Jungfrau

1. Alte Jungfrauen ertanzen selten einen Mann. Leipziger Zeitung, 1864, Nr. 11.


2. Augsburger Jungfrauen lassen sich gern beschauen, aber im Haus, auf der Gass' und im Tanz haben sie fein Acht auf ihre Schanz'.Reinsberg V, 71.

Lat.: Quid mihi cum bellis? seruit mea cura puellis. (Loci comm., 18.)


3. Aus Jungfrauen werden Bräute.


4. Besser nach Jungfrawen spatzieren, denn im Krieg Leib vnd Leben verlieren.Petri, III, 2.


5. Der ein Jungfraw darff schwechen, darff auch wol ein Castel brechen.Gruter, III, 16; Lehmann, II, 78, 67; Eiselein, 353; Graf, 351, 395; Simrock, 5318; Braun, I, 1694.

Selbst ohne Anwendung von Gewalt galt die Kränkung der jungfräulichen Ehre in den Augen unserer Vorfahren für ein sehr schweres Vergehen.


6. Der Jungfrauen Herz ist ein Taubenhaus, da einer fliegt ein, der andere aus.


7. Der Jungfrauen runder und zierlicher Abschlag ist ein gewisses Ja.Steiger, 248.


8. Die Jungfrauen setzen ihre Worte ordentlich nacheinander, als man Zwiebeln setzt.Eiselein, 353.


9. Die Jungfraun sind gemeiniglich auss Flandern vnd geben einen vmb den andern.Petri, II, 410.


10. Die Jungfrawen sind von bösem Sinn, falsch reden, das ist jhr gewin.Petri, II, 133.


11. Die Jungkfrawen seindt betrüglich.Henisch, 1556, 16.


12. Ein Hessliche Jungfraw ist ein langweilicher Aspect.Lehmann, 706, 30.


13. Ein Jungfraw, die nach Mennern jagt, die wird zuletzt ein alte Magd.Petri, II, 206.

Böhm.: Sedávej panenko v koutĕ, jsi-li ctnostna, najdou tĕ. (Čelakovsky, 411.)


14. Ein Jungfraw ohn Scham, ein Acker ohn Sam, ein Junger Gesell ohn Zucht bringen selten gute Frucht.Petri, II, 206; Henisch, 1556, 17.


15. Ein Jungfraw on scham, der mensch on thon, der mertz in der blum, ein sommer on taw, des würt man am end nit fro.Franck, I, 76a; Lehmann, II, 286, 71; Körte, 3234; Reinsberg I, 82.


16. Ein Jungfraw soll vnder sich sehen wie ein Saw.Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 63.


17. Ein schöne Jungfraw ohne Gelt kriegt mehr Buler als Freyer.Lehmann, 412, 16.

Dän.: Skiøn jomfru uden penge haver fleere elskere end friere. (Prov. dan., 327.)


[1069] 18. Eine betsüchtige Jungfrau und eine besuchsüchtige Witwe richten die Welt zu Grunde.Tendlau, 332.


19. Eine Jungfrau, die lang will bleiben schön, muss sich selten lassen sehn.


20. Eine Jungfrau, die nicht kommt aus, fängt zuerst Feuer im Haus.


21. Eine Jungfrau, die nicht mehr neckt, gehört unters alte Eisen.

Böhm.: Dobře pannĕ, dokud klamá. (Čelakovsky, 243.)


22. Eine Jungfrau, die sich viel spiegelt, spinnt wenig.

Frz.: Fille qui trop se mire peu file. ( Kritzinger, 315b.)


23. Eine Jungfrau, die warten kann, bekommt endlich auch einen Mann.

Böhm.: Dočkej panenko své doby; netrat nejdražší ozdoby. (Čelakovsky, 411.)


24. Eine Jungfrau empfängt, wenn sie den Mann nur sieht.

Wenn etwas leicht und nach Wunsch geht. So gelangt ein ausgezeichnetes Talent auch unter einem weniger fähigen oder sorglosen Lehrer zur Entwickelung.


