Wartburg

[864] Wartburg, 1) Bergschloß bei Eisenach im weimarischen Amte Eisenach. Die W. wurde 1070 von Ludwig dem Springer erbaut, diente von da an bis zu Landgraf Balthasar (st. 1406) fast allen Landgrafen von Thüringen zur Residenz, als welche die W. auch in der Geschichte der Sta. Elisabeth (s. d. 49) eine Rolle spielt, u. war im 13. Jahrh. der Schauplatz des Wartburgkriegs (s. Sängerkrieg auf der Wartburg). Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen, ließ den von dem Reichstage von Worms geächteten Luther hierher am 4. Mai 1521 in Sicherheit bringen, u. dieser blieb als Junker Georg hier bis zum 6. März 1522 (s.u. Luther). In der neueren Zeit war aus der W. das Wartburgsfest am 18. Oct. 1817, als dem Jahrestag der Schlacht bei Leipzig, wo man mit Bewilligung der weimarischen Regierung eine Vorfeier des dritten Säcularfestes der Reformation, bes. von Jena aus, festlich zu begehen beabsichtigte u. dazu alle Universitäten in Abgeordneten einlud. Es erschienen außer 200 Studenten von Jena, noch deren von Göttingen, Berlin, Erlangen, Gießen, Heidelberg, Kiel, Leipzig, Marburg, Rostock, Tübingen, Halle, Genf, Würzburg, im Ganzen über 500 (nur Breslau, Greifswald u. Königsberg waren nicht vertreten). Am Morgen des 18. Oct. zog der Festzug auf die W., wo im Rittersaale nach Absingung des Liedes Eine feste Burg ist unser Gott, vom Studenten Riemann aus Mecklenburg eine Rede gehalten wurde. Auf dem Burghofe kamen hierauf die Aufhebung der akademischen Landsmannschaften u. die Erweiterung der bereits in Jena bestehenden Burschenschaft zu einer allgemeinen deutschen Burschenschaft (s. d.) zur Sprache. Dann wurde im Rittersaal gespeist u. in feierlichem Zuge nach Eisenach zurückgekehrt u. dort ein Festgottesdienst gehalten. Am [864] Abend einten sich die Studenten zu einem Fackelzug nach dem Wartenberge, um daselbst mit dem Eisenacher Landsturm Siegesfeuer für die Leipziger Schlacht anzuzünden. Als der Zug nach Eisenach zurückgekehrt war, blieben einige Studenten mit dem Professor Fries zurück u. hielten noch ein Autodafé indem sie theils die Titel von Werken, theils diese selbst (unter anderen Schriften von Schmalz, Kamptz, v. Ancillon, v. Kotzebue, v. Haller, Dabelow, v. Köln, den Code Napoléon u. m. a,), zusammen 28, welche sie der deutschen Sache feindlich glaubten, dazu eine Schnürbrust (auf das damals übliche Schnüren der Offiziere zielend), einen Haarzopf (auf die Zöpfe des Militärs in Hessen deutend) u. einen Corporalstock verbrannten. Am 19. Oct. zogen die Studenten wieder auf die W., wo für Abschaffung der Duelle u. dgl. mehre Reden gehalten, zuletzt das Abendmahl in der Kirche zu Eisenach genossen wurde. Das Wartburgsfest machte in Deutschland, ja in Europa ungemeines Aufsehen u. gab zu einem heftigen Federkrieg Anlaß, wobei sich bes. Fries u. Oken auszeichneten. An die Staatsregierungen gingen Denunciationen über dieses Treiben u. über geheime staatsgefährliche Verbindungen. In einer Conferenz des preußischen Staatskanzlers Fürsten von Hardenberg u. des österreichischen Gesandten Grafen von Zichy mit dem Großherzog von Weimar zu Weimar kam das Wartburgsfest ernstlich zur Rüge u. Fries u. Oken kamen in Criminaluntersuchung. Obschon nun Beide freigesprochen wurden u. Hardenberg u. Zichy die Sache in einem milden Lichte betrachteten, so gründete doch Stourdza zum Theil mit hierauf seine Anklage gegen die deutschen Hochschulen u. durch Sands blutige That an Kotzebue im März 1819 erhielt das Wartburgsfest neue Bedeutung u. wirkte noch lange nachtheilig nach. Über das zweite Wartburgsfest, am 12. Juni 1848 von deutschen Studenten abgehalten, s.u. Universität S. 241. Die W. ist eines der schönsten renovirten Bauwerte des Romanischen Styls; sie ist seit 1847 nach Ritgens Plänen wiederhergestellt u. mit Fresken von Mor. v. Schwind (Begebenheiten aus der Geschichte der Burg u. der Sta. Elisabeth darstellend) geschmückt. Bemerkenswerth sind in ihr die Kapelle (7. Juni 1855 eingeweiht), die Rüstkammer mit alten Rüstungen u. Waffen, der Ritter- u. Banketsaal, der Sängersaal, Luthers Zelle etc. Der Grundstein zu dem neuen Thurm wurde 10. Dec, 1855 gelegt. Vgl. Thon, Schloß W., Eisen. 1792, 3. A. 1815: Darnstedt, Geschichte der W., Lpz. 1815; Schöne, Beschreibung der W., Eisen. 1835; Witzschell, Die W. bei Eisenach, ebd. 1845; Puttrich, Denkmale der Baukunst, 1. Abth., 2. Bd., Lpz. 1847. 2) (Alt- u. Neu-W.), Burgen, so v. w. Sälisschloß.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 864-865.
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