Fürst [2]

[218] Fürst, 1) Walter, aus dem Kanton Uri, Held der schweizer. Sage, wonach er sich 1307 mit Werner Stauffacher aus Schwyz und Arnold Melchthal aus Unterwalden zu dem Bund auf dem Rütli vereinigte, um die Waldstätte vom Druck der österreichischen Landvögte zu befreien. Übrigens ist Walter F. eine[218] historische Persönlichkeit und 1303–17 wiederholt in Urner Urkunden genannt. Vgl. Ochsli, Die Anfänge der Eidgenossenschaft (Zür. 1891).

2) Karl Joseph Max, Freiherr von F. und Kupferberg, preuß. Minister, geb. 1717 in Schlesien, gest. 20. Jan. 1790, nach dem Einrücken Friedrichs II. in Schlesien im Dezember 1740 zum Geheimen Justiz- und Oberappellationsgerichtsrat in Berlin ernannt, war 1752–55 in Wien zur Regelung des schlesischen Schuld- und Kommerzienwesens und lieferte dem König auch Gutachten über politische Fragen und die Zustände am Wiener Hof, die er scharf beobachtete. Nach seiner Rückkehr Senatspräsident am Berliner Kammergericht, 1763 erster Präsident desselben und Justizminister geworden, sollte er als Nachfolger des 1770 gestorbenen Großkanzlers Jarriges die von Cocceji begonnene Justizreform zu Ende führen, konnte aber trotz seiner Gelehrsamkeit und seines Fleißes diese Aufgabe nicht lösen, ja brachte sogar Carmers auf eigne Hand ausgearbeitete Projekte zur Justizreform zum Scheitern. In Ungnaden erhielt F. 11. Dez. 1779 seine Entlassung. Vgl. Breßlau und Isaacsohn, Der Fall zweier preußischer Minister, v. Danckelmann und F. (Berl. 1878).

3) Julius, Orientalist, geb. 12. Mai 1805 in Zerkowo (Provinz Posen) von jüdischen Eltern, gest. 9. Febr. 1873 in Leipzig, war schon als zwölfjähriger Knabe mit der hebräischen und rabbinischen Literatur vertraut und widmete sich seit 1825 auf der Universität zu Berlin orientalischen und theologischen Studien, die er in Posen, seit 1829 in Breslau fortsetzte und 1831 in Halle vollendete. Seit 1833 in Leipzig als Privatdozent habilitiert, wurde er hier, als der erste Jude an der sächsischen Universität, 1857 zum Lector publicus, 1864 zu Professor der aramäischen und talmudischen Sprachen ernannt. Von seinen frühern Arbeiten sind zu nennen: »Lehrgebäude der aramäischen Idiome« (Leipz. 1835); »Perlenschnüre aramäischer Gnomen und Lieder« (das. 1836); »Librorum Sacrorum Vis Ti Concordantiae Hebraicae atque Chaldaicae« (das. 1837–40); »Die Sprüche der Väter« (das. 1839); »Die israelitische Bibel« (Berl. 1838), gemeinschaftlich mit Zunz und Sachs in Berlin und Arnheim in Glogau aus dem Original übersetzt, u. a. Von 1840–52 gab er die Zeitschrift »Orient« für jüdische Geschichte und Literatur heraus. Außerdem erschienen: »Hebräisches und chaldäisches Schulwörterbuch über das Alte Testament« (Leipz. 1841, neueste Ausg. 1892); »Die jüdischen Religionsphilosophen des Mittelalters« (das. 1845, 2 Bde.); »Das Buch Jozerot« (das. 1852), als Chrestomathie des schweren Stils der Pijjutim; »Geschichte des Karäertums« (das. 1865) u. a. Seine Hauptwerke aber sind: die »Kultur- und Literaturgeschichte der Juden in Asien« (Leipz. 1849, Bd. 1); die »Bibliotheca judaica« (das. 1849–63, 3 Bde.); das »Hebräische und chaldäische Handwörterbuch über das Alte Testament« (Leipz. 1851; 3. Aufl. von Ryssel, 1876, 2 Bde.; ins Engl. übersetzt von Davidson, 5. Aufl., das. 1885) und die »Geschichte der biblischen Literatur und des jüdisch hellenistischen Schrifttums« (das. 1867–70, 2 Bde.). Trotz dieser umfangreichen Leistungen sind die literarischen Arbeiten Fürsts und seine wissenschaftlichen Resultate, besonders diejenigen der Sprachvergleichung, von der Kritik heftig angefochten worden.

4) Hermann, Forstmann, geb. 29. März 1837 in Ansbach, besuchte die Forstlehranstalt Aschaffenburg, sodann die Universität München, trat 1858 in den bayrischen Staatsforstdienst, wurde 1871 Oberförster zu Berg in der Oberpfalz, 1877 Forstmeister in Regensburg, 1878 Direktor der Forstlehranstalt Aschaffenburg und 1892 Oberforstrat. Er schrieb: »Die Pflanzenzucht im Walde« (Berl. 1882, 3. Aufl. 1897); »Die Waldungen in der Umgebung von Aschaffenburg« (Aschaffenb. 1884); »Plänterwald oder schlagweiser Hochwald« (Berl. 1885); »Forst- und Jagdlexikon« (das. 1888, 2. Aufl. 1904); »Chronik der königlich bayrischen Forstlehranstalt Aschaffenburg 1844–1894« (Aschaffenb. 1894). Auch bearbeitete er für Loreys »Handbuch der Forstwissenschaft« (Tübingen 1887–88, 2. Aufl. 1903) den Abschnitt »Forstschutz« und gab außerdem »Deutschlands nützliche und schädliche Vögel« (32 Farbendrucktafeln, Berl. 1894) sowie die neuen Auflagen von Kauschingers »Waldschutz« (6. Aufl., das. 1902) heraus. Seit 1897 ist F. Herausgeber des »Forstwissenschaftlichen Zentralblatts« (Berlin).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 218-219.
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