25. Eine Jungfrau kann nicht fallen.Graf, 469, 605.

Wer irgendein kleines Versehen bei der Eidesleistung machte, fiel vom Eide; nur zu Gunsten der Stotternden, der Frauen und Jungfrauen fand, wenn es sich nicht um ein peinliches Verfahren handelte, eine Ausnahme statt. (S. Eid 6 und Stammler.)

Mhd.: Die Jongkfrau mag nicht erfallen. (Haltaus, 388.)


26. Eine Jungfrau, so heirathet, ehe sie verständig ist, stirbt, ehe sie sparsam wird.Winckler, IV, 87.


27. Eine Jungfrau soll weder nehmen noch geben.

Frz.: Fille pour son honneur garder, ne doit ni prendre ni donner. (Kritzinger, 315.)


28. Eine Jungfrau steht für einen Mann.Pistor., X, 14; Eisenhart, 181; Körte, 3233; Braun, I, 1706.

Unter Jungfrau ist hier ein unverheirathetes, mündig gewordenes Frauenzimmer gemeint, die zur Zeit gemeinrechtlich unter keiner Geschlechtsvormundschaft mehr stehen.


29. Eine Jungfrau von zwanzig Jahren zur Frau und einen Mann von sechzig Jahren zum Freund, dann sind die Dinge wohl gemeint.

Dän.: Udvælg en jomfru paa tyve aar, og en ven tre gange tyve aar. (Prov. dan., 327.)


30. Eine Jungfrau, wie du willst; eine Witwe, wie sie will.Pistor., X, 11; Simrock, 5335; Reinsberg I, 74.

Wer eine Jungfrau heirathet, kann sie sich nach seinem Willen richten; wer sich mit einer Witwe verbindet, muss sich meist in ihren Willen fügen.

31. Eine Jungfraw ohne Kräntzlin ist wie eine Kuh ohne Schelle.Herberger, II, 571.


32. Eine schöne Jungfraw trägt ihr heyrathgut (ihren Brautschatz) im Angesicht.Lehmann, 149, 127 u. 705, 17; Eiselein, 353; Simrock, 5336; Braun, I, 1700; Reinsberg I, 52.

Die Serbier sagen: Das Antlitz bringt das Mädchen an den Mann. Die Venetier: Die Schöngeborene hat die Mitgift mit sich. (Reinsberg I, 52.)

Dän.: En skiøn jomfru bær hiemgiften i ansigtet. (Prov. dan., 327.)


33. Einer Jungfrau beste Mitgift ist Tugend.

Dän.: Jomfruers dyd er jomfruers hiemgift. (Prov. dan., 327.)


34. Einer Jungfrau ohne Tugend fehlt die wahre Schönheit.

Frz.: La dame sans vertu onques ne sera belle. (Kritzinger, 198b.)


35. Einer schönen Jungfrau hebt kein Orkan den Schleier weg, einem alten Weibe verjagt ein schwaches Lüftchen den Turban. (Krim.)


36. Eitle Jungfrauen, faule (schmuzige) Weiber.

Dän.: Blanke møer tit skidne søer. – Uden blank, inden krank. (Prov. dan., 418.)


37. Es bleibt einer wol ein Jungfraw, der mit Geldt vnnd guten Worten nicht versucht worden.Lehmann, 290, 43.


38. Es ist armer jungkfrawen schad (vnglück), dass sie schön sind.Egenolff, 341b; Franck, I, 82b; Petri, II, 254; Gruter, I, 31; Lehmann, 705, 20; Braun, I, 1705; Simrock, 5338; Körte, 3232 u. 4023.

Lat.: Nihil est formosis infelicius. (Sutor, 428.)


[1070] 39. Es ist kein Jungfraw, sie weiss die strass zum Venusberg.Lehmann, 412, 47.


40. Es ist keine Jungfrau so schön, ihre Schönheit wird vergehn.

Frz.: Il n'y a point de si belle fleur, qui ne devienne gratte-cû. (Kritzinger, 319a.)


41. Es sind nicht alle Jungfrauen, wie sie von der Kanzel kommen.

Wie sie der Pfarrer nämlich dort verkündet.

