Nikolaus [1]

[694] Nikolaus, Name von fünf Päpsten: 1) N. 1., geboren in Rom als Sohn des Primicerius Theodor, gest. 13. Nov. 867, Papst seit 24. April 858, war einer der hervorragendsten Vertreter des päpstlichen Primatgedankens. In der Eheirrung König Lothars II. (s. Lothar 3) verfocht er den Standpunkt christlicher Sittlichkeit und kirchlichen Rechts, den fränkischen Bischöfen, insbes. Hinkmar (s. d.) von Rheims gegenüber die päpstliche Jurisdiktionsgewalt und machte hierfür erstmalig die Dekretalen des Pseudo-Isidor (s. d.) geltend. Durch Exkommunikation des konstantinopolitanischen Patriarchen Photios (s. d.) 863 erweiterte er den Riß zwischen der morgenländischen und der abendländischen Kirche. Vgl. Lämmer, N. I. und die byzantinische Staatskirche seiner Zeit (Berl. 1857); Roy, Saint-Nicolas I (Par. 1900); Richterich, Papst N. I. (Bern 1903).

2) N. II., vorher Gerhard, aus Burgund, Domherr in Lüttich und 1046 Bischof von Florenz, wo er 27. (19.) Juli 1061 starb, wurde im Dezember 1058 unter Leitung Hildebrands in Siena zum Papst erwählt. Als solcher betrieb er die kirchliche Reform auf Synoden und durch Legaten, schuf der päpstlichen Politik durch Verbindung mit den Normannen, deren Fürsten Robert Guiscard und Richard von Capua er zu seinen Lehnsmännern machte, einen sichern Rückhalt und ordnete 1059 die Papstwahl (s. Papst) in einer den Einfluß des römischen Adels ausschließenden und den des Kaisers stark einschränkenden Weise. Vgl. Scheffer-Boichorst, Die Neuordnung der Papstwahl durch N. II. (Straßb. 1879); Delarc, [694] Le pontificat de Nicolas II (in der »Revue des questions historiques«, Bd. 40, 1886).

3) N. III., vorher Giovanni Gaetano Orsini, geb. um 1216 als Sohn des römischen Senators Matthäus Rubens, gest. 22. Aug. 1280 in Soriano bei Viterbo, seit 1244 Kardinal, bestieg den Stuhl 25. Nov. 1277. In die Streitigkeiten zwischen Rudolf von Habsburg und Karl von Anjou griff er vermittelnd ein, bewog Karl zum Verzicht auf die Würde eines römischen Senators und des Reichsvikars in Tuscien und ließ sich von Rudolf seinen territorialen Besitzstand bestätigen. S. auch Franziskaner. Vgl. Gay, Les registres de Nicolas III (Par. 1898–1904, 2 Hefte); Demski, Papst N. III. (Münst. 1903); Sternfeld, Der Kardinal Johann Gaetan Orsini (Papst N. III.) 1244–1277 (Berl. 1905). ‚

4) N. IV., früher Girolamo aus Ascoli, gest. 4. April 1292 in Rom, seit 1274 General des Minoritenordens, 1278 Kardinal und 1281 Kardinalbischof von Palestrina, wurde im Februar 1288 zum Papst gewählt. Er krönte König Karl II. von Sizilien, ließ sich von Kaiser Rudolf die Romagna abtreten, sandte Missionare seines Ordens nach China und zu den Tataren und bemühte sich nach dem Fall Akkons vergeblich um einen neuen Kreuzzug. Vgl. Schiff, Studien zur Geschichte Papst N. IV. (Berl. 1897); Langlois, Les registres de Nicolas IV (Par. 1886–93, 9 Hefte).

5) N. (V.), vorher Pietro Rainulducci, aus Corbara in den Abruzzen, Minorit, wurde 12. Mai 1328 von Ludwig dem Bayern als Gegenpapst Johanns XXII. aufgestellt, unterwarf sich diesem 1330 und starb 16. Okt. 1333 zu Avignon in der Gefangenschaft.

6) N. V., früher Tommaso Parentucelli, geb. 15. Nov. 1397 wahrscheinlich in Sarzana als Sohn eines Arztes, gest. 24. März 1455, studierte in Bologna, war Hauslehrer in Florenz, wo er mit Humanisten verkehrte, trat nach einigen Jahren in den Dienst des Bischofs von Bologna, Niccolo d'Albergati, wurde nach dessen Tod vom Papst Eugen IV. zum Vizecamerlengo, 1444 zum Bischof von Bologna, 1446 zum Kardinal ernannt und folgte ihm 6. März 1447 auf dem päpstlichen Stuhl. Um das Aufblühen der humanistischen Studien hat er sich große Verdienste erworben; die Bibliothek des Vatikans verdankt ihm reiche Schätze besonders an griechischen und lateinischen Manuskripten; auch die Künste pflegte er eifrig. Er bewirkte die Auflösung des Baseler Konzils, schloß 1448 unter Vermittelung des Äneas Sylvius mit Kaiser Friedrich llI. das Wiener Konkordat ab und bewog 1449 den Gegenpapst Felix V. zur Abdankung. Auch am Kampfe gegen die Türken beteiligte er sich, suchte aber vergeblich einen Kreuzzug zustande zu bringen. Er feierte 1450 das Jubeljahr und krönte 1452 den deutschen Kaiser Friedrich III. Vgl. Sforza, Papst N. V. Heimat, Familie und Jugend (deutsch, Innsbr. 1888); Pastor, Geschichte der Päpste, Bd. 1 (3. u. 4. Aufl., Freiburg 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 694-695.
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