Sachsen-Weimar-Eisenach

[13] Sachsen-Weimar-Eisenach (das Großherzogthum), sonst Fürstenthum, erbte unter den Erstgeborenen des Hauses Sachsen-Weimar fort, seitdem 1719 der Herzog Ernst August das Erstgeburtsrecht eingeführt hatte. (S. Sachsen.) Es folgte zunächst 1732 des Genannten Sohn, Ernst August Konstantin, und auf diesen 1758 Karl August (s.d.), welcher die großherzogliche Würde annahm und in Folge der 1815 mit Preußen abgeschlossenen Verträge sein Land um 31 ! M. vergrößerte. Derselbe gab seinem Lande 1819 auch eine ständische Verfassung, nach welcher die Rittergutsbesitzer, die Bürger und die Bauern durch Landstände vertreten werden. Dieselben bilden unter einem auf Lebenszeit gewählten Präsidenten (Landmarschall) Eine Kammer. Im J. 1821 wurden die adeligen Lehen gegen Entschädigung in freies Eigenthum verwandelt. Unter dem noch regierenden Großherzoge Karl Friedrich (s.d.) trat das Land 1834 dem deutschen Zollvereine bei, und es wurden mancherlei Anstalten zur Erleichterung der Handelsverbindungen, Tilgung der Landesschulden, Verbesserung der Wohlthätigkeitsanstalten und des Schulwesens getroffen. – Das Großherzogthum besteht aus dem Fürstenthume Weimar, welches gegen die ältern Zeiten durch die jenaer Landesportion, dem größern Theile des früher königl. sächs. Kreises Neustadt und mehren andern sonst königl. sächs. und preuß. Landestheilen vergrößert worden ist, und aus dem Fürstenthume Eisenach, zu welchem verschiedene hennebergische, fuldaische und hessische Ämter gehören. Jenes liegt in vier Stücken zwischen der preuß. Provinz Sachsen, dem Gothaischen, Schwarzburgischen und Reußischen; dieses zwischen der preuß. Provinz Sachsen, Kurhessen, Baiern, Meiningen und Gotha. Das ganze Großherzogthum umfaßt 664/5 ! M. mit 242000 Einw., welche sich bis auf etwa 10,000 Katholiken, 6600 Reformirte und 1400 Juden zur lutherischen Kirche bekennen. Der Boden des Fürstenthums Weimar ist außerordentlich fruchtbar, reich an Waldungen und wird von der Ilm, Saale, weißen Elster, Unstrut und Orla bewässert. Das Fürstenthum Eisenach lehnt sich an die Rhön und den Thüringerwald, umfaßt einen Theil des letztern (der Kükelhahn ist 2700, die Wartburg bei Eisenach 1700 F. hoch) und wird von den Flüssen Werra, Unstrut, Hörsel und Saale bewässert. Die wichtigsten Producte sind: Feldfrüchte, Obst, Wein an den Ufern der Saale, Holz, Wild, Silber, Kupfer, Eisen, Kobalt und Salz. Die Viehzucht, namentlich die Schafzucht, ist ausgezeichnet. Wissenschaftliche Bildungsanstalten sind die Universität Jena, die Gymnasien zu Weimar und Eisenach, das Forstinstitut zu Ruhl, lat. Schulen u.s.w. Zu Jena, Weimar, Schöndorf, Wartburg und Ilmenau sind seit 1824 Observatorien für die Witterungskunde angelegt. Die Industrie ist bedeutend und bezieht sich vorzüglich auf Wollenweberei, Strumpfwirkerei, Leinwandfabrikation und Färberei. Mit den Natur- und Kunstproducten wird ein lebhafter Handel getrieben. Im J. 1702 wurde der weimar. Hausorden der Wachsamkeit oder vom weißen Falken gestiftet und derselbe 1815 als Civilverdienstorden in drei Classen erneuert. Die beiden Minister, von denen der eine die Departements der Justiz, des Innern, der auswärtigen Angelegenheiten, des Cultus und öffentlichen Unterrichts, der andere die Finanzen verwaltet, und ein Geheimrath bilden die oberste Staatsbehörde. Das Oberappellationsgericht zu Jena ist die höchste Justizbehörde; die Landesdirection und das Kammercollegium sind die obersten Verwaltungsbehörden. Zu Weimar und Eisenach sind Oberconsistorien, und die Angelegenheiten der Katholiken stehen unter der Immediatcommission zu Weimar. Die Staatsschuld beläuft sich auf 4,500,000 Thlr. und die jährlichen Einkünfte nach den Landschaftsetat betragen gegen 750000 Thlr., die der Domainenkammer ungefähr 640,000 Thlr. Mit dem ganzen Ernestinischen Hause hat Sachsen-Weimar Theil an der zwölften Stelle in engern Rathe des deutschen Bundes und im Plenum hat es eine Stimme für sich allein. Es stellt 2010 M. als Contingent zur Bundesarmee.

Im Fürstenthum Weimar liegt die Haupt-und Residenzstadt Weimar (s.d.). Nicht weit von derselben sind die Luftschlösser Belvedere und Tieffurt mit schönen Gärten, das Jagdschloß am Ettersberge und das Dorf Oberweimar mit einer Musterwirthschaft. Durch seine Universität und historisch berühmt ist Jena (s.d.). Der Universität Jena gehört Apolda an der Ilm mit 3300 Einw., wo Strumpffabriken. Allstädt hat über 2000 Einw., ein Bergschloß, Salpetersiederei, Pottaschebrennerei und eine herrschaftliche Stuterei, ein Isabellgestüt. Abgesondert im Hennebergischen, am Thüringerwalde liegt Ilmenau an der Ilm mit 2400 Einw., Wollspinnerei, Fabriken zur Verfertigung von Metallknöpfen u.s.w. In der Nähe sind Eisen- und Kohlenbergwerke. Neustadt an der Orla hat 3700 Einw. und Tuchfabrikation; daselbst ist ein Bergamt. Weida am gleichnamigen Flusse hat 3200 Einw. [13] Im Fürstenthum Eisenach liegt die Hauptstadt Eisenach an der Neffe mit gegen 9000 Einw. Sie hat ein Schloß, ist Sitz der Landesregierung, hat ein Gymnasium mit einer ansehnlichen Bibliothek, ein Schullehrerseminar mit einer Armen- und Freischule, eine Zeichnenschule, eine Bibelgesellschaft, einen Frauenverein mit einer Armenschule für arme Mädchen, viele Fabriken für Baumwollenzeuche, Ölseife, Band, Tuch, Leder, Bleiweiß, Wollenwaaren, Leinwand, Pfeifenköpfen u.s.w. Nahe bei der Stadt liegt auf einem Berge das Schloß Wartburg (s.d.). Der Fabrikort Ruhla mit 1100 Einw., 1086 F. über der Meeresfläche liegend, gehört halb zu Gotha. (S. Sachsen-Koburg-Gotha.) Zu Kreuzburg an der Werra mit 1700 Einw. ist das Salzwerk Wilhelm Glücksbrunnen und ein Schloß. Ostheim vor der Rhön hat 2600, Vacha an der Werra 1600, Lengsfeld 2100 Einw.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 13-14.
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