Dän.: Os ere ikke alle møer der have deyligt haar. (Prov. dan., 418.)


42. Es sind nicht alle Jungfrawen, die kräntzlein tragen.Gruter, III, 36; Lehmann, II, 158, 162; Eiselein, 354; Braun, I, 1702.

Die Russen sagen: Des Grafen uneheliche Tochter wird Jungfrau genannt, auch wenn sie sieben Kinder geboren hat. (Altmann VI, 424.)


43. Frommer Jungfrawen Kron, ist still, freundlich keusch vnd schon.Petri, II, 541.


44. Gelehrte Jungfrawen geben vngelehrte haushalterin.Lehmann, 411, 7.


45. Gelehrte Jungfrawen halten Ehr vnnd Nahrung in faulen Henden.Lehmann, 411, 7.


46. Ist die Jungfrau hübsch vnd schön, ist sie von bösem Sinne.Petri, II, 407.


47. Ist wo eine Jungfrau mit dem Antlitz einer Fee, so ist bei ihr ein Dämon mit Weh. (Pers.)


48. Junckfrawen soll man nicht verheyraten, noch in die Klöster stecken, eh sy zu jren jaren seind kommen.Agricola, II, 300.


49. Jungfrau, Auge und Glaube dulden keinen Scherz.


50. Jungfrau und Pfaffe theilen die Gerade. Graf, 536, 23.

Der Geistliche lässt und nimmt Erbe wie jeder andere. Das vorstehende Sprichwort sagt, dass er mit seiner Schwester einen Antheil an die Gerade (s.d.) seiner Mutter und am Erbe habe, falls er sich nicht im Genuss einer ausreichenden Kirchenpfründe befindet. (Graf, 541.)

Mhd.: Ein juncvrowe vnd ain phaphe die teilen die rade. (Gaupp, 224, 22.)


51. Jungfrauen, die sich viel schmücken, wollen berücken.

Dän.: Jo meere en Jomfru smykke bær, jo mindre kydskhed findes der. (Prov. dan., 326.)

Lat.: Culta puella nimis, casta puella minus.


52. Jungfrauen hüten ist vergebliche Arbeit.

Denn es bedarf dessen nicht, oder hilft nicht.


53. Jungfrauen ist nicht zu trauen.


54. Jungfrauen nimmt man nach dem Gesicht, Dukaten nach dem Gewicht.

Böhm.: Panna se po tváři provdává. (Čelakovsky, 386.)


55. Jungfrauen sind kein Lagerobst.

Der Kanzler H. Vogelmann zu Mömpelgard pflegte zu sagen: Jungfrauen soll man beizeiten forthelfen, denn sie gehören zu den res, quae servando servari non possunt. (Einfälle, 489; Zinkgref, I, 228; Eiselein, 354.)

Die Russen: Jungfernschaft ist eine Blume, die leicht welkt. (Altmann VI, 505.)


56. Jungfrauen sind Vögel, die leicht zu fangen sind, wenn nur der rechte Finkler kommt.

Aehnlich russisch Altmann VI, 450.


57. Jungfrauen sind wunderlich; schilt man sie, so fliehen sie; schlägt man sie, so thut's jhn weh; hertzt man sie, so wöllens meh.Gruter, III, 56; Lehmann, II, 286, 76.


58. Jungfrauen soll man nicht auf allen Gassen schauen.

Böhm.: Dobře jest, když každý o pannĕ slyší, ale nekazdý ji vidí. (Čelakovsky, 411.)


59. Jungfrauen über siebzehn Jahr' sind feile Waar'.


60. Jungfrauen Vorwitz will alle Tage haben einen neuen Glitz.


61. Jungfrauen, wenn man meint, sie lieben ein »Kommher«, so ist's kaum ein garstiges »Geheweg«.Gruter, III, 56; Lehmann, II, 286, 77.


62. Jungfraw ist wie ein Kühdreck, muss einen Tag zwölff mann haben.Gruter, III, 56; Lehmann, II, 285, 70.


63. Jungfraw, Pfaw vnd Pferd seynd drey stoltze ding auff Erd'.Gruter, III, 56; Lehmann, II, 285, 72.


[1071] 64. Jungfrawen, die Mannbar, seynd schwer zu verwahren.Lehmann, II, 797, 32.


65. Jungfrawen, die müssig seynd, erdencken viel vbels.Lehmann, II, 796, 30.


66. Jungfrawen, die stehen vnter der thür, kehren das weiss vnder den Augen herfür, scharren mit den Füssen auf der Erden, seinds nicht Huren, so wöllens doch werden. Gruter, III, 56; Lehmann, II, 285, 73.


67. Jungfrawen haben kurtzen muth aber lange Kleider.Ayrer, I, 553.


68. Jungfrawen kommen wol zu gesicht, zu dienen, begehren dich doch nicht.Gruter, III, 56; Lehmann, II, 286, 75.

69. Jungfrawen soll man nicht wie ein Heyligtumb ins Hauss einsperren.Lehmann, 411. 2.


70. Jungfrawen sollen fleissig Acht haben auff jhr Krentzlein vnd Ehr.Petri, II, 411.


71. Jungfrawen sollen lassen jhre Gürtel einen Glimpff haben.Henisch, 1651, 62.


72. Jungfrawen stehets nicht wol an, das sie frech vnd kühn sind.Petri, II, 411.


73. Jungfrawen vnd Gläser schweben allezeit in Gefahr. (S. Frau 327.) – Lehmann, II, 796, 28.

Dän.: Jomfruer og glas staae ofte i fare. (Prov. dan., 327.)


74. Jungfrawen, welche die Augen gern schiessen lassen, geben wolfeil.Petri, II, 411.


75. Laufige Jungfrawen nemmen ein Mann vor ein Seel, das thut der Teuffel nicht.Gruter, III, 62; Lehmann, II, 377, 18.


76. Man hütet sich für gewanderten Jungfrawen vnd vngewanderten jungen Gesellen.Henisch, 1556, 40; Petri, II, 412.


77. Man muss den junckfrawen Männer malen. Agricola II, 292.


78. Manche ist Jungfrau und im Herzen Weib. Eiselein, 353; Simrock, 5325.


79. Manche scheint eine Jungfrau nur, ist sie doch bei Licht eine Hur'.Eiselein, 353.

Lat.: Palumbeo pro columba. (Eiselein, 353.)


80. Mannbare Jungfrauen sind schwer zu bewahren.


81. Mit einer Wittenbergischen Jungfrauwen hat man zu gewarten: ein halben Hopffen Garten, drey alte schock, ein bunter Rock, ein schwartze Kuh, ein fauler Balgk darzu. Jocosus, III, 125.


82. Mit Jungfrauen reden macht Kundschaft, sie küssen Freundschaft, der Rest folgt nach.


83. Müssige Jungfrau gedenkt an etwas Böses.

Dän.: Ørkesløs jomfru faaer mange tanker. (Prov. dan., 326.)

Frz.: Fille oisive, à mal pensive. (Kritzinger, 315.)


84. Nicht jede Jungfrau wird eine Heilandmutter.

Die Russen: Hätte Gott nach einem Schose sich umgesehen, der ihn gebären sollte, er würde deinen gewählt haben. (Altmann VI, 442.)


85. Schöne Jungfrau trägt ihr Heirathsgut unter den Augen.


86. Schöne Jungfrauen und hübsche Weiber sind der Buhler Spiegel.


87. Schöner Jungfrau ohne Geld sind der Buhler viel bestellt.Eiselein, 353; Simrock, 5339.

Lat.: Esse solet raro pulchra pudica caro. (Eiselein, 353.)


88. Soll die Jungfrau sein fein, so muss sie den Kopf haben von Prag und die Füsse vom Rhain, die Brüst' aus Oesterreich im Schrein, aus Frankreich den gewölbten Bauch, aus Baiernland das Büschlein auch, Rücken aus Brabant, Händ' aus Köln, den Arsch aus Schwaben küsst ihr Gesell'n. Schaltjahr, II, 260.


