Stephan [2]

[935] Stephan, Name mehrerer Fürsten. Bemerkenswert sind: 1) S. von Blois, König von England, geb. um 1094, gest. 25. Okt. 1154, ward nach dem Tode König Heinrichs I., dessen Schwester Adele seine Mutter war, 1135 von den normannischen Großen an Stelle von Heinrichs Tochter Mathilde als König anerkannt, wofür er den Prälaten und Baronen einen umfassenden Freibrief gewährte. Die Widersetzlichkeit der Großen suchte er nicht immer mit Erfolg durch flämische und französische Söldner niederzuhalten. Mit Schottland kämpfte er in der »Standartenschlacht« 1138 glücklich, als aber 1139 Mathilde in England gelandet war, fiel S. 1141 in ihre Gewalt, ward 1142 zwar befreit, behauptete sich aber nur unter fortwährenden Kämpfen im Besitz der Herrschaft. Durch einen Vertrag von 1153 erkannte er Mathildens Sohn Heinrich Plantagenet als Erben an.

2) S. IV. der Große, Fürst der Moldau, geb. um 1435, gest. 2. Juli 1504, Sohn Bogdans II. (gest. 1451), vertrieb im April 1457 Peter Aaron, einen unehelichen Sohn Alexanders des Guten (1400–1433), schloß 4. April 1459 einen günstigen Vertrag mit Polen, dem er 2 März 1462 huldigte, eroberte im Januar 1465 Chilia von den Ungarn und schlug 1467 einen Rachezug des Königs Matthias Corvinus zurück, zerstörte im Februar 1470 den walachischen Hafen Braila, besiegte 7. März 1471 Radu III. den Schönen von der Walachei und verjagte ihn im Herbste 1473 völlig, schlug 10. Jan. 1475 Suleiman Pascha an der »Hohen Brücke« aufs Haupt, vertrug sich im Sommer mit den Ungarn, die ihn jedoch dann im Stiche ließen, und wurde 26. Juli 1476 von den Osmanen besiegt, eroberte aber sein Land bald zurück, verjagte den türkenfreundlichen Walachenfürsten 1477 und 1481 aufs neue, verlor 1484 Chilia und Cetatea-Albǎ (Akkerman) an Bajesid und behauptete 1485/86 nur mit polnischer Hilfe sein Land, schloß 1490 sogar mit der Pforte einen Tributvertrag, überfiel 1497 bei Cozmin die einfallenden Polen erfolgreich, erschien 1498 selbst vor Lemberg und schloß im Juli 1499 einen vorteilhaften Frieden mit Polen und Ungarn, nahm aber trotzdem 1501 den Polen Pokutien weg. S. erbaute zum Schutze der Stadt Roman die Festung Smeredowo und gründete um 1470 das Bistum Rǎdǎuƫi (Radautz). S. ist der größte rumänische Herrscher der ältern Zeit. Am 16. Juli 1904 wurde ihm in Barsesti (Bezirk Putna) ein Denkstein enthüllt. Vgl. Iorga,Istoria luĭ Ştefancel-Mare (Bukar. 1904).

3) Erzherzog von Österreich, geb. 14. Sept. 1817, gest. 19. Febr. 1867 in Mentone, Sohn des Erzherzogs Joseph (gest. 1847) und dessen zweiter Gemahlin, Hermine, gebornen Prinzessin von Anhalt-Bernburg-Schaumburg, wurde nach längerm Aufenthalt in Wien und großen Reisen in Österreich behufs Einführung in die Staatsgeschäfte 1843 Zivilgouverneur von Böhmen, 1847 nach dem Tode seines Vaters zum stellvertretenden Palatin von Ungarn ernannt und im November d. J. durch die Wahl des Reichstags und die Bestätigung des Kaisers definitiv mit dieser Würde betraut. Infolge der Märzereignisse 1848 wurde seine Stellung sowohl gegenüber der nationalen Partei, die ihm Verrat am Vaterlande vorwarf, als auch der österreichischen Regierung, die ihn verdächtigte, er strebe nach der Krone Ungarns, unhaltbar; er entsagte daher 24. Sept. dem Palatinat, zog sich 1850 auf seine Besitzungen in Schaumburg zurück und beschäftigte sich fortan mit gelehrten Studien. 1858 erfolgte die Aussöhnung mit Kaiser Franz Joseph. Vgl. »Erzherzog S. Viktor von Österreich, sein Leben, Wirken etc.« (Wiesb. 1868); »Erzherzog Stephans Briefe an Wilhelm Haidinger« (Wien 1897, 2. Ausg. 1903); Spielmann, Erzherzog S. (Ems 1900).

