Tempelherren

Tempelherren

[384] Tempelherren, Tempelbrüder, Templer heißen die Glieder eines berühmten Ritterordens, dessen schnelles Wachsthum und glänzendes Auftreten in der Geschichte seiner Zeit ebenso sehr die Bewunderung erregt, als das harte Schicksal seiner gewaltsamen Unterdrückung Mitleid einflößt.

Die Stiftung desselben war das Werk neun franz. Ritter, die zum Schutze der Pilger auf den Straßen von Palästina dem Patriarchen von Jerusalem 1119 das Mönchsgelübde der Armuth, Keuschheit und des Gehorsams schwuren, und nach ihrem Sitze im königl. Palaste an der Seite des einstmaligen jüd. Tempels den Namen Templer erhielten. Das Zeit- und Zweckmäßige der neuen Stiftung konnte dennoch lange Zeit dem Gedeihen derselben wenig Vorschub leisten, und die Armuth der Gründer war anfangs so groß, daß man später zur Erinnerung an dieselbe zwei Ritter auf einem Pferde im Ordenssiegel führte. Erst nachdem Hugo de Pajens, der Großmeister des Ordens, von Honorius II. 1127 die päpstliche Bestätigung desselben erlangt hatte und der h. Bernhard von Clairvaux in der Mitte dieses Jahrh. sich zu seinem beredten Lobredner im Abendlande aufwarf, begann derselbe größere Macht und allgemeineres Ansehen zu gewinnen. Der Zweck des Ordens wurde: dem Christenthume [384] im Kampfe mit den Sarazenen den Sieg zu erringen, und hierzu sollte ihm die Regel eine durch die Religion geheiligte Bestimmung geben. Alle Brüder waren zum täglichen Gottesdienste und zum Genusse des h. Abendmahls verpflichtet. Hundert Gebete mußten Den lösen, der daran Theil zu nehmen verhindert war. Das Zusammenspeisen an einer Tafel sollte den Geist der Eintracht, und die Mäßigkeit, womit dies geschah, die guten Sitten unter denselben aufrecht erhalten. Überall wurde der strengste Gehorsam und die unbedingte Unterwürfigkeit unter den Willen des Vorgesetzten gefodert. Schwere Vergehungen wurden mit Gefängnißstrafe in Ketten, mit der Abnahme des Ordenskleides auf eine gewisse Zeit oder auch mit Ausstoßung aus dem Orden belegt; dies galt als die schwerste Strafe, doch konnte in seltenen Fällen auch die Todesstrafe vollzogen werden. Der Orden selbst umfaßte drei Stände: Ritter, Priester und dienende Brüder, sowol Knappen als Handwerker, nach einer aristokratischen Verfassung unter einem Großmeister, dem Oberhaupte des ganzen Ordens, Comthuren oder Großprioren, den Vorgesetzten von Provinzen, Prioren, den Vorgesetzten von Tempelhöfen. Sämmtliche Ordensvorgesetzte wurden aus den Capiteln der Ritter erwählt, welche von ebenbürtigem Adel sein mußten und die eigentlichen Herren des Ordens und seiner Besitzungen waren. Als allgemeines Ordenszeichen galt ein Gürtel von leinenen Fäden, das Symbol der Keuschheit; die Geistlichen trugen eine weiße Kleidung, die dienenden Brüder aber graue oder schwarze Kleider und die Ritter, außer ihrer gewöhnlichen Kriegskleidung, noch weiße leinene Mäntel mit einem achteckigen, blutrothen Kreuze, weil sie ihr Blut im Dienste der Religion vergießen sollten. Der Orden, dessen Ritter das stehende Heer der Kirche im Morgenlande bildeten, wurde nicht nur von den Päpsten durch die ausgezeichnetsten Privilegien begünstigt. sondern er gewann auch als allgemeine Adelsverbindung in allen christlichen Ländern große Reichthümer und Besitzungen. Die Päpste hatten ihn von aller geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit befreit und ihn unter ihre unmittelbare Aufsicht gestellt, dabei genoß er aller Vorrechte der Geistlichkeit und die angestammten oder durch Vermächtnisse und Eroberungen erworbenen Güter gaben ihm bei der eigenen kriegerischen Macht vor andern geistlichen Verbindungen den Vortheil einer bessern Benutzung und eines sichern Besitzthums derselben voraus. Im J. 1244 zählte der Orden 9000 wohlfundirte Comthureien und Tempelhöfe im Abendlande und 7500 Kapellen. Die Anzahl der Mitglieder der ersten Classe im Orden belief sich auf 23,000, die wenigstens wieder über 30–46,000 streitbare Knappen befehlen konnten.