89. Von gewanderten Jungfrauen hält man nicht viel.Pistor., X, 13; Simrock, 5343.


90. Wann ein Jungfraw reiff ist, so hette sie gern ein Mann.Lehmann, II, 829, 55; Simrock, 5326.


91. Wann manch Jungfraw kein Wehrwort hett, weren sie wol alle huren.Gruter, III, 97; Lehmann, II, 863, 43.


[1072] 92. Was nicht von einer Jungfrau geboren und vom heiligen Geist empfangen ist, das schmeckt alles nach Adam und Eva und träumt den Leuten davon.


93. Wem ein fromb jungfraw zur eh wird geben, kein süssigkeit mag gleichen dem leben.

Lat.: Dulcius est melle, iungi cum lege puellae. (Loci comm., 28.)


94. Wenn die Jungfrau sich nicht selbst nimmt in Acht, so ist umsonst alle Hut und Wacht.

Eine Tugend, die bewacht werden muss, ist der Wächter nicht werth.


95. Wenn die Jungfrau versprochen ist, dann finden sich Freier genug.

Böhm.: Zasnoubenou pannu každý by rád mĕl za ženu. (Čelakovsky, 147.)

Poln.: Poślubioną pannę każdy chce mieć za żonę. (Čelakovsky, 147.)


96. Wenn ein Jungfraw Wein trinckt vnd den Gesellen mit Augen winckt, vnd scharrt mit Füssen auff der Erden, so ist sie ein Hur oder wils bald werden.Petri, II, 657.

97. Wenn Jungfrauen und alte Weiber gebären, so gibt ein Rechenstiel Feuer.

Frz.: Vierge enfanter chose impossible par nature. (Leroux, I, 186.)


98. Wenn Jungfrawen viel spatzieren gahn, das ist nicht fein vnd wohlgethan.Petri, II, 274.


99. Wenn Jungfrawen zum Tantz gehen, sollen sie das Klapperbein daheim lassen.Petri, II, 660.


100. Wer darff (mag) eine Jungfrau schwechen, der darff (mag) auch wol ein Kirch' (ein Kastell) erbrechen.Petri, II, 688; Latendorf II, 31; Körte, 3231.


101. Wer ein fromb jungfraw nimbt zur eh, was kurtzweil solt der wünschen meh?

Lat.: Optimus est ludus, qui fit cum uirgine nudua. (Loci comm., 28.)


102. Wer ein iunckfrawen schendet, der stirbt keines guten todes.Agricola I, 664; Egenolff, 254b; Petri, II, 704; Gruter, I, 79; Lehmann, 412, 26; Schottel, 1138b; Pistor., X, 15; Eiselein, 353; Graf, 351, 396; Simrock, 5319.

Die Verführung einer Jungfrau war indess nicht stets unsühnbar; der Mann konnte ihr Genugthuung leisten, wenn er die Geschwächte zur Kirche führte und sie dadurch wieder zu Ehren brachte.


103. Wer eine Jungfrau nicht mehr lieben will, muss sie heirathen.Winckler, IV, 67.

Holl.: Wilt gij eene jufvrouw niet meer beminnen, trouw ze, zei de filozoof. (Harrebomée, I, 368a.)


104. Wer eine Jungfraw will erkennen, der muss (gute, scharfe) Luchsaugen haben.Lehmann, 412, 20.

Die Russen: Der Jungfern Unschuld ist meist so klein, dass man sie nicht sehen kann. (Altmann VI, 476.)

Dän.: Han maae have los-yene, som kand kiende en jomfru. (Prov. dan., 326.)

Lat.: Est magnum crimen perrumpere virginis hymen. – Monacha qui potitur, virga tendente moritur. (Eiselein, 353.)


105. Wer Jungfrawen trawt vnd sein Bett verkaufft, muss auff dem Stro ligen.Gruter, III, 107; Lehmann, II, 873, 195.


106. Wer Jungkfrawen, Frawen vnd Priester schend, dem ist beschert ein böses End. Henisch, 885, 43; Petri, II, 726.


107. Wer Jungfrawen zu fall bringt, nimmer es jhm wol gelingt.

Lat.: Est magnum crimen, corrumpere urginis hymen. (Loci comm., 203.)


108. Wir solten wol Jungfrawen sein, sagte jhenes Nönnlein, wenn wirs weren.Franck. II, 116a; Hoefer, 794.


*109. Der Jungfrau ein Kind heben.

»Ich will gehen und der Jungfrau ein Kind heben«, sagte Luther als Mönch, wenn er eine Messe halten wollte. (Luther's Tischr., 159a.)


*110. Eine Jungfrau schwächen.Eiselein, 561.

Eiselein bemerkt: »Eine Jungfrau schwächen (für stuprare) scheint von der Wahrheit oder dem Aberglauben herzukommen, dass eine Jungfrau, bevor sie ihre Keuschheit verloren hat, viel stärker ist als nachher, wie z.B. Brunhild im Nibelungenliede vor dem Beischlaf, den sie nicht dulden wollte, so stark war, dass sie ihren Gemahl, den König Günther, mit einem Gürtel an Händen und füssen band, so an einen Nagel [1073] hängte und die Brautnacht über dort zappeln liess. Als aber Sivrit mit seiner Tarnkappe in folgender Nacht unsichtbar dem König verholfen hatte, Brunhild zu bezwingen und ihr die Blume zu nehmen, da ward sie so schwach als jedes andere Weib


*111. Eine Jungfrau, so ein Eisen abgeworfen. Eiselein, 353; Wurzbach II, 215.

Die schon ein Kind gehabt. Die Römer scheinen Jungfrauen dieser Art nicht oder nur als Widersprüche gekannt zu haben, denn die Redensart: Virginem parere (Bovill, I, 22,), findet sich nicht selten in Gesellschaft von Mulas parere.


*112. Einer Jungfrau in den Schild reiten. (Logau.) – Weinhold, 82.

Ihr eine Grobheit, eine Ungezogenheit sagen.


*113. Einer Jungfrau Salz und Pfeffer in den Weg werfen.Eiselein, 427.

Ihr durch eine Liebschaft die Lust am Spinnen (an der Arbeit) verderben.


*114. Er ist in die elftausend Jungfrauen verliebt.

