Messenien

[167] Messenien, 1) (Messēne, a. Geogr.), die südwestliche Landschaft des Peloponneses, grenzte im Norden an Arkadien u. Elis, davon durch den Nedafluß getrennt, im Westen an das Ionische Meer, im Süden an den Messenischen Meerbusen (welcher von den Vorgebirgen Akritas u. Tänaron eingeschlossen war, in seinem nördlichen Theile auch der Koronäische, in seinem südlichen Theil der Asinäische Busen hieß u. jetzt Golf von Koron heißt), im Osten an Lakonika, von diesem Lande durch den Taygetos u. den Nedon geschieden; war gegen 50 QM. groß; an der Westküste zog sich eine Hügelreihe, Ägaleon, hin, im Nordosten die Nomischen Berge, an der Ostgrenze ragten die Abhänge des Taygetos herein; im Innern waren die Berge Euan u. Ithome, gegen Süden die Berge Tomeus, Buphras, Temathias; von Vorgebirgen liefen Kyparission, Platanwdes u. Koryphasion von der Westküste in das Jonische Meer; auf der Südseite war Akritas; Flüsse: Neda, Kyparissos, Sela, Bias, Pamisos mit Balyra, Köos, Elektra, Leukasia, Amphitos, Charadros u. Aris; endlich der Nedon. Das wohl bewässerte Land war, ausgenommen die sandige Ebene von Pylos, fruchtbar u. gut angebaut, hatte namentlich vortreffliche Weiden u. lieferte guten Wein; vorzüglich gesegnete Striche waren die Stenyklerischen Gefilde u. die Ebene Makaria; gleichwohl war das Land nie sehr bevölkert. Das Klima war, bes. in den Gebirgen, angenehm, nur in den Ebenen im Innern war es oft drückend heiß. Die vornehmsten Städte waren am Messenischen Busen: Abiä, Pherä, Korone, Asine; auf der Westseite: Kolonides mit dem Hafen Phönikus, Methone, Pylos (der Sitz Nestors), Kyparissiä, Aulon; im Innern: Andania (die Residenz der alten Lelegerkönige), Stenykleros (die Residenz der Dorerkönige), Messene, seit 369 v. Chr. am Abhange des Ithomeberges angelegt u. zur Hauptstadt gemacht, dabei auf dem Berge die Veste Ithome; Amphia, die Veste Ira. 2) (n. Geogr.), Nomarchie des Königreichs Griechenland, südöstlicher Theil von Morea, 62,52 QM.; 102,000 Ew.zerfällt in 5 Eparchien u. 28 Demen; Hauptstadt: Kalamata.

In der ältesten Zeit wohnten Leleger in M.; ihr König war Polykaon. Mit ihnen vermischten sich[167] früh Argiver; im 14. Jahrh. kamen noch Äoler hinzu, deren erster König Perieres war. Seine Söhne, Aphareus u. Leukippos, theilten sich so in das väterliche Reich, daß der Letztere die alte Residenz Andania erhielt, der Erstere aber in seinem Antheile Arne gründete. Mit seinen Söhnen Idas u. Lynkeus starb das Haus Arene aus u. dasselbe kam nun an Nestor, Sohn des Neleus aus Pylos, welches seit einiger Zeit als das dritte Reich in M. unter Neleus gegründet worden war u. welches sich über die ganze Westhälfte M-s erstreckte. Bei dem Einfall der Dorier in den Peloponnes (Rückkehr der Herakliden) eroberte Kresphontes M., welcher Stenykleros anlegte. Da er aber das Volk gegen die Edlen begünstigte, so machten diese eine Verschwörung unter Polyphontes gegen. ihn u. erschlugen ihn sammt seinen Söhnen. Nur Äpytos, welcher damals bei seinem Großvater Kypselos in Arkadien war, wurde gerettet u. bemächtigte sich später mit Hülfe der Arkader u. Dorier des väterlichen Reiches wieder. Seine Nachfolger hießen Äpytiden. Bald kamen die Messenier in arge Händel mit den Spartanern; messenische Jünglinge hatten spartanische Jungfrauen entführt u. den spartanischen König Teleklos, welcher diese zurückforderte, erschlagen. Sodann hatte der Spartaner Euäphnos dem Messenier Polychares seine Heerden geraubt u. seinen Sohn getödtet, dieser aber, da er keine Genugthuung erhalten konnte, mehre Spartaner beschimpft. Die Spartaner verlangten die Auslieferung des Polychares, u. da sie dies nicht erlangten, so begann der Erste Messenische Krieg. Seit 743 machten die Spartaner mehre Jahre Raubzüge ins Messenische. Nachdem sie der Messenier Euphaes wieder angegriffen