4) Báthori, König von Polen, geb. 1532 aus einer vornehmen ungarischen Familie (s. Bathori), gest. 2. Mai 1586 in Grodno, ward 1571 zum Großfürsten von Siebenbürgen und 1575, nachdem er die Jagellonische Prinzessin Anna geheiratet, zum König von Polen erwählt. Er verbesserte die Rechtspflege, suchte dem Jesuitenorden gegenüber die Gewissensfreiheit der Protestanten zu schützen, kämpfte im Bunde mit Schweden glücklich gegen die Russen (1578–82) und eroberte einen Teil Livlands, versuchte aber mit seinem Günstling Zamojski vergeblich, ein starkes nationales Königtum in Polen zu schaffen und die Krone erblich zu machen. Vgl. Zakrzewski, Stefan Batory (Krakau 1887).

5) S. Duschan, Zar von Serbien, s. Duschan.

6) S. I., der Heilige, erster König von Ungarn, 997–1038, war der Sohn des Herzogs Géza, Urenkels des Großfürsten Arpad (s. d.), geb. um 975, hieß ursprünglich Wajk, ward zwischen 985 und 990 wahrscheinlich durch Adalbert von Prag getauft und erhielt den Namen Stephanus. Mit der bayrischen Herzogstochter Gisela vermählt, zog er zahlreiche Deutsche nach Ungarn und zwang, zur Regierung gelangt, die Heiden mit Feuer und Schwert zur Annahme des Christentums. Zu diesem Zweck errichtete er gegen zehn Bistümer, darunter das Graner Erzbistum und mehrere Klöster. Er nahm den Königstitel an, ließ sich mit der vom Papst Silvester II. ihm gesandten Krone (s. Stephanskrone) am 15. (oder 17.) Aug. 1001 krönen, schuf sich einen Hof, mehrere Hofämter, ließ nach bayrischen und italienischen Mustern Münzen prägen und gab unter Mitwirkung geistlicher und weltlicher Großen dem Lande Gesetze, von denen zwei Bücher erhalten blieben. Die an seinen Sohn Emerich (Imre) gerichteten »Ermahnungen« rühren wahrscheinlich vom Abt Gerhard her. Er ist zwar nicht der Begründer der ihm zugeschriebenen Komitate, wohl aber ihr Organisator. Die widerspenstigen Stammeshäuptlinge im Westen und Südosten seines [935] Landes zwang er in siegreichen Kämpfen zur Anerkennung seiner Herrschaft. Auch seine Kämpfe mit Kaiser Konrad II. und Boleslaw Chabry von Polen begünstigte das Glück. Den Thron erbte sein Neffe Peter der Venezianer. Er starb in Gran 20. Aug. 1038, wurde in der von ihm begründeten Basilika in Stuhlweißenburg begraben und ward 1087 heilig gesprochen (sein Tag ist der 20. August; s. Stephanstag). Nach ihm werden Ungarn und seine Nebenländer die »Länder der Stephanskrone« genannt. In Budapest wurde ihm die Basilikakirche geweiht und ein Reiterdenkmal errichtet. Vgl. Pauler, Geschichte des ungarischen Volkes unter den Árpáden (magyar., Bd. 1, 2. Aufl, Budap. 1899); Joh. Karácsonyi, Das Leben des heil. S. (magyar., das. 1904) und Die Urkunden des heil. S. und die Silvesterbulle (magyar. 1891); Horn, Saint-Etienne, roi apostolique de Hongrie (2. Aufl., Par. 1899). S. Ungarn, Geschichte.

7) St. Bocskay, 1605–06, Fürst von Siebenbürgen und Oberungarn, s. Bocskay.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 935-936.
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