So viel als in jedes Mädchen. Man hat auf verschiedene Weise die elftausend Jungfrauen, die im katholischen Kirchenkalender mit der heiligen Ursula auf den 21. October fallen, zu erklären versucht. Die Legende erzählt, dass unter der Regierung des Kaisers Gratian Flavius Clemens Maximus, der Befehlshaber der römischen Legionen in Grossbritannien, von den aufrührerischen Soldaten zum Kaiser ausgerufen. Er bemächtigte sich der Herrschaft, legte in Gallien Militärcolonien an, denen es aber an Frauen fehlte, die geschafft werden sollten. Regulus, der Befehlshaber der Colonien, schickte nach Grossbritannien und liess um so viel Jungfrauen bitten, als für seine Mannschaften erforderlich wären. Die Britannier schafften deren soviel als möglich herbei, die vornehmste war Ursula, eine Königstochter. Die Einschiffung ging aber gewaltsam vor sich. Die Schiffe kamen jedoch nicht an die französische, sie wurden an die germanische Küste verschlagen, an der eben Hunnenhorden hausten, denen die Jungfrauen eine willkommene Beute waren. Diese waren aber alle elftausend ohne Ausnahme so tugendhaft, dass sie sich, von Ursula aufgemuntert, lieber ermorden liessen, als ihre Jungfräulichkeit opferten, obgleich nicht wahrscheinlich ist, dass bei der Auswahl in Britannien für den vorliegenden Zweck gerade darauf wird Rücksicht genommen worden sein. Nach der Legende, wie sie Gottfried von Monmouth um die Mitte des 12. Jahrhunderts aufgezeichnet hat, sind sie alle grausam ermordet worden. Die Legende ist später noch vielfach ausgeschmückt worden. Man ist nicht einmal über die Zeit des Opfertodes einig. Nach dieser Erzählung fällt derselbe in das Jahr 383, nach andern Darstellungen in die Jahre 235-238, wieder andere nehmen wegen der Hunnen 451 an. – Nach einer kölnischen Sage soll da, wo die Ursulakirche steht, die heilige Ursula mit den elftausend Jungfrauen den Märtyrertod erlitten haben; wenigstens befindet sich dort nicht blos der angebliche Körper der heiligen Ursula und vieler anderer Heiligen, an denen Köln so reich ist, im vergoldeten Metallschrein, sondern auch 1660 Schädel in vergoldeten Glasschränken; auch das Innere der 80 Fuss langen, 10 Fuss hohen und 2 Fuss dicken Chorwand, ohne der Reliquien in 19 Grabgewölben zu gedenken, ist mit lauter Gebeinen angefüllt, unter denen allerdings ein kölnischer Arzt mehrere Stücke von einem grossen Hunde gefunden haben will, für welche Entdeckung er aber zu einer grossen Geldbusse und zur Landesverweisung verurtheilt worden ist. (Vgl. Gesellschafter, Magdeburg 1784, II, 105.) Pater Sirmond, ein gelehrter Jesuit (gestorben 1651), erklärt die Sage so. In einem Märtyrerbuche habe sich die Stelle gefunden: »SS. Ursula et Undecimilla V.M. (i.e. virgines martyres), was so viel sagen will, als die heilige Ursula und die heilige Undecimilla, Jungfrauen, Märtyrerinen.« Diese Stelle wäre aber, indem man das Undecimilla (den weiblichen Namen) zu einer Zahl, undecim millia, machte und die Buchstaben V.M. für virgines martyres las, in heilige Ursula und elftausend Jungfrauen verwandelt worden. J. Chr. Wagenseil (gestorben 1705) erzählt, es wäre anfänglich in den Martyrologiis geschrieben gewesen: »Sancta Ursula cum XI M. Virg.«, was soviel bedeute, als die heilige Ursula mit elf Märtyrer Jungfrauen, woraus aber, indem das M für die Abkürzung von Millia gehalten wurde, die Lesart Sancta Ursula cum undecim Mill. Virg., d.i. die heilige Ursula mit elftausend Jungfrauen entstand. Ueber die wenig bekannte heilige Undecimilla hat der göttinger Prof. Heumann eine Abhandlung herausgegeben. (Vgl. Dissertatio exhibens historiae litterariae fragmenta aliquot, Göttingen 1738, Nr. 12.) In neuerer Zeit hat Oskar Schade die Sage behandelt in: Die Sage von der heil. Ursula und den elftausend Jungfrauen; ein Beitrag zur Sagenforschung (Hannover 1852). Schade vermuthet hinter der heiligen Ursula eine Göttin des ältern deutschen Heidenthums. Ja, aus dem Umstande, dass Ursula in einem Schiffe fuhr und dass viel spätere Kirchenbilder ihr einen weiten Mantel gaben, unter dem sich ihre Jungfrauen bergen, erblickte er in der Heiligen eigentlich die ägyptische Isis oder die römisch aufgefasste Nehalennia. Weil die Weber am Niederrhein noch im Mittelalter [1074] ein Schiff herumgeführt und ihr Hauptwerkzeug das Weberschiff ist, will Schade die heilige Ursula auch mit Spinnen und Weben beschäftigt wissen, wie die Berchta und Holle des heidnisch-deutschen Volksglaubens. (Vgl. Wurzbach III, S. 94 fg.)


*115. Ich werde dich müssen mit Jungfrawen bitten.Herberger, II, 569.

»Pfleget man zu sagen von etlichen verwehnten Köpffen, die man nicht leichtlich kan bereden.«


*116. Sie, Jungfrau, wenn's kein Spitznam'ist. (Rott-Thal.)

Ironische Anrede.


*117. Von einer jungfraw seiden kauffen. Franck, II, 18a.

Warum Franck diese Redensart für die lateinische: Quem lupo commisisti und Mustelae sevum anwendet und mit: »dem wolff die schaf bevelhen; der katzen ist der kass beuolhen« zusammenstellt, ist mir nicht ganz verständlich, um so mehr, als er zur Erklärung beifügt, man wende sie an, »wann man etwas nit trifft vnnd vbel bewart.« – Die Franzosen verstehen unter einer »Jungfer von Marolles« ein Mädchen, welches bereits »über die Brücke von Gournay« oder richtiger über die »Brücke Grenet« (in Abbeville) gegangen ist, wo ein Spital zur Aufnahme von übel berüchtigten Frauen stand. (Reinsberg V, 156.)


[Zusätze und Ergänzungen]

118. Bei schönen Jungfrauen und bei vollen Gläsern ist's gefährlich sitzen.


119. Besser eine Jungfrau lieben als ein Fass Wein.Wirth, I, 475.


120. Eine Jungfrau darf nicht drei V haben; sie darf nicht sein vernaschet, verschwenderisch und – veraltet.Wirth, I, 274.


121. Eine Jungfrau im Bethause, eine Witwe in ihres Nachbarn Hause und eine unzeitige Geburt in dieser Welt hat der Teufel zusammengestellt.Krünitz, Encyklopädie, 782.


122. Eine Jungfrau, welche die Katzen gut füttert, bekommt einen frommen Mann.

Die Katze war das Lieblingsthier der Göttin Hulda.


123. Ein Jungfraw von achtzehn Jahren mit blauem Aug und gelben Haaren verdreibt manchem gross Herzeleid, wenn mans braucht zu rechter Zeit.Keil, 45.


124. Es ist besser bei Jungfrauen wachen als schlafen.Wirth, I, 257.


[1474] 125. Es ist manche eine Jungfrau vor Augen, sonst aber wie ein Eheweib.

Dän.: Mange ere piger imad sin villie, og quinder i hjertet. (Prov. dan., 454.)


126. Jungfrauen soll man nach Tugenden und nicht nach Gut heirathen.Wirth, I, 262.


127. Jungfrauen soll man nicht als Heiligthum einschliessen, sonst thun sie Wunderzeichen, die man nicht gern verkündet. Wirth, I, 256.


128. Jungfrauen sollen einsam sein und sich nicht machen zu gemein.

Lat.: In turbam prorepere virginibus inhonestum. (Binder II, 1478; Weber, I, 93.)

129. Jungfrauen sollen nicht gar sein wie das Bild von Riebelheim, welches die Mücken also beschissen, dass es die Bauern nicht mehr anbeten wollten.Fac. fac., 260.


130. Manchen junkfrawen, so krank werden, sol man ein pflaster, sieben schuh lang überbinden.Friesen, XXXIVb.

D.h. sie müssen heirathen, so werden sie gesund.


131. Mit Jungfrauen und Kuchen handeln, ist gefährlich, denn die altbackenen kauft niemand.Harssdörffer, 1548.


132. Schöne Jungfrawen sind zu loben sehr, Kunst und Geschicklichkeit noch viel mehr.Keil, 63.


133. Schöne Jungfrawen vnd kühler Wein, darbey lustig vnd frölich sein, wenn das wer ein Cartheuser-Orden, ich wer schon längst ein solcher Mönch geworden.Keil, 44.


134. Wer eine Jungfrau will zur Eh', der seh', wie ihm gescheh'.


135. Wer Jungfrauen sehen will, der gehe nach Köln.

Poln.: Kto dziewice chce widzieć, niech do kolna idzie. (Weryha-Darowski, 146.)


*136. Es ist eine von den sieben Jungfrauen auf der grossen Wiese bei Glauchau, welche die Frösche über den Graben heben.

In Glauchau und Umgegend sprichwörtlich von einer alten Jungfer. Es geht die Sage, dass auf der grossen Wiese in der Niederung an der Mulde zwischen Glauchau und Nieder-Schindmaas vor Zeiten ein Schloss gestanden haben soll, dessen Besitzer eine Anzahl unvermählter Töchter hatte.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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