Bauernkrieg

[414] Bauernkrieg, 1) der Krieg. welchen 1513 die von Bakacz (s.d.) zu einem Kreuzzuge gegen die Türken zusammengerufenen u. von Georg Dosa, gen. Szákely, angeführten Haufen von Bauern u. Gesindel, mit verändertem Plan, gegen den Adel in Ungarn führten; er wurde 1514 von Joh. Zapolya unterdrückt, s. Ungarn (Gesch.); vgl. Eötvös Roman, Der B. in Ungarn, Pesth 1850, 3 Bde. 2) Die Empörung der Bauern im Jahre 1524 in fast ganz Deutschland gegen den Adel u. die geistlichen Fürsten. Der sieghafte Ausgang des Aufstandes der Schweiz, die den dortigen niederen Ständen 1499 durch den Frieden von Basel eigens verbürgte Freiheit, mehrfacher Aufruhr von Capistranus u.a. angestiftet, der Bundschuh in Schwaben u. verschiedene Beschwerden, die in den verschiedenen Reichsstädten gegen den Adel durchgesetzt wurden, bereiteten den Bauernaufruhr vor. Den Ausschlag gab aber ein Mißverstehen der Sätze der Reformation, indem die Bauern die Lehre der christlichen Freiheit für Befreiung von staatlichen Verhältnissen u. Lasten nahmen; man wollte keine Abgaben, Frohnen etc. mehr leisten u. sich nicht mehr unter das Joch der Leibeigenschaft beugen, klagte über allzuharten Druck der Edelleute, über Einseitigkeit der neu eingeführten Gerichts- u. Criminalordnungen, über die dem Bauernstande allein aufgelegten Lasten im Kriege etc.; fanatische Betrüger mißbrauchte[414] diese Mißstimmung u. reizten die Bauern zu offenem Kriege. Luther selbst aber strafte, als der Aufruhr ausbrach u. die gesellschaftliche Ordnung umzustürzen drohte, denselben nicht nur mit ernsten Worten, sondern erklärte selbst den für mitschuldig, der nur Milde u. Gnade gegen die Aufrührer übte. Der erste Ausbruch des B-s erfolgte in Schwaben, bes. im Schwarzwald u. in dem Württembergischen, wo die Bauern von dem Adel hart bedrängt waren u. wo der vertriebene Herzog Ulrich von Württemberg sie insgeheim unterstützte. Man ermordete hier die Edelleute, deren man habhaft werden konnte (so wurde der gefangene Graf von Helfenstein bei Weinsberg mit vielen Rittern durch die Spieße gejagt, weil sie rebellische Bauern hatten hinrichten lassen) u. verbrannte Klöster u. Burgen. Gleiches geschah mit mehr als 200 Klöstern u. Schlössern in Franken, u. von da lief der Aufruhr die Donau hinab bis nach Baiern, Österreich, Ungarn, Kroatien u. an die Karpathen, ferner den Rhein hinab durch Elsaß, Lothringen, Hessen, Trier, die Pfalz u. über das Gebirge nach Sachsen, Thüringen etc., u. im Frühjahr 1525 war fast ganz Deutschland in Bewegung, u. selbst bis Böhmen, wo noch die Hussitischen Unruhen in gutem Gedächtniß waren, u. Samland waren die Unruhen gedrungen. Ein bestimmter Plan lag dem Aufstand nicht zu Grunde; die Empörer hatten noch kein gemeinsames Oberhaupt; einem auf einer Stange vorgetragenen Pflugrade als Feldzeichen folgend, durchzogen sie plündernd, mordend u. brennend die Länder u. verlangten Durchführung der aus Oberschwaben gekommenen 12 Artikel, deren Bestimmungen lauteten: 1) die Gemeinden wählen den Pfarrer selbst; 2) die Pfarrer erhalten zwar den Zehnten, der Überschuß aber soll zur Erhaltung der Armen verwendet u. 3) die Leibeigenschaft abgeschafft werden; 4) Jagd, Vogelsang u. Fischerei frei sein; 5) die Holznutzung den Gemeinden zukommen; 