Nach der Eroberung von Ptolemais durch den Sultan von Ägypten 1291 sahen sich die Tempelherren genöthigt, ihren bisherigen Sitz, Jerusalem, gänzlich zu räumen, sie wählten nun die Insel Cypern zum Wohnsitze, wo sie im kleinen Kriege zur See der Übermacht der Sarazenen noch eine Zeit lang Widerstand leisteten; dann zogen sie sich allmälig auf ihre Güter im Abendlande zurück und machten hier Paris zu ihrem Hauptsitze. Aber nicht lange konnte sich im Schoose der Staaten der Orden der Ruhe erfreuen. Eine Macht, die durch die Beeinträchtigung der Privilegien der Geistlichen gewachsen war und die sich ebenso auf den Besitz großer dem Staate abgenommener Ländereien gründete, dann überdies der fast abgeschlossene Ordensgeist eines kriegerischen Adels, der leicht selbst gefährlich werden konnte – eine solche Macht mußte in ihrem ruhigen Fortbestehen ebensowol den Bischöfen als den Königen feindselig erscheinen und früher oder später den heftigsten Widerstand derselben erregen. Philipp der Schöne, König von Frankreich, wurde ebensowol aus Rache, weil die Templer den Papst Bonifacius VII. nachdrücklich gegen ihn unterstützt hatten, als aus Habsucht der Feind des Ordens, und die Unterdrückung desselben gelang ihm um so eher, je mehr der Papst Clemens V. in seiner abhängigen Stellung sich verpflichtet fühlte, den Orden ihm aufzuopfern. Die Untersuchung gegen denselben begann mit der geheim vorbereiteten Verhaftung aller Templer in Frankreich und mit der Einziehung ihrer Güter 1307. Dieses gewaltsame Verfahren sollte durch den Greuel der Ketzereien gerechtfertigt werden, deren man den Orden beschuldigte und die auf die drei Punkte: Verleugnung Christi, Verehrung des Götzenbildes Baffomet und unnatürliche Wollust gestellt waren. Ist es nun auch geschichtlich, daß von dem Orden mehrmals die Sache des Christenthums den eignen Vortheilen desselben nachgesetzt wurde, ist es auch wahrscheinlich, daß einzelne Ritter unnatürlicher Laster schuldig waren, daß ein der Kirche feindseliger Geist den Orden erfüllte und daß einzelne Comthureien morgenländisches Zauberwesen aufgenommen hatten, so ist doch nichts rechtkräftig gegen den Orden erwiesen worden. Das ungerechte Verfahren wird dadurch erhöht, daß ausgestoßene Templer die Ankläger des Ordens waren und die misgünstigen Dominikaner als Richter gegen denselben die Untersuchung führten. Noch vor dem Schlusse der Untersuchung ließ Philipp 54 Ritter verbrennen, weil die Folter ihnen kein Geständniß abgepreßt hatte. Clemens erklärte darauf in einer Bulle vom 2. März 1312 die Aufhebung des Ordens, und zwar, daß dieselbe mehr aus Fürsorge als durch einen Grund Rechtens erfolgt sei (per provisionis potius quam condemnationis viam). Die Ordensgüter sollten den Johannitern und andern Rittern zufallen, doch wurden sie in Frankreich zum großen Theil die Beute des Königs. Der Großmeister, Jacob von Molay aus Burgund, und andere Großwürdenträger sollten nach des Papstes Vorschlag in ewiger Hast gehalten werden, doch zuvor noch ein öffentliches Bekenntniß ihrer Schuld in Gegenwart der Cardinäle und des versammelten Volks ablegen. Aber sie nahmen öffentlich Geständnisse, die man als die ihrigen bekannt gemacht hatte, zurück und betheuerten feierlich ihre Unschuld, worauf sie noch am Abend desselben Tags auf einer Seineinsel lebendig verbrannt wurden (18. März 1314), nachdem sie vorher, wie die Sage erzählt, ihre Unterdrücker, Philipp und Clemens, binnen Jahresfrist vor Gottes Gericht geladen hatten, deren rasch nachfolgender Tod die Ladung erfüllte und Molay und seine Schicksalsgefährten in den Augen des Volks als Märtyrer erscheinen ließ. Das Loos des Ordens in andern Ländern war je nach der Gunst oder Gerechtigkeit der Bischöfe und Fürsten oder nach dem muthigen Zusammenhalten der Ritter verschieden. Außerhalb Frankreichs erhielten sie meist Leben und Freiheit, empfingen lebenslänglichen Unterhalt, oder wurden andern Orden einverleibt.

Ein neuer Orden der Templer, angeblich in unmittelbarer [385] Reihenfolge geheimer Großmeister seit Molay's Tode und seit Anfang des 18. Jahrh. als geheime Loge in Paris bemerkt, trat 1831 öffentlich als die ursprüngliche christliche Kirche auf. Die Lehre von einer Uroffenbarung, welche die Grenzen der natürlichen Vernunft nicht überschreitet, und ein nach dieser Lehre eingerichtetes Johannesevangelium, in welchem die Stellen von dem Wunderbaren im Leben Jesu ausgeschieden sind, ferner die Behauptung, daß die verborgene Lehre von dem Evangelisten Johannes, dem Oberhaupte der Kirche, nachmals auf die Großmeister des Tempels übergegangen und durch diese fortgepflanzt worden sei: das sind die Eigenthümlichkeiten dieses Ordens, der für das Christenthum und die Kirche keine weitere Bedeutung gewonnen hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 384-386.
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