hatte, machten die Spartaner einen neuen Einfall unter Theopompos. Die Messenier wurden geschlagen, ihre Städte zerstört, ihr Land verwüstet, sie selbst flüchteten in die Bergfeste Ithome, aber dadurch, daß Aristodemos seine Tochter opferte, um ein Orakel zu erfüllen, wurden sie wieder ermuthigt, u. von Arkadiern u. Argivern unterstützt, siegten sie mehre Male. Nachdem Euphaes gefallen war, machten die Messenier 729 den Aristodemos zu ihrem König; fünf Jahre lang war dieser siegreich gegen die Spartaner, aber endlich wußten die Spartaner durch List auf ein Orakel des Apollo zum Ziele zu kommen u. Ithome 724 zu erobern; Aristodemos hatte sich vorher selbst getödtet. Die meisten Messenier flüchteten, u. die Zurückbleibenden mußten jährlich die Hälfte der Früchte ihres Landes den Siegern als Tribut abliefern. Der Druck, welchen die Spartaner auf das Land übten, reizte die messenische Jugend zum Zweiten Messenischen Kriege. Die Männer aus Andania vereinigten sich unter Aristomenes; unterstützt von Arkadien, Argos, Elis u. Sikyon zogen sie 685 gegen das spartanische Heer u. siegten in der ersten Schlacht bei Derä. Die Messenier wollten den Aristomenes zum Könige wählen, doch wollte er nur ihr Feldherr bleiben. Da die Spartaner fortwährend mit Nachtheil kämpften, so erbaten sie sich, auf den Rath des Orakels, von den Athenern einen Heerführer. Diese schickten ihnen den hinkenden Tyrtäos; Aristomenes siegte aber überall, bei Stenykleros, Pharä, Karya, u. die Spartaner wollten Frieden machen. Aber Tyrtäos widersetzte sich, sein Ansehen siegte u. ein starkes Heer von Spartanern u. Heloten rückte in Messenien ein. Durch seine Lieder erneuerte Tyrtäos den Spartanern den Muth, u. die Treulosigkeit des arkadischen Königs Aristokrates, welcher den Messeniern zu Hülfe gekommen war u. sie nun verrieth, erleichterte jenen den Sieg. Die Messenier flüchteten sich 680 in die Bergfestung Ira u. vertheidigten sich 11 Jahre. Ja Aristomenes that oft glückliche Ausfälle u. plünderte selbst spartanisches Gebiet. Einmal aber wurde ihm der Rückweg abgeschnitten, er gefangen u. in die Käaden gestürzt, doch rettete er sich wieder u. kehrte zu den Seinigen zurück. Endlich wurde Ira 668 durch Verrath von den Spartanern genommen. Die Messenier wanderten zum großen Theil nach Sicilien aus u. ließen sich in Zankle (Messana) nieder; Aristomenes suchte mit 500 seiner Landsleute eine neue Heimath in Rhodos; die Zurückgebliebenen fielen von Neuem in schmähliche Knechtschaft. 465 wurde Sparta durch ein heftiges Erdbeben so erschüttert, daß 20,000 Menschen umgekommen sein sollen. Diese Gelegenheit benutzten die Messenier in Verbindung mit den Heloten sich zu befreien; so begann der Dritte Messenische Krieg. Die Empörer wurden geschlagen u. mußten nach Ithome flüchten. Nach mehrern vergeblichen Versuchen gegen diese Burg rief man die der Belagerungskunst kundigen Athener; sie schickten den Kimon; die eifersüchtigen Spartaner aber entfernten ihn wieder, was die Athener sehr übel nahmen. 455 wurden die Messenier gänzlich besiegt u. erhielten freien Abzug aus dem Lande; sie ließen sich in Naupaktos u. anderen Orten Griechenlands nieder. Nach drei Menschenaltern sammelte der Thebaner Epaminondas die zerstreuten Einwohner u. erbaute 369 Messene, als eine Vormauer gegen Sparta. M. bekam eine neue Verfassung, ohne jedoch von den Spartanern als frei u. unabhängig anerkannt zu werden. In der Folge schlossen die Messenier sich an Macedonien an; sie traten in den Achäischen Bund, zeigten sich aber bald wieder als Gegner desselben, kamen 146 v. Chr. mit den andern Peloponnesiern unter die Römer u. gingen geschichtlich unter, so daß M. fortan nur noch dem Namen nach bestand.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 167-168.
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