6–8) Frohnen u. Dienste gemessen, die Lehen geordnet, die Gülten gemindert; 9) Strafen gesetzlich bestimmt; 10) die Gemeindeäcker restituirt; 11) der Todfall abgeschafft werden. Der 12. Artikel enthielt die Bereitwilligkeit, von derjenigen Forderung abzustehen, welche nachweislich nicht im Worte Gottes begründet wäre. Nach kurzem Temporisiren u. Hinhalten fühlten sich die Fürsten, welchen dieser Aufstand unerwartet kam u. welchen es an Streitkräften u. Hülfsmitteln gegen denselben gefehlt hatte, stark genug, um loszuschlagen; schon am 4. April 1525 wurden 6000 Bauern bei Leichheim vom Truchseß von Waldburg, am 14. April 7000 bei Wurzach, am 2. Mai 25,000 bei Böblingen, am 2. Juni bei Königshofen, am 4. Juni 8000 bei Giebelstadt, am 2. Aug. 8000 bei Engelstadt einzeln von den Truppen des Schwäbischen Bundes auseinander gesprengt, dennoch schlossen sich aber die Flüchtigen immer an neue Haufen an. Den wesentlichsten Einfluß hatte aber auf Stillung der Unruhen die Schlacht bei Frankenhaufen (15. Mai 1525), wo Sachsen, Braunschweiger u. Hessen unter den sächsischen Fürsten u. dem Landgrafen Philipp von Hessen fast ohne Widerstand einen Haufen von 8000 Mann unter Th. Münzer zerstreuten, 5000 Mann wurden auf der Flucht getödtet, 300 Mann gefangen u. später hingerichtet. Dies u. daß der Herzog von Lothringen eine Rotte zu Lupstein, eine andere am 20. Mai zu Scherweitern. der Kurfürst Ludwig von der Pfalz eine 3. von 17,000 Mann bei Zabern schlugen, endeten fast den ganzen B. Viel trug dazu bei, daß die Städte, besonders die evangelischen, u. einige Edelleute, wie Götz von Berlichingen, die bisher dem B. Vorschub geleistet hatten, sich bei dem üblen Ausgang der Unruhen gänzlich von ihnen lossagten. Nur in Westfalen dauerten die Unruhen noch eine Zeitlang fort. Nach dem Niederwerfen des Aufruhrs wurden nicht allein die Rädelsführer u. viele Complicen am Leben gestraft, sondern die Sieger nahmen auch an den Städten, welche sich den Bauern ergeben hatten, wie Weinsberg, Rothenburg, Würzburg, schwere Rache, indem sie viele Bürger hinrichten ließen. Traurig waren die Folgen von diesem B. Deutschland hatte über 150,000 seiner Einwohner verloren; die schönsten Provinzen waren verheert u. zugleich wurde die Gewalt der Gutsherren, deren Joch man hatte abwerfen wollen, noch mehr befestigt. Vgl. Gnodalius, Sedit io vulgi, Basel 1580; Materialien zur Geschichte des B-s, Chemn. 1791, 4 Bde.; Sartorius, Versuch einer Geschichte des deutschen B-s, Berl. 1795; Öchsle, Beitrag zur Geschichte des deutschen B-s, Heilbr. 1829; Burckhardt, Geschichte des deutschen B-s, Lpz. 1832, 2 Bde.; Wachsmuth, Der deutsche B., Lpz. 1834; Bensen, Geschichte des B-s in OFranken, Erlangen 1840; Zimmermann, Allgemeine Geschichte des B-s, Stuttg. 1841 f., 2. A. 1856 f., 3 Bde. 3) Bauernaufruhr im Jahre 1626 in Österreich ob der Enns, als der Graf von Herbersdorsseine protestantischen Unterthanen zum Katholicismus zwingen wollte. Die Bauern legten schwarze Kleider mit weißen Kreuzen auf der Brust an, ergriffen die Waffen u. schlossen den Grafen in Linz ein; doch zerstreute sie der General Pappenheim, u. 1627 war die Ruhe wieder hergestellt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 414-415.
Lizenz:
Faksimiles:
414 | 415
Kategorien: