutendsten im N.: Cap Corse, Cap Bianco; im W.: Cap Rivellata, Cap Scandolo, Cap Turghio, Cap Domigna, Cap Senetoso; im S.: Cap Fienzo, Cap S. Bonifacio, Cap Blanc; die höchsten Spitzen sind: Monte Rotondo, 9294 (8226) Fuß, welcher eine der malerischesten Rundsichten in ganz Europa gewährt, Monte d'Oro, 8508 (8170) Fuß, Monte Cinto u.a. Die Ostküste der Insel ist flach mit Lagunen u. Sümpfen, im S. u. W. treten die Gebirge bis an die Küste vor u. bilden zahlreiche Baien u. Buchten mit sicheren Häfen, worunter die wichtigsten: Golf von San Fiorenzo, Golf von Paraglolo, Porto de Crovani, Golf von Porto, Golf von Sagone, Golf von Ajaccio, Golf von Valinco, Golf von Ventilegne u. im SW. der Golf von Porto Vecchio. Die Flüsse sind sämmtlich von kurzem Lauf u. trocknen im Sommer häufig aus; die bedeutendsten darunter: Golo (der einzige schiffbare), Tavignano, Valinco, Liamone u. Taravo (die beiden letzteren auf der Westküste), außerdem noch zahlreiche Gebirgsflüsse u. Bäche; im Innern zwei große Seen: Ino u. Creno; zahlreiche warme u. kalte Mineralquellen, die aber wenig benutzt werden. Im Innern u. den Gebirgen wild u. rauh, ist der Boden an der Küste (namentlich im O.) u. in den Flußthälern fruchtbar u. zu jeder Art von Anbau passend; das Klima heiß, aber durch die Gebirge u. Seewinde gemäßigt, im Winter stürmisch, im Allgemeinen nicht ganz gesund. Producte Getreide, Wein (s. Corsicaweine), Kastanien, Flachs, Tabak, Oliven, zahlreiche andere Südfrüchte, an den [465] Küsten selbst Kaffee, Zuckerrohr, Indigo u. Baumwolle; große Waldungen von Eichen, Tannen u. Lärchen (für den Schiffsbau von Wichtigkeit), sogar Palmen gedeihen an einzelnen Stellen; Silber (aber nur wenig), Eisen, Blei, Kupfer, Kobalt, Marmor, Alabaster, Jaspis, Serpentin, Salz, Alaun; Rindvieh (groß aber mager), Schafe (meist schwarz), von grober Wolle, mit vier, zuweilen auch sechs Hörnern, Pferde, Maulesel u. Esel (sämmtlich klein), wilde Schafe (Muflons), Ziegen, wilde Schweine, Damhirsche u. anderes Wild; Bienen (Honig u. Wachs bilden einen wichtigen Handelsartikel), Thunfische, Sardellen, Austern, Korallen. Die Einwohnerzahl belief sich 1856 auf 240,183 Seelen. Die Corsen sind von mittlerer Größe, nervig u. von starkem, gedrungenem Körperbau, dunkler Gesichtsfarbe, schwarzem Haar u. einer wenig Vertrauen erweckenden Physiognomie, roh, heftig u. rachsüchtig, stolz, träg u. die Unabhängigkeit liebend, dabei mäßig u. gastfreundschaftlich; streng sind ihre Grundsätze von weiblicher, namentlich jungfräulicher Ehre. Die Blutrache, die bis aufs Äußerste getrieben wird, war noch bis auf die neuere Zeit gewöhnlich u. ist selbst jetzt noch nicht vor der strengen Justiz gewichen. Die Kleidung ist einfach: kurze Jacke, kurze Hosen u. lange Gamaschen, auf dem Kopfe eine hohe Sammetmütze; die Männer fast stets mit dem Dolch bewaffnet. Die Häuser in den Gebirgsgegenden meist elende Hütten mit Einer Öffnung, die zugleich als Thüre u. Fenster dient, häufig ohne Rauchfang; Glasfenster gelten als Luxusartikel. Hauptnahrungsmittel sind Kastanien; Ackerbau u. Weinbau werden nur nachlässig betrieben u. kaum die Hälfte des culturfähigen Bodens angebaut, ebenso der Bergbau; bedeutender ist die Viehzucht u. an den Küsten die Fischerei. Industrie fast gänzlich unbekannt; die meisten Familien erzeugen sich ihre Bedürfnisse an Kleidung etc. selbst od. beziehen sie von auswärts; für Communicationsmittel ist im Innern des Landes nur wenig gesorgt; der Seehandel ist nicht unbedeutend, Ausfuhrartikel sind: Südfrüchte, Wein, Honig, Wachs, Öl, Käfe etc. (jährlich ungefähr 900,000 Fr.); Einfuhrartikel: Manufacturwaaren, Meubel, Hausgeräthe, Handwerkszeug, Galanterie- u. Colonialwaaren (jährlich ungefähr 3 Millionen Fr.). Die Sprache ist vorzugsweise italienisch, seltener französisch; Münzen, Maße u. Gewichte die neueren französischen. Eintheilung in fünf Arrondissements: Ajaccio, Bastia, Calvi, Corte, Sartene, welche in 61 Cantone u. 355 Gemeinden zerfallen; Hauptstadt: Ajaccio; Festungen: Bastia u. Calvi; Diöcese: Ajaccio; Gerichtshof: Bastia. C. bildet die 17. französische Militärdivision u. gehört zur 5. Seepräfectur (Toulon).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 465-466.
Lizenz:
Faksimiles:
465 | 466
Kategorien: